Quelle, nunmehr bei allen Erneuerern der Atomistik wiederkehren sehen. Es wird nämlich gesagt: Es gibt so kleine Tiere, daß man schon den dritten Teil derselben nicht mehr mit den Augen wahrnehmen kann; da diese wieder gegliederte Organe, Gehirn, Augen etc. besitzen und diese wieder aus Elementar- teilchen bestehen, so ist es klar, wie weit letztere unter den Grenzen der Sinnlichkeit liegen müssen.1
Der Haupteinwand der Aristoteliker gegen das Bestehen des Kontinuums aus Atomen geht nun dahin, daß unteilbare Körper, also Körper, welche keine Teile haben, auch keine Grösse bilden, durch Zusammenfügen nicht wachsen können.2 Ein Minimum zum andren hinzugefügt, könne dasselbe nicht größer machen. Denn wenn sich zwei Minima berührten, so müßten sie sich (da sie keine Teile haben) in ihrer ganzen Masse berühren, d. h. sie müßten zusammenfallen. Ein Punkt zum Punkte hinzugefügt fällt mit ihm zusammen.
Dieser Einwand -- sagt Bruno -- ist falsch. Er beruht auf dem Mangel der Unterscheidung zwischen Minimum und Terminus; er löst sich ohne Widerspruch, sobald man sich diesen Unterschied zwischen dem Minimum, als dem ersten Teil des Raumes, und der Grenze (Terminus), welche kein Teil ist, klar macht. Das Minimum hat keine Teile, ist aber selbst Teil, und zwar der erste Teil aller Zusammensetzung. Die Grenze (Terminus) hat ebenfalls keine Teile, ist aber selbst kein Teil, sondern trennt nur zwei Teile oder zwei Ganze. Ein körperliches Minimum berührt also ein andres nicht seiner ganzen Masse nach, sondern nur an der Grenze, und die Grenze darf nicht Teil des Begrenzten genannt werden. Der Terminus entsteht erst durch die Berührung, und das Minimum ist nicht etwa aus Terminis zusammengesetzt. Minimum und Terminus sind generisch verschieden. Der Körper ist nicht von Körpern, sondern von Flächen, die Fläche nicht von Flächen, sondern von Linien begrenzt; bei einem körperlichen Minimum ist also die Grenze nicht ein Teil desselben, sondern ein flächenhaftes Minimum und somit von andrer Gattung.3 Man hat nämlich verschiedene Gattungen von Minimen zu unterscheiden.
1De min. I, c. 9. v. 10 ff. p. 38.
2 Vgl. 1. Buch S. 104.
3De min. I, 7. Schol. p. 29 f.
G. Bruno: Minimum und Terminus.
Quelle, nunmehr bei allen Erneuerern der Atomistik wiederkehren sehen. Es wird nämlich gesagt: Es gibt so kleine Tiere, daß man schon den dritten Teil derselben nicht mehr mit den Augen wahrnehmen kann; da diese wieder gegliederte Organe, Gehirn, Augen etc. besitzen und diese wieder aus Elementar- teilchen bestehen, so ist es klar, wie weit letztere unter den Grenzen der Sinnlichkeit liegen müssen.1
Der Haupteinwand der Aristoteliker gegen das Bestehen des Kontinuums aus Atomen geht nun dahin, daß unteilbare Körper, also Körper, welche keine Teile haben, auch keine Grösse bilden, durch Zusammenfügen nicht wachsen können.2 Ein Minimum zum andren hinzugefügt, könne dasselbe nicht größer machen. Denn wenn sich zwei Minima berührten, so müßten sie sich (da sie keine Teile haben) in ihrer ganzen Masse berühren, d. h. sie müßten zusammenfallen. Ein Punkt zum Punkte hinzugefügt fällt mit ihm zusammen.
