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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Fünf Grundsubstanzen.
maßen geistig (spirituales) vollzieht die Natur ihre Verbin-
dungen, und so habe Demokrit diese vermutlich verstanden;
denn die Grobheit (crassities) der Körper sei der Verbindung
hinderlich.1

Man darf vermuten, daß für d'Espagnet entweder Gorlaeus'
Schriften oder private Einflüsse von seiten Helmonts2 die
Quelle sind.

In sachlicher Hinsicht ist bei Helmont im Vergleich zu
d'Espagnet die Rolle der chemischen Grundsubstanzen und der
alten Elemente vertauscht, aber der Gedanke einer Zusammen-
ordnung von gewissen Grundstoffen zu untrennbaren Substanzen
ist derselbe.

2. Einführung von fünf Grundsubstanzen.

Die Annahme von Gorlaeus, d'Espagnet und Helmont, daß
von den drei Elementen nur zwei, nämlich Wasser und Erde,
als Bestandteile in die chemischen Verbindungen eintreten, be-
zeichnet eine Erweiterung der Zahl der chemischen Grund-
substanzen von drei auf fünf. Dieselbe vollzieht sich im An-
fang des 17. Jahrhunderts, wird aber erst in der zweiten Hälfte
desselben allgemeingiltig.3 Die Chemiker hatten bei ihren Zer-
legungen außer Merkur, Sulfur und Sal auch noch unlösbare
Restbestände erhalten, welche sie als Phlegma und als Caput
mortuum
(oder Faeces) bezeichneten. Indem sie dieselben als eine
Art passiver Prinzipien im Gegensatz zu den drei aktiven des
Paracelsus betrachteten, lag es nahe, sie mit den Elementen
Wasser und Erde zu identifizieren. Die Annahme von fünf
Grundsubstanzen treffen wir zuerst bei Basso (1621), die Gleich-
setzung von Aqua mit dem Phlegma und von Terra mit dem
Caput mortuum bei Etienne de Claves (1624). Über beide

1 Ench. phys. rest. p. 110.
2 Über die Veröffentlichung der Schriften Helmonts s. Rommelaere, p. 49.
3 Kopp (Beitr. S. 183) führt als den ersten, bei welchem man dieser Er-
weiterung begegne, Thomas Willis an (Tractatus de fermentatione sive de
motu corporum naturalium inorganico
, 1659), "ohne daß indes diese Erweiterung
der Lehre von den chemischen Grundstoffen von Willis als etwas ihm Eigen
tümliches vorgebracht werde." Im Obigen weisen wir den Ursprung derselben
um fast vierzig Jahre früher nach.
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Fünf Grundsubstanzen.
maßen geistig (spirituales) vollzieht die Natur ihre Verbin-
dungen, und so habe Demokrit diese vermutlich verstanden;
denn die Grobheit (crassities) der Körper sei der Verbindung
hinderlich.1

Man darf vermuten, daß für d’Espagnet entweder Gorlaeus
Schriften oder private Einflüsse von seiten Helmonts2 die
Quelle sind.

In sachlicher Hinsicht ist bei Helmont im Vergleich zu
d’Espagnet die Rolle der chemischen Grundsubstanzen und der
alten Elemente vertauscht, aber der Gedanke einer Zusammen-
ordnung von gewissen Grundstoffen zu untrennbaren Substanzen
ist derselbe.

