Erster Abschnitt. Das Prinzip der inneren Entwickelung.
1. Der Neuplatonismus.
Vergeblich blieben die Versuche, die aristotelische Physik innerlich in widerspruchslosen Zusammenhang zu bringen; noch weniger konnte es glücken, die Übereinstimmung derselben mit den Thatsachen der fortschreitenden Naturbeobachtung herzustellen. Es bedurfte einer neuen Grundlegung der Natur- erkenntnis. Eine solche war nur möglich im Gegensatze zu Aristoteles und der Scholastik, sie mußte auf andere Quellen zurückgreifen und die vernachlässigten Keime zu entwickeln suchen, an welchen es im mittelalterlichen Denken nicht fehlte. Aber die Zwingburg des physikalischen Lehrgebäudes, wie es bisher bestand, mußte gebrochen werden, um den unterdrückten Bildungen Luft und Licht zu verschaffen.
In welcher Weise man in der Zeit, die den Namen der Renaissance führt, begann, von allen Seiten her durch ein kritischeres Zurückgehen auf die Alten und demnächst mit eigner, gestärkter Kraft an der überlieferten scholastischen Lehre zu rütteln, kann hier nicht genauer dargelegt werden. Um so aufmerksamer wird sich die Geschichte der Korpus- kulartheorie derjenigen Seite zuwenden müssen, auf welcher die Erneuerung der Physik gegen die Scholastik anstürmte und schließlich durch die Schöpfung einer exakten Natur- wissenschaft der entscheidende Schlag geführt wurde.
Erster Abschnitt. Das Prinzip der inneren Entwickelung.
1. Der Neuplatonismus.
Vergeblich blieben die Versuche, die aristotelische Physik innerlich in widerspruchslosen Zusammenhang zu bringen; noch weniger konnte es glücken, die Übereinstimmung derselben mit den Thatsachen der fortschreitenden Naturbeobachtung herzustellen. Es bedurfte einer neuen Grundlegung der Natur- erkenntnis. Eine solche war nur möglich im Gegensatze zu Aristoteles und der Scholastik, sie mußte auf andere Quellen zurückgreifen und die vernachlässigten Keime zu entwickeln suchen, an welchen es im mittelalterlichen Denken nicht fehlte. Aber die Zwingburg des physikalischen Lehrgebäudes, wie es bisher bestand, mußte gebrochen werden, um den unterdrückten Bildungen Luft und Licht zu verschaffen.
In welcher Weise man in der Zeit, die den Namen der Renaissance führt, begann, von allen Seiten her durch ein kritischeres Zurückgehen auf die Alten und demnächst mit eigner, gestärkter Kraft an der überlieferten scholastischen Lehre zu rütteln, kann hier nicht genauer dargelegt werden. Um so aufmerksamer wird sich die Geschichte der Korpus- kulartheorie derjenigen Seite zuwenden müssen, auf welcher die Erneuerung der Physik gegen die Scholastik anstürmte und schließlich durch die Schöpfung einer exakten Natur- wissenschaft der entscheidende Schlag geführt wurde.
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[[263]/0281]
Erster Abschnitt.
Das Prinzip der inneren Entwickelung.
1. Der Neuplatonismus.
Vergeblich blieben die Versuche, die aristotelische Physik
innerlich in widerspruchslosen Zusammenhang zu bringen; noch
weniger konnte es glücken, die Übereinstimmung derselben
mit den Thatsachen der fortschreitenden Naturbeobachtung
herzustellen. Es bedurfte einer neuen Grundlegung der Natur-
erkenntnis. Eine solche war nur möglich im Gegensatze zu
Aristoteles und der Scholastik, sie mußte auf andere Quellen
zurückgreifen und die vernachlässigten Keime zu entwickeln
suchen, an welchen es im mittelalterlichen Denken nicht fehlte.
Aber die Zwingburg des physikalischen Lehrgebäudes, wie es
bisher bestand, mußte gebrochen werden, um den unterdrückten
Bildungen Luft und Licht zu verschaffen.
In welcher Weise man in der Zeit, die den Namen der
Renaissance führt, begann, von allen Seiten her durch ein
kritischeres Zurückgehen auf die Alten und demnächst mit
eigner, gestärkter Kraft an der überlieferten scholastischen
Lehre zu rütteln, kann hier nicht genauer dargelegt werden.
Um so aufmerksamer wird sich die Geschichte der Korpus-
kulartheorie derjenigen Seite zuwenden müssen, auf welcher
die Erneuerung der Physik gegen die Scholastik anstürmte
und schließlich durch die Schöpfung einer exakten Natur-
wissenschaft der entscheidende Schlag geführt wurde.
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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. [263]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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