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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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G. Bruno: Minimum als Punkt, Atom, Monade.

Dieses Minimum, als die Grundlage alles endlichen Seins,
macht nun Bruno in eingehendster Weise zum Gegenstand
seiner Betrachtung. Der Begriff des Minimums ist zunächst
bei Bruno ganz allgemein gefaßt und nicht von vornherein
auf den Raum oder das Körperliche bezogen. Das Minimum
im weitesten Sinne ist nicht bloß das räumlich oder physisch
Kleinste und Unteilbare, sondern das absolut Einfache und
Unterschiedslose. Das räumliche Minimum, der Punkt, und
das physische Minimum, das Atom, erscheinen nur als be-
sondre Fälle des Einfachen überhaupt, des metaphysischen
Minimums.1 Für dieses allgemeine Minimum gebraucht Bruno
neben dem Worte Minimum auch den Ausdruck monas, welcher
ursprünglich der Einheit als Grundlage der Zahlen angehört,
in übertragenem Sinne aber auf das unterschiedslose Eins als
Grundform alles Seins angewendet wird. Die Monade liegt
allen Dingen zu Grunde, sie ist die Substanz aller Dinge.2
Wie die Einheit das Element bildet, auf welchem die Zahlen
sich aufbauen, wie der Punkt die Grundlage alles Räumlichen
ist, so muß es auch in allem Sein eine zu Grunde liegende
einfache Substanz geben, welche eben ihrer Einfacheit wegen
alles umfaßt und trägt. Ohne ein solches Minimum gibt es

1 De min. I c. 2. Schol. p. 10: Ad corpora ergo respicienti omnium sub-
stantia minimum corpus est seu atomus, ad lineam vero atque planum mini-
mum, quod est punctus.
2 De minimo I, c. 2. p. 9. Minimum substantia rerum est etc. Ich
gebe die Verse des 2. Kapitels hier nicht wieder, da sie zum großen Teil
bei Bartholmess, II p. 208, und in freier metrischer Übersetzung bei Carriere
II S. 136 angeführt sind, und beschränke mich auf einige Sätze aus dem
Scholion dieses Kapitels, woselbst es heißt (p. 10): Minimum est substantia
rerum quatenus videlicet aliud a quantitatis genere significatur, corporearum
vero magnitudinum, prout est quantitatis principium. Est inquam materia seu
elementum, efficiens, finis et totum, punctum in magnitudine unius et duarum
dimensionum, Atomus privative in corporibus quae sunt primae partes, Atomum
negative in iisce quae sunt tota in toto atque singulis, ut in voce, anima et
hujusmodi genus. Monas rationaliter in numeris, essentialiter in omnibus. Inde
maximum nihil est aliud quam minimum. Tolle undique minimum, ubique
nihil erit. Aufer undique monadem, nusquam erit numerus, nihil erit nume-
rabile, nullus numerator. Hinc optimus maximus substantiarum substantia et
entitas, qua entia sunt, monadis nomine celebratur. Numerus est accidens
monadis, et monas est essentia numeri; sic compositio accidit atomo et atomus
est essentia compositi.
G. Bruno: Minimum als Punkt, Atom, Monade.

Dieses Minimum, als die Grundlage alles endlichen Seins,
macht nun Bruno in eingehendster Weise zum Gegenstand
seiner Betrachtung. Der Begriff des Minimums ist zunächst
bei Bruno ganz allgemein gefaßt und nicht von vornherein
auf den Raum oder das Körperliche bezogen. Das Minimum
im weitesten Sinne ist nicht bloß das räumlich oder physisch
Kleinste und Unteilbare, sondern das absolut Einfache und
Unterschiedslose. Das räumliche Minimum, der Punkt, und
das physische Minimum, das Atom, erscheinen nur als be-
sondre Fälle des Einfachen überhaupt, des metaphysischen
Minimums.1 Für dieses allgemeine Minimum gebraucht Bruno
neben dem Worte Minimum auch den Ausdruck monas, welcher
ursprünglich der Einheit als Grundlage der Zahlen angehört,
in übertragenem Sinne aber auf das unterschiedslose Eins als
Grundform alles Seins angewendet wird. Die Monade liegt
allen Dingen zu Grunde, sie ist die Substanz aller Dinge.2
Wie die Einheit das Element bildet, auf welchem die Zahlen
sich aufbauen, wie der Punkt die Grundlage alles Räumlichen
ist, so muß es auch in allem Sein eine zu Grunde liegende
einfache Substanz geben, welche eben ihrer Einfacheit wegen
alles umfaßt und trägt. Ohne ein solches Minimum gibt es

