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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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stellen, wie war es möglich die Absicht zu diesem Verbrechen,
die doch ein unumgängliches Kriterium desselben bildet, bei mir
vorauszusetzen?

Wie? Es hat sich Jemand in einem faustischen Trieb
mit der zähesten, ernstesten Mühe durchgearbeitet von der Phi-
losophie der Griechen und dem römischen Rechte durch die ver-
schiedensten Fächer historischer Wissenschaft bis zur modernen
Nationalökonomie und Statistik, und Sie könnten im Ernste
glauben, er wolle diese ganze lange Bildung damit schließen,
dem Proletarier eine Brandfackel in die Hand zu
drücken?

Wie? Hat man so wenig Kenntniß und Einsicht in die
sittigende, civilisirende Macht der Wissenschaft, daß man dies
auch nur für möglich halten kann?

Sehen Sie denn nicht, daß Sie mit einer solchen Annahme
nicht nur mir, sondern sich selbst und der gesammten
Wissenschaft
zu nahe treten würden?

Was ist denn zuletzt an der Wissenschaft, wenn sie
nicht nothwendig eine ethische Richtung des Geistes erzeugte?
Was an der Sittlichkeit, wenn sie nicht ein nothwendiger Aus-
fluß wahrer Wissenschaft wäre? Die ganze Cultur wäre nichts
als Eine große Lüge und fortgefallen jedes Band, welches
die civilisirte Welt im Jnnersten zusammenhält, wenn die An-
nahme, zu der man Jhnen räth, auch nur denkbar wäre!

Das also kann ich nicht wollen!

Was will ich also, wenn ich mich mit einer friedlichen
Agitation an den Arbeiterstand wende und auf seine Ueber-
zeugung einzuwirken suche?

Jch fühle, daß es mir nothwendig ist, Jhnen mit zwei
Worten darüber Auskunft zu geben. Jch habe schon in meiner
Vertheidigungsrede erster Jnstanz darauf hingewiesen und
seitdem anderwärts weiter darüber Zeugniß abgelegt. Jch will
die freiwilligen Associationen der Arbeiter, aber ich will sie ver-
bunden mit dem allgemeinen Wahlrecht, denn ich will sie und
halte sie nur für möglich und wirksam unter der hülfreichen
civilisatorischen Aegide des Staates!

Dem Staate schreibe ich die hohe gewaltige Aufgabe
zu, die Keime des Menschlichen zu entwickeln, wie er dies, seit
dem die Geschichte steht, gethan hat und für alle Ewigkeit
thun wird, und als das Organ, das für Alle da ist, an

ſtellen, wie war es möglich die Abſicht zu dieſem Verbrechen,
die doch ein unumgängliches Kriterium deſſelben bildet, bei mir
vorauszuſetzen?

Wie? Es hat ſich Jemand in einem fauſtiſchen Trieb
mit der zäheſten, ernſteſten Mühe durchgearbeitet von der Phi-
loſophie der Griechen und dem römiſchen Rechte durch die ver-
ſchiedenſten Fächer hiſtoriſcher Wiſſenſchaft bis zur modernen
Nationalökonomie und Statiſtik, und Sie könnten im Ernſte
glauben, er wolle dieſe ganze lange Bildung damit ſchließen,
dem Proletarier eine Brandfackel in die Hand zu
drücken?

Wie? Hat man ſo wenig Kenntniß und Einſicht in die
ſittigende, civiliſirende Macht der Wiſſenſchaft, daß man dies
auch nur für möglich halten kann?

Sehen Sie denn nicht, daß Sie mit einer ſolchen Annahme
nicht nur mir, ſondern ſich ſelbſt und der geſammten
Wiſſenſchaft
zu nahe treten würden?

Was iſt denn zuletzt an der Wiſſenſchaft, wenn ſie
nicht nothwendig eine ethiſche Richtung des Geiſtes erzeugte?
Was an der Sittlichkeit, wenn ſie nicht ein nothwendiger Aus-
fluß wahrer Wiſſenſchaft wäre? Die ganze Cultur wäre nichts
als Eine große Lüge und fortgefallen jedes Band, welches
die civiliſirte Welt im Jnnerſten zuſammenhält, wenn die An-
nahme, zu der man Jhnen räth, auch nur denkbar wäre!

