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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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G. Bruno: Unendlichkeit der Welten.
wohner bilden eine unendliche Abstufung von Lebewesen
nach jedem Grade der Vollkommenheit. Es ist nicht daran
zu denken, daß der Mensch die höchste Stufe dieser Wesen
repräsentiere, aber er ist darum nicht ein ohnmächtiges und
verschwindendes Glied im All, sondern ein lebendiger Teil des
lebendigen Ganzen. Auch die Sonne ist nur ein Stern unter
Sternen und mit diesen bewegt; im unendlichen Universum
gibt es keinen Mittelpunkt und keine Ruhe. Gegenüber der
unendlichen Zahl der Welten und den großen Entfernungen,
durch welche sie getrennt sind, ist unsre Erde nur ein Atom,
aber sie ist selbst nicht schlechter als die andern Himmels-
körper. Zwischen Erde und Himmel besteht kein absoluter
Unterschied; wie für uns die Planeten Sterne sind, so ist unsre
Erde ein Stern für die Bewohner andrer Planeten -- jedes
Gestirn hat seinen eigenen Himmel. In allen Welten, auf
allen Himmelskörpern befinden sich dieselben Stoffe, wie auf
der Erde, einen besondern himmlischen Stoff gibt es nicht.
Unsre Welt ist nicht abgeschlossen von kristallenen Sphären --
schon die Annäherung der Kometen, welche ebenfalls Planeten
sind, die uns nur selten nahe genug kommen, um wahrgenommen
zu werden, beweist dies -- frei dehnt sich der Äther nach
allen Richtungen hin aus und umfaßt und trägt in gleicher
Weise alle Himmelskörper in ihren geordneten Bahnen, wie er
die Atome der sichtbaren Körper zusammenhält und trennt.
Dieses ganze Universum ist belebt, durchdrungen von dem
alles beseelenden Weltgeiste, durch dessen Thätigkeit die
Ordnung und Harmonie des Alls sich erhält. Nichts kann ver-
loren gehen in der fortwährenden Bewegung des Weltalls;
Leben und Tod bilden nur Teile eines Kreislaufs -- die Auf-
lösung des einen ist die Entstehung eines andern. Die unend-
liche, alles umfassende Substanz enthält zwar alle Formen in
sich, aber in der endlichen Entwickelung der Welten können
sie nur nacheinander hervortreten; so kommt in der fort-
währenden Veränderung nach und nach jeder Teil zum Mit-
genusse des Lebens und des Glückes. In ewiger Gesetzmäßig-
keit und in allseitiger Wechselwirkung flutet der lebendige
Strom der Dinge. Das Größte spiegelt sich im Kleinsten, alles
Einzelne strebt zum Ganzen, und das Ganze gestaltet sich
selbst als sein eigener Werkmeister in untrennbarer Ver-