1 De min. I c. 2. Schol. p. 10: Ad corpora ergo respicienti omnium sub-
stantia minimum corpus est seu atomus, ad lineam vero atque planum mini-
mum, quod est punctus.
2 De minimo I, c. 2. p. 9. Minimum substantia rerum est etc. Ich
gebe die Verse des 2. Kapitels hier nicht wieder, da sie zum großen Teil
bei Bartholmess, II p. 208, und in freier metrischer Übersetzung bei Carrière
II S. 136 angeführt sind, und beschränke mich auf einige Sätze aus dem
Scholion dieses Kapitels, woselbst es heißt (p. 10): Minimum est substantia
rerum quatenus videlicet aliud a quantitatis genere significatur, corporearum
vero magnitudinum, prout est quantitatis principium. Est inquam materia seu
elementum, efficiens, finis et totum, punctum in magnitudine unius et duarum
dimensionum, Atomus privative in corporibus quae sunt primae partes, Atomum
negative in iisce quae sunt tota in toto atque singulis, ut in voce, anima et
hujusmodi genus. Monas rationaliter in numeris, essentialiter in omnibus. Inde
maximum nihil est aliud quam minimum. Tolle undique minimum, ubique
nihil erit. Aufer undique monadem, nusquam erit numerus, nihil erit nume-
rabile, nullus numerator. Hinc optimus maximus substantiarum substantia et
entitas, qua entia sunt, monadis nomine celebratur. Numerus est accidens
monadis, et monas est essentia numeri; sic compositio accidit atomo et atomus
est essentia compositi.
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[365/0383] G. Bruno: Minimum als Punkt, Atom, Monade. Dieses Minimum, als die Grundlage alles endlichen Seins, macht nun Bruno in eingehendster Weise zum Gegenstand seiner Betrachtung. Der Begriff des Minimums ist zunächst bei Bruno ganz allgemein gefaßt und nicht von vornherein auf den Raum oder das Körperliche bezogen. Das Minimum im weitesten Sinne ist nicht bloß das räumlich oder physisch Kleinste und Unteilbare, sondern das absolut Einfache und Unterschiedslose. Das räumliche Minimum, der Punkt, und das physische Minimum, das Atom, erscheinen nur als be- sondre Fälle des Einfachen überhaupt, des metaphysischen Minimums. 1 Für dieses allgemeine Minimum gebraucht Bruno neben dem Worte Minimum auch den Ausdruck monas, welcher ursprünglich der Einheit als Grundlage der Zahlen angehört, in übertragenem Sinne aber auf das unterschiedslose Eins als Grundform alles Seins angewendet wird. Die Monade liegt allen Dingen zu Grunde, sie ist die Substanz aller Dinge. 2 Wie die Einheit das Element bildet, auf welchem die Zahlen sich aufbauen, wie der Punkt die Grundlage alles Räumlichen ist, so muß es auch in allem Sein eine zu Grunde liegende einfache Substanz geben, welche eben ihrer Einfacheit wegen alles umfaßt und trägt. Ohne ein solches Minimum gibt es 1 De min. I c. 2. Schol. p. 10: Ad corpora ergo respicienti omnium sub- stantia minimum corpus est seu atomus, ad lineam vero atque planum mini- mum, quod est punctus. 2 De minimo I, c. 2. p. 9. Minimum substantia rerum est etc. Ich gebe die Verse des 2. Kapitels hier nicht wieder, da sie zum großen Teil bei Bartholmess, II p. 208, und in freier metrischer Übersetzung bei Carrière II S. 136 angeführt sind, und beschränke mich auf einige Sätze aus dem Scholion dieses Kapitels, woselbst es heißt (p. 10): Minimum est substantia rerum quatenus videlicet aliud a quantitatis genere significatur, corporearum vero magnitudinum, prout est quantitatis principium. Est inquam materia seu elementum, efficiens, finis et totum, punctum in magnitudine unius et duarum dimensionum, Atomus privative in corporibus quae sunt primae partes, Atomum negative in iisce quae sunt tota in toto atque singulis, ut in voce, anima et hujusmodi genus. Monas rationaliter in numeris, essentialiter in omnibus. Inde maximum nihil est aliud quam minimum. Tolle undique minimum, ubique nihil erit. Aufer undique monadem, nusquam erit numerus, nihil erit nume- rabile, nullus numerator. Hinc optimus maximus substantiarum substantia et entitas, qua entia sunt, monadis nomine celebratur. Numerus est accidens monadis, et monas est essentia numeri; sic compositio accidit atomo et atomus est essentia compositi.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/383>, abgerufen am 22.11.2024.