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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Das Indivisible als Form des Kontinuums.
der körperlichen Ausdehnung, welche unter der Kategorie der
Größe stehen, und bildet mit ihnen das Kontinuum. Die
Verbindung zwischen dem Indivisiblen und der
Größe zum Kontinuum erfolgt durch das Denk-
mittel der substanziellen Form
. Weiter konnte die
Scholastik den Begriff des Kontinuums nicht bewältigen. Es
ist nur noch ein Schritt zur Erfassung des Indivisiblen als der
unendlich kleinen Größe, welche das Kontinuum erzeugt, aber
dieser Schritt ist innerhalb des mittelalterlichen Denkens un-
möglich. Denn er erforderte für diesen Fall die Aufhebung
des Denkmittels, auf welchem die gesamte Wissenschaft be-
ruhte, der substanziellen Form. So lange das Indivisible
die Form, die quantitativen Teile der Ausdehnung die Ma-
terie
sind, und das Kontinuum aus der Vereinigung beider
entsteht, so lange kann nicht jene Form und jene Materie als
wesensgleich, das Kontinuum als aus dem Indivisiblen erwachsend
vorgestellt werden. Es ist eben eine Umgestaltung der ge-
samten Denkweise notwendig. Es wiederholt sich derselbe
Prozeß, wie beim physikalischen Körper. Zur quantitativ ge-
faßten Materie kommt die substanzielle Form, um den phy-
sischen Körper zu erzeugen.1 Ein Fortschritt zur Natur-
erklärung wird erst möglich, wenn die substanzielle Form sich
in den Bewegungscharakter der Materie auflöst. So sehen
wir die Lösung des Kontinuitätsproblems wie diejenige des
Problems des physischen Körpers an dieselbe Bedingung ge-
knüpft, an die Aufhebung des Begriffs der substanziellen For-
men und an die Gewinnung eines Mittels, den Begriff der Ver-
änderung eines gegebenen Dinges nicht durch den Zweck
dieser Veränderung, sondern durch die Natur der Verän-
derung
selbst zu fixieren. Im modernen Denken erfolgt die
Verbindung zwischen dem Indivisiblen und der Größe zum
Kontinuum durch den Begriff des Differenzials, die Ver-
bindung der individuellen Teile der quantitativ gegebenen
Materie zum physischen Körper durch den Begriff der Prin-
zipien der Mechanik,
deren gemeinsamer Ursprung aus

1 Thomas Aqu. Opusc. 33. Tom. XVII. p. 212(4). Sublata enim quantitate
substantia remanet indivisibilis. Ex materia autem sub quantitate existente et
forma substantiali adveniente corpus physicum constituitur.

Das Indivisible als Form des Kontinuums.
der körperlichen Ausdehnung, welche unter der Kategorie der
Größe stehen, und bildet mit ihnen das Kontinuum. Die
Verbindung zwischen dem Indivisiblen und der
Größe zum Kontinuum erfolgt durch das Denk-
mittel der substanziellen Form
. Weiter konnte die
Scholastik den Begriff des Kontinuums nicht bewältigen. Es
ist nur noch ein Schritt zur Erfassung des Indivisiblen als der
unendlich kleinen Größe, welche das Kontinuum erzeugt, aber
dieser Schritt ist innerhalb des mittelalterlichen Denkens un-
möglich. Denn er erforderte für diesen Fall die Aufhebung
des Denkmittels, auf welchem die gesamte Wissenschaft be-
ruhte, der substanziellen Form. So lange das Indivisible
die Form, die quantitativen Teile der Ausdehnung die Ma-
terie
sind, und das Kontinuum aus der Vereinigung beider
entsteht, so lange kann nicht jene Form und jene Materie als
wesensgleich, das Kontinuum als aus dem Indivisiblen erwachsend
vorgestellt werden. Es ist eben eine Umgestaltung der ge-
samten Denkweise notwendig. Es wiederholt sich derselbe
Prozeß, wie beim physikalischen Körper. Zur quantitativ ge-
faßten Materie kommt die substanzielle Form, um den phy-
sischen Körper zu erzeugen.1 Ein Fortschritt zur Natur-
erklärung wird erst möglich, wenn die substanzielle Form sich
in den Bewegungscharakter der Materie auflöst. So sehen
wir die Lösung des Kontinuitätsproblems wie diejenige des
Problems des physischen Körpers an dieselbe Bedingung ge-
knüpft, an die Aufhebung des Begriffs der substanziellen For-
men und an die Gewinnung eines Mittels, den Begriff der Ver-
änderung eines gegebenen Dinges nicht durch den Zweck
dieser Veränderung, sondern durch die Natur der Verän-
derung
selbst zu fixieren. Im modernen Denken erfolgt die
Verbindung zwischen dem Indivisiblen und der Größe zum
Kontinuum durch den Begriff des Differenzials, die Ver-
bindung der individuellen Teile der quantitativ gegebenen
Materie zum physischen Körper durch den Begriff der Prin-
zipien der Mechanik,
deren gemeinsamer Ursprung aus