2. Einführung von fünf Grundsubstanzen.

Die Annahme von Gorlaeus, d’Espagnet und Helmont, daß
von den drei Elementen nur zwei, nämlich Wasser und Erde,
als Bestandteile in die chemischen Verbindungen eintreten, be-
zeichnet eine Erweiterung der Zahl der chemischen Grund-
substanzen von drei auf fünf. Dieselbe vollzieht sich im An-
fang des 17. Jahrhunderts, wird aber erst in der zweiten Hälfte
desselben allgemeingiltig.3 Die Chemiker hatten bei ihren Zer-
legungen außer Merkur, Sulfur und Sal auch noch unlösbare
Restbestände erhalten, welche sie als Phlegma und als Caput
mortuum
(oder Faeces) bezeichneten. Indem sie dieselben als eine
Art passiver Prinzipien im Gegensatz zu den drei aktiven des
Paracelsus betrachteten, lag es nahe, sie mit den Elementen
Wasser und Erde zu identifizieren. Die Annahme von fünf
Grundsubstanzen treffen wir zuerst bei Basso (1621), die Gleich-
setzung von Aqua mit dem Phlegma und von Terra mit dem
Caput mortuum bei Etienne de Claves (1624). Über beide

1 Ench. phys. rest. p. 110.
2 Über die Veröffentlichung der Schriften Helmonts s. Rommelaere, p. 49.
3 Kopp (Beitr. S. 183) führt als den ersten, bei welchem man dieser Er-
weiterung begegne, Thomas Willis an (Tractatus de fermentatione sive de
motu corporum naturalium inorganico
, 1659), „ohne daß indes diese Erweiterung
der Lehre von den chemischen Grundstoffen von Willis als etwas ihm Eigen
tümliches vorgebracht werde.‟ Im Obigen weisen wir den Ursprung derselben
um fast vierzig Jahre früher nach.
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[339/0357] Fünf Grundsubstanzen. maßen geistig (spirituales) vollzieht die Natur ihre Verbin- dungen, und so habe Demokrit diese vermutlich verstanden; denn die Grobheit (crassities) der Körper sei der Verbindung hinderlich. 1 Man darf vermuten, daß für d’Espagnet entweder Gorlaeus’ Schriften oder private Einflüsse von seiten Helmonts 2 die Quelle sind. In sachlicher Hinsicht ist bei Helmont im Vergleich zu d’Espagnet die Rolle der chemischen Grundsubstanzen und der alten Elemente vertauscht, aber der Gedanke einer Zusammen- ordnung von gewissen Grundstoffen zu untrennbaren Substanzen ist derselbe. 2. Einführung von fünf Grundsubstanzen. Die Annahme von Gorlaeus, d’Espagnet und Helmont, daß von den drei Elementen nur zwei, nämlich Wasser und Erde, als Bestandteile in die chemischen Verbindungen eintreten, be- zeichnet eine Erweiterung der Zahl der chemischen Grund- substanzen von drei auf fünf. Dieselbe vollzieht sich im An- fang des 17. Jahrhunderts, wird aber erst in der zweiten Hälfte desselben allgemeingiltig. 3 Die Chemiker hatten bei ihren Zer- legungen außer Merkur, Sulfur und Sal auch noch unlösbare Restbestände erhalten, welche sie als Phlegma und als Caput mortuum (oder Faeces) bezeichneten. Indem sie dieselben als eine Art passiver Prinzipien im Gegensatz zu den drei aktiven des Paracelsus betrachteten, lag es nahe, sie mit den Elementen Wasser und Erde zu identifizieren. Die Annahme von fünf Grundsubstanzen treffen wir zuerst bei Basso (1621), die Gleich- setzung von Aqua mit dem Phlegma und von Terra mit dem Caput mortuum bei Etienne de Claves (1624). Über beide 1 Ench. phys. rest. p. 110. 2 Über die Veröffentlichung der Schriften Helmonts s. Rommelaere, p. 49. 3 Kopp (Beitr. S. 183) führt als den ersten, bei welchem man dieser Er- weiterung begegne, Thomas Willis an (Tractatus de fermentatione sive de motu corporum naturalium inorganico, 1659), „ohne daß indes diese Erweiterung der Lehre von den chemischen Grundstoffen von Willis als etwas ihm Eigen tümliches vorgebracht werde.‟ Im Obigen weisen wir den Ursprung derselben um fast vierzig Jahre früher nach. 22*

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/357>, abgerufen am 22.11.2024.