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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Bacon: Die Verdichtung u. Verdünnung i. d. Cogitationes. Vacuum.
keiten bewirkt werden: 1. auf die oben erwähnte Weise, daß
das Vacuum nach dem Grade der Zusammenziehung ausge-
schlossen wird; 2. dadurch, daß irgend ein andrer, vorher
beigemischter Körper herausgedrückt wird; 3. durch eine ge-
wisse natürliche Verdichtung und Verdünnung der Körper.
Die zweite Erklärungsweise, die Ausdrückung eines beige-
mischten Körpers, kann aber keinen Erfolg haben; denn wenn
ein derartiger Vorgang auch bei den Schwämmen und ähn-
lichen porösen Körpern nicht zu leugnen ist, so widerspricht
derselben doch die durch zahlreiche Versuche erhärtete That-
sache, daß die Luft in hohem Grade komprimierbar ist. Sollte
man aber glauben, daß sich aus der Luft ein feinerer Stoft
auspressen lasse, und aus diesem wieder ein solcher, und so
fort bis ins Unendliche? Gerade die Thatsache, daß die Kör-
per um so mehr sich zusammendrücken lassen, je verdünnter sie
sind, widerlegt die besprochene Meinung, da vielmehr das Gegen-
teil eintreten müßte, wenn die Zusammenziehung durch das
Austreten eines feineren Stoffes geschähe. Jene dritte Er-
klärung ferner, daß die Körper ohne weitere Änderung sich
von selbst ausdehnen und zusammenziehen, ist der weiteren
Erörterung nicht wert; sie steht auf einer Stufe mit den Sätzen
des Aristoteles, indem sie sich auf einen ganz leeren und in-
haltslosen Grund stützt und nur scheinbar etwas Positives sagt.
Daher bleibt nur jene erste Annahme übrig, welche den leeren
Raum voraussetzt. (Vgl. dagegen S. 430 Anm. 2).

Jedoch ist die Ansicht des Mechanikers Hero in einer
Beziehung der des berühmten Philosophen Demokrit nachzustellen,
insofern nämlich Hero, weil er den angehäuften leeren Raum nir-
gends auf der Erde fand, denselben schlechtweg leugnen zu dürfen
glaubte, während sich ein solcher sehr wohl in den Regionen des
Äthers, wo die Ausdehnungen der Körper viel bedeutender sind,
finden könnte. Davor aber mag ein für allemal bei diesen und ähn-
lichen Untersuchungen gewarnt werden, daß man sich durch
eine so große Subtilität der Natur in Verwirrung setzen lasse.
Die Einheiten wie die Summen unterliegen derselben Rechnung;
tausend Jahre und tausend Augenblicke machen für das Den-
ken keinen Unterschied. Auch möge keiner glauben, daß dies
unnütze Spekulationen seien; vielmehr hat sich gezeigt, daß
fast alle Philosophen sowie die Experimentatoren auf derartige

Bacon: Die Verdichtung u. Verdünnung i. d. Cogitationes. Vacuum.
keiten bewirkt werden: 1. auf die oben erwähnte Weise, daß
das Vacuum nach dem Grade der Zusammenziehung ausge-
schlossen wird; 2. dadurch, daß irgend ein andrer, vorher
beigemischter Körper herausgedrückt wird; 3. durch eine ge-
wisse natürliche Verdichtung und Verdünnung der Körper.
Die zweite Erklärungsweise, die Ausdrückung eines beige-
mischten Körpers, kann aber keinen Erfolg haben; denn wenn
ein derartiger Vorgang auch bei den Schwämmen und ähn-
lichen porösen Körpern nicht zu leugnen ist, so widerspricht
derselben doch die durch zahlreiche Versuche erhärtete That-
sache, daß die Luft in hohem Grade komprimierbar ist. Sollte
man aber glauben, daß sich aus der Luft ein feinerer Stoft
auspressen lasse, und aus diesem wieder ein solcher, und so
fort bis ins Unendliche? Gerade die Thatsache, daß die Kör-
per um so mehr sich zusammendrücken lassen, je verdünnter sie
sind, widerlegt die besprochene Meinung, da vielmehr das Gegen-
teil eintreten müßte, wenn die Zusammenziehung durch das
Austreten eines feineren Stoffes geschähe. Jene dritte Er-
klärung ferner, daß die Körper ohne weitere Änderung sich
von selbst ausdehnen und zusammenziehen, ist der weiteren
Erörterung nicht wert; sie steht auf einer Stufe mit den Sätzen
des Aristoteles, indem sie sich auf einen ganz leeren und in-
haltslosen Grund stützt und nur scheinbar etwas Positives sagt.
Daher bleibt nur jene erste Annahme übrig, welche den leeren
Raum voraussetzt. (Vgl. dagegen S. 430 Anm. 2).

