Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.in tellectuellen und moralischen Mängeln, die ein solcher Zustand Der Mann sprach nicht immer so. Es gab eine Zeit, wo er herbe gegen die polemisirt hätte, Und was sagt der preußische Wirkliche Geheime? "So in tellectuellen und moraliſchen Mängeln, die ein ſolcher Zuſtand Der Mann ſprach nicht immer ſo. Es gab eine Zeit, wo er herbe gegen die polemiſirt hätte, Und was ſagt der preußiſche Wirkliche Geheime? „So <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0095" n="89"/> in tellectuellen und moraliſchen Mängeln, die ein ſolcher Zuſtand<lb/> mit ſich bringt — ohne eigene innere Hülfsquellen — ohne<lb/> Bildung, denn ſie können nicht beſſer gebildet, als ernährt<lb/> werden — ſelbſtſüchtig, denn ihr Unterhalt nimmt alle ihre<lb/> Gedanken in Anſpruch — ohne Jntereſſe und Selbſtgefühl als<lb/> Staatsbürger und Mitglieder der Geſellſchaft; dagegen mit dem<lb/> in ihren Gemüthern gährenden Gefühl des ihnen vermeintlich<lb/> widerfahrenen Unrechts hinſichtlich deſſen, was Andere beſitzen,<lb/> ſie aber entbehren — wenn ein ſolcher Zuſtand beſtimmt wäre,<lb/> ewig zu dauern, ſo wüßte ich nicht, wie Jemand, <hi rendition="#g">der ſeiner<lb/> Vernunft mächtig iſt, dazu kommen ſollte, ſich<lb/> weiter um die Beſtimmung des Menſchengeſchlechts<lb/> zu bekümmern.</hi> Die einzige Weisheit würde dann darin<lb/> beſtehen, mit <hi rendition="#g">epicuräiſcher Gleichgültigkeit</hi> für ſich<lb/> und diejenigen, für die man ein Jntereſſe empfindet, dem Leben<lb/> ſo viele perſönliche Befriedigung, als es ohne Beeinträchtigung<lb/> Anderer gewähren kann, abzugewinnen und das <hi rendition="#g">bedeutungs-<lb/> loſe Gewühl der ſogenannten civiliſirten Exi-<lb/> ſtenz unbeachtet vorüber gehen zu laſſen.</hi>“</p><lb/> <p>Der Mann ſprach nicht immer ſo.</p><lb/> <p>Es gab eine Zeit, wo er herbe gegen die polemiſirt hätte,<lb/> die ſo ſprachen; aber fortgeſetzte Studien und fortgeſetztes Nach-<lb/> denken haben ihn zu dieſer Erkenntniß gebracht.</p><lb/> <p>Und was ſagt der preußiſche Wirkliche Geheime? „So<lb/> ſchlich ſich — ſagt der Wirkliche Geheime Rath Hoffmann <hi rendition="#aq">p.</hi> 224<lb/> ſeiner nachgelaſſenen Schriften — unter allgemeinem Beifalle<lb/> der Wohlwollenden und Verſtändigen ein Mittel zur Ver-<lb/> minderung des Lohnſatzes für Handarbeit ein, deſſen Folgen<lb/><hi rendition="#g">Greuel der Entſittlichung</hi> wurden, welche allerdings<lb/> in ſolchem Umfange nur der neueſten Zeit angehören und<lb/> namentlich mit den Spinn- und Webemaſchinen zu ſolcher Aus-<lb/> dehnung gelangten, daß jetzt der größte Theil einiger vorzüglich<lb/> berühmten Fabrikorte darunter erliegt. Nur <hi rendition="#g">ſehr kräftige<lb/> Regierungen</hi> vermögen hier Einhalt zu thun und nur lang-<lb/> ſam fortſchreitend iſt eine Rückkehr zum Beſſern möglich. So<lb/> wie <hi rendition="#g">Großbritannien voranging auf dieſer ver-<lb/> derblichen Bahn,</hi> ſo beginnt es jetzt auch voranzugehen<lb/> durch <hi rendition="#g">Beſchränkungen</hi> der Befugniß, Kinder und Frauen<lb/> zu Fabrikarbeiten zu brauchen. Was bis jetzt hierin geſchah, iſt<lb/> allerdings noch <hi rendition="#g">bei weitem unzureichend,</hi> dem Uebel zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0095]
in tellectuellen und moraliſchen Mängeln, die ein ſolcher Zuſtand
mit ſich bringt — ohne eigene innere Hülfsquellen — ohne
Bildung, denn ſie können nicht beſſer gebildet, als ernährt
werden — ſelbſtſüchtig, denn ihr Unterhalt nimmt alle ihre
Gedanken in Anſpruch — ohne Jntereſſe und Selbſtgefühl als
Staatsbürger und Mitglieder der Geſellſchaft; dagegen mit dem
in ihren Gemüthern gährenden Gefühl des ihnen vermeintlich
widerfahrenen Unrechts hinſichtlich deſſen, was Andere beſitzen,
ſie aber entbehren — wenn ein ſolcher Zuſtand beſtimmt wäre,
ewig zu dauern, ſo wüßte ich nicht, wie Jemand, der ſeiner
Vernunft mächtig iſt, dazu kommen ſollte, ſich
weiter um die Beſtimmung des Menſchengeſchlechts
zu bekümmern. Die einzige Weisheit würde dann darin
beſtehen, mit epicuräiſcher Gleichgültigkeit für ſich
und diejenigen, für die man ein Jntereſſe empfindet, dem Leben
ſo viele perſönliche Befriedigung, als es ohne Beeinträchtigung
Anderer gewähren kann, abzugewinnen und das bedeutungs-
loſe Gewühl der ſogenannten civiliſirten Exi-
ſtenz unbeachtet vorüber gehen zu laſſen.“
Der Mann ſprach nicht immer ſo.
Es gab eine Zeit, wo er herbe gegen die polemiſirt hätte,
die ſo ſprachen; aber fortgeſetzte Studien und fortgeſetztes Nach-
denken haben ihn zu dieſer Erkenntniß gebracht.
Und was ſagt der preußiſche Wirkliche Geheime? „So
ſchlich ſich — ſagt der Wirkliche Geheime Rath Hoffmann p. 224
ſeiner nachgelaſſenen Schriften — unter allgemeinem Beifalle
der Wohlwollenden und Verſtändigen ein Mittel zur Ver-
minderung des Lohnſatzes für Handarbeit ein, deſſen Folgen
Greuel der Entſittlichung wurden, welche allerdings
in ſolchem Umfange nur der neueſten Zeit angehören und
namentlich mit den Spinn- und Webemaſchinen zu ſolcher Aus-
dehnung gelangten, daß jetzt der größte Theil einiger vorzüglich
berühmten Fabrikorte darunter erliegt. Nur ſehr kräftige
Regierungen vermögen hier Einhalt zu thun und nur lang-
ſam fortſchreitend iſt eine Rückkehr zum Beſſern möglich. So
wie Großbritannien voranging auf dieſer ver-
derblichen Bahn, ſo beginnt es jetzt auch voranzugehen
durch Beſchränkungen der Befugniß, Kinder und Frauen
zu Fabrikarbeiten zu brauchen. Was bis jetzt hierin geſchah, iſt
allerdings noch bei weitem unzureichend, dem Uebel zu
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