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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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D'Espagnet: Elemente. Universum.
zureihen. Er nimmt an, daß Sal aus verdichteter Luft| und
Wasser, Sulfur aus Erde und Luft, Mercurius aus Erde und
Wasser bestehe; es sind dies die drei allein möglichen Kom-
binationen der Elemente zu je zweien, und daher gibt es nur
jene drei Grundsubstanzen, welche bei allen Analysen wieder
erscheinen (c. 151). Da die Elemente bei d'Espagnet nicht
mehr die aristotelischen, sondern unveränderliche Substanzen
sind, so ist die Zusammensetzung der chemischen Grundsub-
stanzen aus denselben nicht als ein Rückschritt zu betrachten;
sie bezeichnet vielmehr eine Wendung zur Vorstellungsweise
der molekularen Zusammensetzung, so daß die Elemente sich
zu Verbindungen zusammenschließen, welche ihrerseits die
empirischen Grundstoffe repräsentieren. Bei einer so vorge-
schrittenen physikalischen Theorie, wie sie d'Espagnet gibt,
wundert es uns nicht mehr, daß er sich auch zu Gunsten der
Atome ausspricht und die atomistische Theorie für durchaus
nicht verwerflich erklärt (c. 153). Vielmehr lautet seine De-
finition des Elementes ganz im Sinne der Molekulartheorie,
indem er unter Element den einfachsten Teil der ersten
Materie versteht, welche sich von andern durch eigenartige
Qualität unterscheidet und in der materiellen Zusammensetzung
der Körper einen substanziellen Bestandteil ausmacht.1 Es ist
dies bereits die korpuskulare Auffassung der Materie, wie wir
sie in dieser Zeit bei den Physikern zur Geltung kommen
sehen. Auch in Bezug auf seine astronomischen Ansichten ist
d'Espagnet frei in seinem Urteil. Der Himmel ist nach ihm
nicht in Sphären geteilt (c. 237) und nicht von dem primum
mobile
umgeben (c. 238), sondern es gibt vielleicht mehrere
Welten im Universum, welche durch das mächtigste Band der
Liebe und Notwendigkeit untereinander, gleichsam wie durch
eine gewisse magnetische Eigenschaft verbunden sind (c. 241).
Die Erde ist eine Kugel unter den Gestirnen ebensogut wie
der Mond, und inmitten des Saales des Allerhöchsten steht die
Sonne als die ewige Leuchte der Welt (c. 243). In dieser
Hinsicht geht d'Espagnet über Gorlaeus hinaus, der an der
Ruhe der Erde im Weltzentrum festhielt.

1 C. 55. p. 37. Elementum naturae dici potest simplicissima materiae
primae portio, per propriam differentiam et quantitates distincta, partem
essentialem in materiali mixtorum compositione constituens.
Laßwitz. 22

D’Espagnet: Elemente. Universum.
zureihen. Er nimmt an, daß Sal aus verdichteter Luft| und
Wasser, Sulfur aus Erde und Luft, Mercurius aus Erde und
Wasser bestehe; es sind dies die drei allein möglichen Kom-
binationen der Elemente zu je zweien, und daher gibt es nur
jene drei Grundsubstanzen, welche bei allen Analysen wieder
erscheinen (c. 151). Da die Elemente bei d’Espagnet nicht
mehr die aristotelischen, sondern unveränderliche Substanzen
sind, so ist die Zusammensetzung der chemischen Grundsub-
stanzen aus denselben nicht als ein Rückschritt zu betrachten;
sie bezeichnet vielmehr eine Wendung zur Vorstellungsweise
der molekularen Zusammensetzung, so daß die Elemente sich
zu Verbindungen zusammenschließen, welche ihrerseits die
empirischen Grundstoffe repräsentieren. Bei einer so vorge-
schrittenen physikalischen Theorie, wie sie d’Espagnet gibt,
wundert es uns nicht mehr, daß er sich auch zu Gunsten der
Atome ausspricht und die atomistische Theorie für durchaus
nicht verwerflich erklärt (c. 153). Vielmehr lautet seine De-
finition des Elementes ganz im Sinne der Molekulartheorie,
indem er unter Element den einfachsten Teil der ersten
Materie versteht, welche sich von andern durch eigenartige
Qualität unterscheidet und in der materiellen Zusammensetzung
der Körper einen substanziellen Bestandteil ausmacht.1 Es ist
dies bereits die korpuskulare Auffassung der Materie, wie wir
sie in dieser Zeit bei den Physikern zur Geltung kommen
sehen. Auch in Bezug auf seine astronomischen Ansichten ist
d’Espagnet frei in seinem Urteil. Der Himmel ist nach ihm
nicht in Sphären geteilt (c. 237) und nicht von dem primum
mobile
umgeben (c. 238), sondern es gibt vielleicht mehrere
Welten im Universum, welche durch das mächtigste Band der
Liebe und Notwendigkeit untereinander, gleichsam wie durch
eine gewisse magnetische Eigenschaft verbunden sind (c. 241).
Die Erde ist eine Kugel unter den Gestirnen ebensogut wie
der Mond, und inmitten des Saales des Allerhöchsten steht die
Sonne als die ewige Leuchte der Welt (c. 243). In dieser
Hinsicht geht d’Espagnet über Gorlaeus hinaus, der an der
Ruhe der Erde im Weltzentrum festhielt.