G. Bruno: Unendlichkeit der Welten.
wohner bilden eine unendliche Abstufung von Lebewesen
nach jedem Grade der Vollkommenheit. Es ist nicht daran
zu denken, daß der Mensch die höchste Stufe dieser Wesen
repräsentiere, aber er ist darum nicht ein ohnmächtiges und
verschwindendes Glied im All, sondern ein lebendiger Teil des
lebendigen Ganzen. Auch die Sonne ist nur ein Stern unter
Sternen und mit diesen bewegt; im unendlichen Universum
gibt es keinen Mittelpunkt und keine Ruhe. Gegenüber der
unendlichen Zahl der Welten und den großen Entfernungen,
durch welche sie getrennt sind, ist unsre Erde nur ein Atom,
aber sie ist selbst nicht schlechter als die andern Himmels-
körper. Zwischen Erde und Himmel besteht kein absoluter
Unterschied; wie für uns die Planeten Sterne sind, so ist unsre
Erde ein Stern für die Bewohner andrer Planeten — jedes
Gestirn hat seinen eigenen Himmel. In allen Welten, auf
allen Himmelskörpern befinden sich dieselben Stoffe, wie auf
der Erde, einen besondern himmlischen Stoff gibt es nicht.
Unsre Welt ist nicht abgeschlossen von kristallenen Sphären —
schon die Annäherung der Kometen, welche ebenfalls Planeten
sind, die uns nur selten nahe genug kommen, um wahrgenommen
zu werden, beweist dies — frei dehnt sich der Äther nach
allen Richtungen hin aus und umfaßt und trägt in gleicher
Weise alle Himmelskörper in ihren geordneten Bahnen, wie er
die Atome der sichtbaren Körper zusammenhält und trennt.
Dieses ganze Universum ist belebt, durchdrungen von dem
alles beseelenden Weltgeiste, durch dessen Thätigkeit die
Ordnung und Harmonie des Alls sich erhält. Nichts kann ver-
loren gehen in der fortwährenden Bewegung des Weltalls;
Leben und Tod bilden nur Teile eines Kreislaufs — die Auf-
lösung des einen ist die Entstehung eines andern. Die unend-
liche, alles umfassende Substanz enthält zwar alle Formen in
sich, aber in der endlichen Entwickelung der Welten können
sie nur nacheinander hervortreten; so kommt in der fort-
währenden Veränderung nach und nach jeder Teil zum Mit-
genusse des Lebens und des Glückes. In ewiger Gesetzmäßig-
keit und in allseitiger Wechselwirkung flutet der lebendige
Strom der Dinge. Das Größte spiegelt sich im Kleinsten, alles
Einzelne strebt zum Ganzen, und das Ganze gestaltet sich
selbst als sein eigener Werkmeister in untrennbarer Ver-

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[397/0415] G. Bruno: Unendlichkeit der Welten. wohner bilden eine unendliche Abstufung von Lebewesen nach jedem Grade der Vollkommenheit. Es ist nicht daran zu denken, daß der Mensch die höchste Stufe dieser Wesen repräsentiere, aber er ist darum nicht ein ohnmächtiges und verschwindendes Glied im All, sondern ein lebendiger Teil des lebendigen Ganzen. Auch die Sonne ist nur ein Stern unter Sternen und mit diesen bewegt; im unendlichen Universum gibt es keinen Mittelpunkt und keine Ruhe. Gegenüber der unendlichen Zahl der Welten und den großen Entfernungen, durch welche sie getrennt sind, ist unsre Erde nur ein Atom, aber sie ist selbst nicht schlechter als die andern Himmels- körper. Zwischen Erde und Himmel besteht kein absoluter Unterschied; wie für uns die Planeten Sterne sind, so ist unsre Erde ein Stern für die Bewohner andrer Planeten — jedes Gestirn hat seinen eigenen Himmel. In allen Welten, auf allen Himmelskörpern befinden sich dieselben Stoffe, wie auf der Erde, einen besondern himmlischen Stoff gibt es nicht. Unsre Welt ist nicht abgeschlossen von kristallenen Sphären — schon die Annäherung der Kometen, welche ebenfalls Planeten sind, die uns nur selten nahe genug kommen, um wahrgenommen zu werden, beweist dies — frei dehnt sich der Äther nach allen Richtungen hin aus und umfaßt und trägt in gleicher Weise alle Himmelskörper in ihren geordneten Bahnen, wie er die Atome der sichtbaren Körper zusammenhält und trennt. Dieses ganze Universum ist belebt, durchdrungen von dem alles beseelenden Weltgeiste, durch dessen Thätigkeit die Ordnung und Harmonie des Alls sich erhält. Nichts kann ver- loren gehen in der fortwährenden Bewegung des Weltalls; Leben und Tod bilden nur Teile eines Kreislaufs — die Auf- lösung des einen ist die Entstehung eines andern. Die unend- liche, alles umfassende Substanz enthält zwar alle Formen in sich, aber in der endlichen Entwickelung der Welten können sie nur nacheinander hervortreten; so kommt in der fort- währenden Veränderung nach und nach jeder Teil zum Mit- genusse des Lebens und des Glückes. In ewiger Gesetzmäßig- keit und in allseitiger Wechselwirkung flutet der lebendige Strom der Dinge. Das Größte spiegelt sich im Kleinsten, alles Einzelne strebt zum Ganzen, und das Ganze gestaltet sich selbst als sein eigener Werkmeister in untrennbarer Ver-

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/415>, abgerufen am 25.11.2024.