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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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G. Bruno: Teil und Grenze im Kontinuum.

Das körperliche Minimum ist das Atom oder der prim-
ordiale Körper; das Minimum in der Fläche ist der Punkt.
Diese Minima berühren zugleich mehrere benachbarte Minima
ebenfalls in Punkten, welche aber nicht Minima, sondern Ter-
mini sind.1 Man hat also wohl zu unterscheiden zwischen dem
Punkt als Minimum der Fläche (welches als unendlich kleiner
Kreis ohne weitere Teile zu denken ist und seine benachbarten
Minima berührt) und dem Punkte als Terminus, der nicht als
Teil der von ihm begrenzten aufgefaßt werden darf.2 Die
Grenzpunkte, welche weder Teile sind noch Teile haben, können
natürlich auch nicht geteilt, wohl aber vervielfältigt werden.
Die Vervielfältigung geschieht durch Vermehrung der sich be-
rührenden Minima. Diese Trennung zwischen Punkt als Grenze
und Punkt als Minimum des Körpers oder der Fläche zeigt,
daß die Körper, Atome und Minima sich gar nicht selbst be-
rühren, sondern nur mit ihren Terminis, so daß sie also bei
der Berührung keineswegs zusammenfließen, sondern getrennt
bleiben. Daher bewirkt die Hinzufügung eines Minimums
allerdings eine Vermehrung des Ganzen.

Mit Hilfe der Begriffstrennung zwischen punktueller Raum-
größe und Grenzpunkt versucht Bruno eine Mathematik auf

1 De min. I, 10.
2 De min. 1. IV. c. 7. p. 145.
Quid Minimum et Terminus.
Est Minimum cujus pars nulla est, prima quod est pars.
Terminus est finis cui nec pars, quod neque pars est.
Quid punctum, quod est minimum.
Cujus non pars est primam partem inquio Punctum
In plano; minimi speciem si intelligis ipsum.
Quid punctum quod est terminus.
Posto, aut simpliciter, quod nec pars, cui neque pars est,
Quanto omnifinis Punctus tibi terminus esto.

De min. I, 14. Schol. p. 49. Terminus est principium dimensi ut unde, seu
de quo; Minimum vero ut ex quo. -- De min. I, 7. Schol. p. 30. Itaque
definias minimum quod ita est pars, ut ejus nulla sit pars, vel simpliciter, vel
secundum genus. Definias Terminum, cujus ita non est aliqua pars, ut neque
sit ipse aliqua pars, sed est, quo extremum ab extremo attingitur, vel quo pars
partem vel totum attinget totum: itaque juxta magnitudinis species est
diversus: alius enim est lineae ad lineam, superficiei ad superficiem, corporis
ad corpus.
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G. Bruno: Teil und Grenze im Kontinuum.

Das körperliche Minimum ist das Atom oder der prim-
ordiale Körper; das Minimum in der Fläche ist der Punkt.
Diese Minima berühren zugleich mehrere benachbarte Minima
ebenfalls in Punkten, welche aber nicht Minima, sondern Ter-
mini sind.1 Man hat also wohl zu unterscheiden zwischen dem
Punkt als Minimum der Fläche (welches als unendlich kleiner
Kreis ohne weitere Teile zu denken ist und seine benachbarten
Minima berührt) und dem Punkte als Terminus, der nicht als
Teil der von ihm begrenzten aufgefaßt werden darf.2 Die
Grenzpunkte, welche weder Teile sind noch Teile haben, können
natürlich auch nicht geteilt, wohl aber vervielfältigt werden.
Die Vervielfältigung geschieht durch Vermehrung der sich be-
rührenden Minima. Diese Trennung zwischen Punkt als Grenze
und Punkt als Minimum des Körpers oder der Fläche zeigt,
daß die Körper, Atome und Minima sich gar nicht selbst be-
rühren, sondern nur mit ihren Terminis, so daß sie also bei
der Berührung keineswegs zusammenfließen, sondern getrennt
bleiben. Daher bewirkt die Hinzufügung eines Minimums
allerdings eine Vermehrung des Ganzen.