1 C. 55. p. 37. Elementum naturae dici potest simplicissima materiae
primae portio, per propriam differentiam et quantitates distincta, partem
essentialem in materiali mixtorum compositione constituens.
Laßwitz. 22
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[337/0355] D’Espagnet: Elemente. Universum. zureihen. Er nimmt an, daß Sal aus verdichteter Luft| und Wasser, Sulfur aus Erde und Luft, Mercurius aus Erde und Wasser bestehe; es sind dies die drei allein möglichen Kom- binationen der Elemente zu je zweien, und daher gibt es nur jene drei Grundsubstanzen, welche bei allen Analysen wieder erscheinen (c. 151). Da die Elemente bei d’Espagnet nicht mehr die aristotelischen, sondern unveränderliche Substanzen sind, so ist die Zusammensetzung der chemischen Grundsub- stanzen aus denselben nicht als ein Rückschritt zu betrachten; sie bezeichnet vielmehr eine Wendung zur Vorstellungsweise der molekularen Zusammensetzung, so daß die Elemente sich zu Verbindungen zusammenschließen, welche ihrerseits die empirischen Grundstoffe repräsentieren. Bei einer so vorge- schrittenen physikalischen Theorie, wie sie d’Espagnet gibt, wundert es uns nicht mehr, daß er sich auch zu Gunsten der Atome ausspricht und die atomistische Theorie für durchaus nicht verwerflich erklärt (c. 153). Vielmehr lautet seine De- finition des Elementes ganz im Sinne der Molekulartheorie, indem er unter Element den einfachsten Teil der ersten Materie versteht, welche sich von andern durch eigenartige Qualität unterscheidet und in der materiellen Zusammensetzung der Körper einen substanziellen Bestandteil ausmacht. 1 Es ist dies bereits die korpuskulare Auffassung der Materie, wie wir sie in dieser Zeit bei den Physikern zur Geltung kommen sehen. Auch in Bezug auf seine astronomischen Ansichten ist d’Espagnet frei in seinem Urteil. Der Himmel ist nach ihm nicht in Sphären geteilt (c. 237) und nicht von dem primum mobile umgeben (c. 238), sondern es gibt vielleicht mehrere Welten im Universum, welche durch das mächtigste Band der Liebe und Notwendigkeit untereinander, gleichsam wie durch eine gewisse magnetische Eigenschaft verbunden sind (c. 241). Die Erde ist eine Kugel unter den Gestirnen ebensogut wie der Mond, und inmitten des Saales des Allerhöchsten steht die Sonne als die ewige Leuchte der Welt (c. 243). In dieser Hinsicht geht d’Espagnet über Gorlaeus hinaus, der an der Ruhe der Erde im Weltzentrum festhielt. 1 C. 55. p. 37. Elementum naturae dici potest simplicissima materiae primae portio, per propriam differentiam et quantitates distincta, partem essentialem in materiali mixtorum compositione constituens. Laßwitz. 22

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/355>, abgerufen am 25.11.2024.