Jedoch ist die Ansicht des Mechanikers Hero in einer
Beziehung der des berühmten Philosophen Demokrit nachzustellen,
insofern nämlich Hero, weil er den angehäuften leeren Raum nir-
gends auf der Erde fand, denselben schlechtweg leugnen zu dürfen
glaubte, während sich ein solcher sehr wohl in den Regionen des
Äthers, wo die Ausdehnungen der Körper viel bedeutender sind,
finden könnte. Davor aber mag ein für allemal bei diesen und ähn-
lichen Untersuchungen gewarnt werden, daß man sich durch
eine so große Subtilität der Natur in Verwirrung setzen lasse.
Die Einheiten wie die Summen unterliegen derselben Rechnung;
tausend Jahre und tausend Augenblicke machen für das Den-
ken keinen Unterschied. Auch möge keiner glauben, daß dies
unnütze Spekulationen seien; vielmehr hat sich gezeigt, daß
fast alle Philosophen sowie die Experimentatoren auf derartige

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[426/0444] Bacon: Die Verdichtung u. Verdünnung i. d. Cogitationes. Vacuum. keiten bewirkt werden: 1. auf die oben erwähnte Weise, daß das Vacuum nach dem Grade der Zusammenziehung ausge- schlossen wird; 2. dadurch, daß irgend ein andrer, vorher beigemischter Körper herausgedrückt wird; 3. durch eine ge- wisse natürliche Verdichtung und Verdünnung der Körper. Die zweite Erklärungsweise, die Ausdrückung eines beige- mischten Körpers, kann aber keinen Erfolg haben; denn wenn ein derartiger Vorgang auch bei den Schwämmen und ähn- lichen porösen Körpern nicht zu leugnen ist, so widerspricht derselben doch die durch zahlreiche Versuche erhärtete That- sache, daß die Luft in hohem Grade komprimierbar ist. Sollte man aber glauben, daß sich aus der Luft ein feinerer Stoft auspressen lasse, und aus diesem wieder ein solcher, und so fort bis ins Unendliche? Gerade die Thatsache, daß die Kör- per um so mehr sich zusammendrücken lassen, je verdünnter sie sind, widerlegt die besprochene Meinung, da vielmehr das Gegen- teil eintreten müßte, wenn die Zusammenziehung durch das Austreten eines feineren Stoffes geschähe. Jene dritte Er- klärung ferner, daß die Körper ohne weitere Änderung sich von selbst ausdehnen und zusammenziehen, ist der weiteren Erörterung nicht wert; sie steht auf einer Stufe mit den Sätzen des Aristoteles, indem sie sich auf einen ganz leeren und in- haltslosen Grund stützt und nur scheinbar etwas Positives sagt. Daher bleibt nur jene erste Annahme übrig, welche den leeren Raum voraussetzt. (Vgl. dagegen S. 430 Anm. 2). Jedoch ist die Ansicht des Mechanikers Hero in einer Beziehung der des berühmten Philosophen Demokrit nachzustellen, insofern nämlich Hero, weil er den angehäuften leeren Raum nir- gends auf der Erde fand, denselben schlechtweg leugnen zu dürfen glaubte, während sich ein solcher sehr wohl in den Regionen des Äthers, wo die Ausdehnungen der Körper viel bedeutender sind, finden könnte. Davor aber mag ein für allemal bei diesen und ähn- lichen Untersuchungen gewarnt werden, daß man sich durch eine so große Subtilität der Natur in Verwirrung setzen lasse. Die Einheiten wie die Summen unterliegen derselben Rechnung; tausend Jahre und tausend Augenblicke machen für das Den- ken keinen Unterschied. Auch möge keiner glauben, daß dies unnütze Spekulationen seien; vielmehr hat sich gezeigt, daß fast alle Philosophen sowie die Experimentatoren auf derartige

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/444>, abgerufen am 25.11.2024.