atomistischer Grundlage zu errichten. Während bis hierhin seine Bestimmungen durchaus sachgemäß und notwendig sind, beginnt nun eine nicht zu leugnende Verwirrung in der Fest- stellung der Gesichtspunkte und der gezogenen Folgerungen.
Der Begriff des Minimums ist allerdings ein relativer, in- sofern er von den Voraussetzungen über die betrachteten Ge- genstände und von den Zielen und Absichten der Untersuchung abhängt.1 Er ist relativ sowohl in Bezug auf die Größe als auf die Gestalt, welche man dem Minimum geben will; wie das Atom gegenüber dem sichtbaren Körper, so kann auch die ungeheuere Kugel der Erde als ein Minimum angesehen werden gegenüber den Weiten, in welchen die Fixsterne sie umgeben.2 Für den Grammatiker ist der Buchstabe das ein- fachste Element, das keine weitere Teilung zuläßt, noch ihrer bedarf; für den Geometer ist der Buchstabe ein Linienzug, also noch weiter teilbar und etwas Zusammengesetztes.3 In der praktischen Geometrie wird es oft förderlich sein, eine Figur aus solchen Minimen bestehen zu lassen, welche der ganzen ähnlich sind; beim Kreise ist dies nur möglich, wenn man zu- gleich noch eine zweite Art Minima, nämlich krummlinige Dreiecke als Zwischenräume zwischen den minimalen Kreisen annimmt.4 In einem allgemeinen Sinne wird man überhaupt so viele verschiedene Gattungen von Minimen annehmen können, als es verschiedene Gattungen von Dingen gibt,5 und man wird auf die speziell zu betrachtende Art Rücksicht nehmen müssen.
Betrachtet man aber das räumliche Minimum absolut, so kann ihm nur eine Gestalt zukommnn, und zwar die runde. Das Minimum in der Ebene muß der Kreis, in dem Raume die Kugel sein. Denn erstens lehren Sinne und Vorstellung, daß eine sinnlich wahrgenommene oder vorstellbare Figur mit Ecken und Hervorragungen nach Fortnahme derselben als kleiner wahrgenommen werden wird; zweitens zeigt die Natur
1De min. I, 10. Schol. p. 41.
2De min. I, 8. Schol. p. 37.
3Summa terminorum metaphysicorum J. Bruni per Raph. Eglinum. Mar- purgi Cattorum 1609. p. 9.
4De min. I, 12. Schol. p. 47.
5De min. I, 11. Schol. p. 44.
G. Bruno: Arten der Minima.
atomistischer Grundlage zu errichten. Während bis hierhin seine Bestimmungen durchaus sachgemäß und notwendig sind, beginnt nun eine nicht zu leugnende Verwirrung in der Fest- stellung der Gesichtspunkte und der gezogenen Folgerungen.
Der Begriff des Minimums ist allerdings ein relativer, in- sofern er von den Voraussetzungen über die betrachteten Ge- genstände und von den Zielen und Absichten der Untersuchung abhängt.1 Er ist relativ sowohl in Bezug auf die Größe als auf die Gestalt, welche man dem Minimum geben will; wie das Atom gegenüber dem sichtbaren Körper, so kann auch die ungeheuere Kugel der Erde als ein Minimum angesehen werden gegenüber den Weiten, in welchen die Fixsterne sie umgeben.2 Für den Grammatiker ist der Buchstabe das ein- fachste Element, das keine weitere Teilung zuläßt, noch ihrer bedarf; für den Geometer ist der Buchstabe ein Linienzug, also noch weiter teilbar und etwas Zusammengesetztes.3 In der praktischen Geometrie wird es oft förderlich sein, eine Figur aus solchen Minimen bestehen zu lassen, welche der ganzen ähnlich sind; beim Kreise ist dies nur möglich, wenn man zu- gleich noch eine zweite Art Minima, nämlich krummlinige Dreiecke als Zwischenräume zwischen den minimalen Kreisen annimmt.4 In einem allgemeinen Sinne wird man überhaupt so viele verschiedene Gattungen von Minimen annehmen können, als es verschiedene Gattungen von Dingen gibt,5 und man wird auf die speziell zu betrachtende Art Rücksicht nehmen müssen.
Betrachtet man aber das räumliche Minimum absolut, so kann ihm nur eine Gestalt zukommnn, und zwar die runde. Das Minimum in der Ebene muß der Kreis, in dem Raume die Kugel sein. Denn erstens lehren Sinne und Vorstellung, daß eine sinnlich wahrgenommene oder vorstellbare Figur mit Ecken und Hervorragungen nach Fortnahme derselben als kleiner wahrgenommen werden wird; zweitens zeigt die Natur
1De min. I, 10. Schol. p. 41.
2De min. I, 8. Schol. p. 37.
3Summa terminorum metaphysicorum J. Bruni per Raph. Eglinum. Mar- purgi Cattorum 1609. p. 9.
4De min. I, 12. Schol. p. 47.
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G. Bruno: Arten der Minima.
atomistischer Grundlage zu errichten. Während bis hierhin
seine Bestimmungen durchaus sachgemäß und notwendig sind,
beginnt nun eine nicht zu leugnende Verwirrung in der Fest-
stellung der Gesichtspunkte und der gezogenen Folgerungen.
Der Begriff des Minimums ist allerdings ein relativer, in-
sofern er von den Voraussetzungen über die betrachteten Ge-
genstände und von den Zielen und Absichten der Untersuchung
abhängt. 1 Er ist relativ sowohl in Bezug auf die Größe als
auf die Gestalt, welche man dem Minimum geben will; wie
das Atom gegenüber dem sichtbaren Körper, so kann auch
die ungeheuere Kugel der Erde als ein Minimum angesehen
werden gegenüber den Weiten, in welchen die Fixsterne sie
umgeben. 2 Für den Grammatiker ist der Buchstabe das ein-
fachste Element, das keine weitere Teilung zuläßt, noch ihrer
bedarf; für den Geometer ist der Buchstabe ein Linienzug,
also noch weiter teilbar und etwas Zusammengesetztes. 3 In
der praktischen Geometrie wird es oft förderlich sein, eine Figur
aus solchen Minimen bestehen zu lassen, welche der ganzen
ähnlich sind; beim Kreise ist dies nur möglich, wenn man zu-
gleich noch eine zweite Art Minima, nämlich krummlinige
Dreiecke als Zwischenräume zwischen den minimalen Kreisen
annimmt. 4 In einem allgemeinen Sinne wird man überhaupt
so viele verschiedene Gattungen von Minimen annehmen können,
als es verschiedene Gattungen von Dingen gibt, 5 und man
wird auf die speziell zu betrachtende Art Rücksicht nehmen
müssen.
Betrachtet man aber das räumliche Minimum absolut, so
kann ihm nur eine Gestalt zukommnn, und zwar die runde.
Das Minimum in der Ebene muß der Kreis, in dem Raume
die Kugel sein. Denn erstens lehren Sinne und Vorstellung,
daß eine sinnlich wahrgenommene oder vorstellbare Figur mit
Ecken und Hervorragungen nach Fortnahme derselben als
kleiner wahrgenommen werden wird; zweitens zeigt die Natur
1 De min. I, 10. Schol. p. 41.
2 De min. I, 8. Schol. p. 37.
3 Summa terminorum metaphysicorum J. Bruni per Raph. Eglinum. Mar-
purgi Cattorum 1609. p. 9.
4 De min. I, 12. Schol. p. 47.
5 De min. I, 11. Schol. p. 44.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/390>, abgerufen am 22.11.2024.
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