1 Thomas Aqu. Opusc. 33. Tom. XVII. p. 212(4). Sublata enim quantitate
substantia remanet indivisibilis. Ex materia autem sub quantitate existente et
forma substantiali adveniente corpus physicum constituitur.
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[200/0218] Das Indivisible als Form des Kontinuums. der körperlichen Ausdehnung, welche unter der Kategorie der Größe stehen, und bildet mit ihnen das Kontinuum. Die Verbindung zwischen dem Indivisiblen und der Größe zum Kontinuum erfolgt durch das Denk- mittel der substanziellen Form. Weiter konnte die Scholastik den Begriff des Kontinuums nicht bewältigen. Es ist nur noch ein Schritt zur Erfassung des Indivisiblen als der unendlich kleinen Größe, welche das Kontinuum erzeugt, aber dieser Schritt ist innerhalb des mittelalterlichen Denkens un- möglich. Denn er erforderte für diesen Fall die Aufhebung des Denkmittels, auf welchem die gesamte Wissenschaft be- ruhte, der substanziellen Form. So lange das Indivisible die Form, die quantitativen Teile der Ausdehnung die Ma- terie sind, und das Kontinuum aus der Vereinigung beider entsteht, so lange kann nicht jene Form und jene Materie als wesensgleich, das Kontinuum als aus dem Indivisiblen erwachsend vorgestellt werden. Es ist eben eine Umgestaltung der ge- samten Denkweise notwendig. Es wiederholt sich derselbe Prozeß, wie beim physikalischen Körper. Zur quantitativ ge- faßten Materie kommt die substanzielle Form, um den phy- sischen Körper zu erzeugen. 1 Ein Fortschritt zur Natur- erklärung wird erst möglich, wenn die substanzielle Form sich in den Bewegungscharakter der Materie auflöst. So sehen wir die Lösung des Kontinuitätsproblems wie diejenige des Problems des physischen Körpers an dieselbe Bedingung ge- knüpft, an die Aufhebung des Begriffs der substanziellen For- men und an die Gewinnung eines Mittels, den Begriff der Ver- änderung eines gegebenen Dinges nicht durch den Zweck dieser Veränderung, sondern durch die Natur der Verän- derung selbst zu fixieren. Im modernen Denken erfolgt die Verbindung zwischen dem Indivisiblen und der Größe zum Kontinuum durch den Begriff des Differenzials, die Ver- bindung der individuellen Teile der quantitativ gegebenen Materie zum physischen Körper durch den Begriff der Prin- zipien der Mechanik, deren gemeinsamer Ursprung aus 1 Thomas Aqu. Opusc. 33. Tom. XVII. p. 212(4). Sublata enim quantitate substantia remanet indivisibilis. Ex materia autem sub quantitate existente et forma substantiali adveniente corpus physicum constituitur.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/218>, abgerufen am 27.11.2024.