Mit Hilfe der Begriffstrennung zwischen punktueller Raum-
größe und Grenzpunkt versucht Bruno eine Mathematik auf

1 De min. I, 10.
2 De min. 1. IV. c. 7. p. 145.
Quid Minimum et Terminus.
Est Minimum cujus pars nulla est, prima quod est pars.
Terminus est finis cui nec pars, quod neque pars est.
Quid punctum, quod est minimum.
Cujus non pars est primam partem inquio Punctum
In plano; minimi speciem si intelligis ipsum.
Quid punctum quod est terminus.
Posto, aut simpliciter, quod nec pars, cui neque pars est,
Quanto omnifinis Punctus tibi terminus esto.

De min. I, 14. Schol. p. 49. Terminus est principium dimensi ut unde, seu
de quo; Minimum vero ut ex quo. — De min. I, 7. Schol. p. 30. Itaque
definias minimum quod ita est pars, ut ejus nulla sit pars, vel simpliciter, vel
secundum genus. Definias Terminum, cujus ita non est aliqua pars, ut neque
sit ipse aliqua pars, sed est, quo extremum ab extremo attingitur, vel quo pars
partem vel totum attinget totum: itaque juxta magnitudinis species est
diversus: alius enim est lineae ad lineam, superficiei ad superficiem, corporis
ad corpus.
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[371/0389] G. Bruno: Teil und Grenze im Kontinuum. Das körperliche Minimum ist das Atom oder der prim- ordiale Körper; das Minimum in der Fläche ist der Punkt. Diese Minima berühren zugleich mehrere benachbarte Minima ebenfalls in Punkten, welche aber nicht Minima, sondern Ter- mini sind. 1 Man hat also wohl zu unterscheiden zwischen dem Punkt als Minimum der Fläche (welches als unendlich kleiner Kreis ohne weitere Teile zu denken ist und seine benachbarten Minima berührt) und dem Punkte als Terminus, der nicht als Teil der von ihm begrenzten aufgefaßt werden darf. 2 Die Grenzpunkte, welche weder Teile sind noch Teile haben, können natürlich auch nicht geteilt, wohl aber vervielfältigt werden. Die Vervielfältigung geschieht durch Vermehrung der sich be- rührenden Minima. Diese Trennung zwischen Punkt als Grenze und Punkt als Minimum des Körpers oder der Fläche zeigt, daß die Körper, Atome und Minima sich gar nicht selbst be- rühren, sondern nur mit ihren Terminis, so daß sie also bei der Berührung keineswegs zusammenfließen, sondern getrennt bleiben. Daher bewirkt die Hinzufügung eines Minimums allerdings eine Vermehrung des Ganzen. Mit Hilfe der Begriffstrennung zwischen punktueller Raum- größe und Grenzpunkt versucht Bruno eine Mathematik auf 1 De min. I, 10. 2 De min. 1. IV. c. 7. p. 145. Quid Minimum et Terminus. Est Minimum cujus pars nulla est, prima quod est pars. Terminus est finis cui nec pars, quod neque pars est. Quid punctum, quod est minimum. Cujus non pars est primam partem inquio Punctum In plano; minimi speciem si intelligis ipsum. Quid punctum quod est terminus. Posto, aut simpliciter, quod nec pars, cui neque pars est, Quanto omnifinis Punctus tibi terminus esto. De min. I, 14. Schol. p. 49. Terminus est principium dimensi ut unde, seu de quo; Minimum vero ut ex quo. — De min. I, 7. Schol. p. 30. Itaque definias minimum quod ita est pars, ut ejus nulla sit pars, vel simpliciter, vel secundum genus. Definias Terminum, cujus ita non est aliqua pars, ut neque sit ipse aliqua pars, sed est, quo extremum ab extremo attingitur, vel quo pars partem vel totum attinget totum: itaque juxta magnitudinis species est diversus: alius enim est lineae ad lineam, superficiei ad superficiem, corporis ad corpus. 24*

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/389>, abgerufen am 25.11.2024.