Dieser Einwand — sagt Bruno — ist falsch. Er beruht auf dem Mangel der Unterscheidung zwischen Minimum und Terminus; er löst sich ohne Widerspruch, sobald man sich diesen Unterschied zwischen dem Minimum, als dem ersten Teil des Raumes, und der Grenze (Terminus), welche kein Teil ist, klar macht. Das Minimum hat keine Teile, ist aber selbst Teil, und zwar der erste Teil aller Zusammensetzung. Die Grenze (Terminus) hat ebenfalls keine Teile, ist aber selbst kein Teil, sondern trennt nur zwei Teile oder zwei Ganze. Ein körperliches Minimum berührt also ein andres nicht seiner ganzen Masse nach, sondern nur an der Grenze, und die Grenze darf nicht Teil des Begrenzten genannt werden. Der Terminus entsteht erst durch die Berührung, und das Minimum ist nicht etwa aus Terminis zusammengesetzt. Minimum und Terminus sind generisch verschieden. Der Körper ist nicht von Körpern, sondern von Flächen, die Fläche nicht von Flächen, sondern von Linien begrenzt; bei einem körperlichen Minimum ist also die Grenze nicht ein Teil desselben, sondern ein flächenhaftes Minimum und somit von andrer Gattung.3 Man hat nämlich verschiedene Gattungen von Minimen zu unterscheiden.
1De min. I, c. 9. v. 10 ff. p. 38.
2 Vgl. 1. Buch S. 104.
3De min. I, 7. Schol. p. 29 f.
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G. Bruno: Minimum und Terminus.
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sehen. Es wird nämlich gesagt: Es gibt so kleine Tiere, daß
man schon den dritten Teil derselben nicht mehr mit den
Augen wahrnehmen kann; da diese wieder gegliederte Organe,
Gehirn, Augen etc. besitzen und diese wieder aus Elementar-
teilchen bestehen, so ist es klar, wie weit letztere unter den
Grenzen der Sinnlichkeit liegen müssen. 1
Der Haupteinwand der Aristoteliker gegen das Bestehen
des Kontinuums aus Atomen geht nun dahin, daß unteilbare
Körper, also Körper, welche keine Teile haben, auch keine
Grösse bilden, durch Zusammenfügen nicht wachsen können. 2
Ein Minimum zum andren hinzugefügt, könne dasselbe nicht
größer machen. Denn wenn sich zwei Minima berührten, so
müßten sie sich (da sie keine Teile haben) in ihrer ganzen
Masse berühren, d. h. sie müßten zusammenfallen. Ein Punkt
zum Punkte hinzugefügt fällt mit ihm zusammen.
Dieser Einwand — sagt Bruno — ist falsch. Er beruht
auf dem Mangel der Unterscheidung zwischen Minimum und
Terminus; er löst sich ohne Widerspruch, sobald man sich diesen
Unterschied zwischen dem Minimum, als dem ersten Teil des
Raumes, und der Grenze (Terminus), welche kein Teil ist,
klar macht. Das Minimum hat keine Teile, ist aber selbst
Teil, und zwar der erste Teil aller Zusammensetzung. Die
Grenze (Terminus) hat ebenfalls keine Teile, ist aber selbst
kein Teil, sondern trennt nur zwei Teile oder zwei Ganze.
Ein körperliches Minimum berührt also ein andres nicht seiner
ganzen Masse nach, sondern nur an der Grenze, und die Grenze
darf nicht Teil des Begrenzten genannt werden. Der Terminus
entsteht erst durch die Berührung, und das Minimum ist nicht
etwa aus Terminis zusammengesetzt. Minimum und Terminus
sind generisch verschieden. Der Körper ist nicht von Körpern,
sondern von Flächen, die Fläche nicht von Flächen, sondern
von Linien begrenzt; bei einem körperlichen Minimum ist also
die Grenze nicht ein Teil desselben, sondern ein flächenhaftes
Minimum und somit von andrer Gattung. 3 Man hat nämlich
verschiedene Gattungen von Minimen zu unterscheiden.
1 De min. I, c. 9. v. 10 ff. p. 38.
2 Vgl. 1. Buch S. 104.
3 De min. I, 7. Schol. p. 29 f.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/388>, abgerufen am 22.11.2024.
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