Das alſo kann ich nicht wollen!

Was will ich alſo, wenn ich mich mit einer friedlichen
Agitation an den Arbeiterſtand wende und auf ſeine Ueber-
zeugung einzuwirken ſuche?

Jch fühle, daß es mir nothwendig iſt, Jhnen mit zwei
Worten darüber Auskunft zu geben. Jch habe ſchon in meiner
Vertheidigungsrede erſter Jnſtanz darauf hingewieſen und
ſeitdem anderwärts weiter darüber Zeugniß abgelegt. Jch will
die freiwilligen Aſſociationen der Arbeiter, aber ich will ſie ver-
bunden mit dem allgemeinen Wahlrecht, denn ich will ſie und
halte ſie nur für möglich und wirkſam unter der hülfreichen
civiliſatoriſchen Aegide des Staates!

Dem Staate ſchreibe ich die hohe gewaltige Aufgabe
zu, die Keime des Menſchlichen zu entwickeln, wie er dies, ſeit
dem die Geſchichte ſteht, gethan hat und für alle Ewigkeit
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[135/0141] ſtellen, wie war es möglich die Abſicht zu dieſem Verbrechen, die doch ein unumgängliches Kriterium deſſelben bildet, bei mir vorauszuſetzen? Wie? Es hat ſich Jemand in einem fauſtiſchen Trieb mit der zäheſten, ernſteſten Mühe durchgearbeitet von der Phi- loſophie der Griechen und dem römiſchen Rechte durch die ver- ſchiedenſten Fächer hiſtoriſcher Wiſſenſchaft bis zur modernen Nationalökonomie und Statiſtik, und Sie könnten im Ernſte glauben, er wolle dieſe ganze lange Bildung damit ſchließen, dem Proletarier eine Brandfackel in die Hand zu drücken? Wie? Hat man ſo wenig Kenntniß und Einſicht in die ſittigende, civiliſirende Macht der Wiſſenſchaft, daß man dies auch nur für möglich halten kann? Sehen Sie denn nicht, daß Sie mit einer ſolchen Annahme nicht nur mir, ſondern ſich ſelbſt und der geſammten Wiſſenſchaft zu nahe treten würden? Was iſt denn zuletzt an der Wiſſenſchaft, wenn ſie nicht nothwendig eine ethiſche Richtung des Geiſtes erzeugte? Was an der Sittlichkeit, wenn ſie nicht ein nothwendiger Aus- fluß wahrer Wiſſenſchaft wäre? Die ganze Cultur wäre nichts als Eine große Lüge und fortgefallen jedes Band, welches die civiliſirte Welt im Jnnerſten zuſammenhält, wenn die An- nahme, zu der man Jhnen räth, auch nur denkbar wäre! Das alſo kann ich nicht wollen! Was will ich alſo, wenn ich mich mit einer friedlichen Agitation an den Arbeiterſtand wende und auf ſeine Ueber- zeugung einzuwirken ſuche? Jch fühle, daß es mir nothwendig iſt, Jhnen mit zwei Worten darüber Auskunft zu geben. Jch habe ſchon in meiner Vertheidigungsrede erſter Jnſtanz darauf hingewieſen und ſeitdem anderwärts weiter darüber Zeugniß abgelegt. Jch will die freiwilligen Aſſociationen der Arbeiter, aber ich will ſie ver- bunden mit dem allgemeinen Wahlrecht, denn ich will ſie und halte ſie nur für möglich und wirkſam unter der hülfreichen civiliſatoriſchen Aegide des Staates! Dem Staate ſchreibe ich die hohe gewaltige Aufgabe zu, die Keime des Menſchlichen zu entwickeln, wie er dies, ſeit dem die Geſchichte ſteht, gethan hat und für alle Ewigkeit thun wird, und als das Organ, das für Alle da iſt, an

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/141>, abgerufen am 23.11.2024.