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Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863.

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des ganzen bestehenden Finanz-Systems allein das Heil auf
diesem Gebiete des Staatslebens finden zu können glauben, so
wird ihm wenigstens die Anerkennung nicht versagt werden dür-
fen, daß er einen Fortschritt zum Bessern im Steuerwesen ent-
halte, namentlich mit Rücksicht auf die socialen Verhältnisse eine
richtigere Vertheilung der Staatslasten, als bis
jetzt stattfand,
zu erreichen sich bemühe, zugleich aber einen
Maßstab schaffe, nach welchem in Zukunft die politischen Rechte
der Staatsbürger, gegenüber dem Staat und der Gemeinde in
einer der Gerechtigkeit und den Jnteressen des Ganzen ent-
sprechenden Weise geordnet werden können."

Nach und nach werde sich hoffentlich die Möglichkeit er-
geben durch eine erweiterte Anwendung der directen Steuer --
ich citire wörtlich -- "mit der Ermäßigung und Aufhebung noch
mehrerer und zwar solcher Abgaben vorzuschreiten, welche den
Anforderungen an eine gleichmäßige, gerechte Ver-
theilung
der öffentlichen Lasten unter möglichster Erleichterung
der ärmeren Volksklassen für weniger entsprechend gehal-
ten werden müssen."

Die Staatsregierung begründet nun, warum vor allen
Dingen die Mahl- und Schlachtsteuer durch eine directe Steuer
zu ersetzen sei, und ich nehme Jhre besondere Aufmerksamkeit
für die jetzt folgenden Sätze in Anspruch.

"Es ist hierbei hauptsächlich hervorzuheben -- heißt es
in den Motiven der Königlichen Botschaft p. 8 -- wie sehr
durch die Mahl- und Schlachtsteuer in ihrer jetzigen Gestalt, ins-
besondere durch die erstere, der gemeine Mann gegen den
Wohlhabenden überbürdet wird." -- Ueberbürdet

wird, meine Herren! die Königliche Botschaft sagt es, wie ich es
sage. "Schon in der mehrerwähnten Denkschrift -- nämlich
der von 1847, heißt es weiter -- ist dieser Punkt besonders
geltend gemacht. Es sei hier gestattet, des Beispiels wegen
hervorzuheben, wie hoch sich diese Ueberlastung der ärmeren
Bevölkerung
-- Ueberlastung der ärmeren Bevölkerung!
die Königliche Botschaft sagt, wie ich es sage! -- in Berlin
gestaltet."

Die Staatsregierung zeigt nun, daß im Durchschnitt eine
Berliner Arbeiterfamilie von Mann, Frau und drei Kindern
1100 Pfd. oder 10 Ctr. Roggen im Jahre verzehre, wovon die
Mahlsteuer 2 Thlr. 15 Sgr. betrage.

des ganzen beſtehenden Finanz-Syſtems allein das Heil auf
dieſem Gebiete des Staatslebens finden zu können glauben, ſo
wird ihm wenigſtens die Anerkennung nicht verſagt werden dür-
fen, daß er einen Fortſchritt zum Beſſern im Steuerweſen ent-
halte, namentlich mit Rückſicht auf die ſocialen Verhältniſſe eine
richtigere Vertheilung der Staatslaſten, als bis
jetzt ſtattfand,
zu erreichen ſich bemühe, zugleich aber einen
Maßſtab ſchaffe, nach welchem in Zukunft die politiſchen Rechte
der Staatsbürger, gegenüber dem Staat und der Gemeinde in
einer der Gerechtigkeit und den Jntereſſen des Ganzen ent-
ſprechenden Weiſe geordnet werden können.“

Nach und nach werde ſich hoffentlich die Möglichkeit er-
geben durch eine erweiterte Anwendung der directen Steuer —
ich citire wörtlich — „mit der Ermäßigung und Aufhebung noch
mehrerer und zwar ſolcher Abgaben vorzuſchreiten, welche den
Anforderungen an eine gleichmäßige, gerechte Ver-
theilung
der öffentlichen Laſten unter möglichſter Erleichterung
der ärmeren Volksklaſſen für weniger entſprechend gehal-
ten werden müſſen.“

Die Staatsregierung begründet nun, warum vor allen
Dingen die Mahl- und Schlachtſteuer durch eine directe Steuer
zu erſetzen ſei, und ich nehme Jhre beſondere Aufmerkſamkeit
für die jetzt folgenden Sätze in Anſpruch.

„Es iſt hierbei hauptſächlich hervorzuheben — heißt es
in den Motiven der Königlichen Botſchaft p. 8 — wie ſehr
durch die Mahl- und Schlachtſteuer in ihrer jetzigen Geſtalt, ins-
beſondere durch die erſtere, der gemeine Mann gegen den
Wohlhabenden überbürdet wird.“ — Ueberbürdet

wird, meine Herren! die Königliche Botſchaft ſagt es, wie ich es
ſage. „Schon in der mehrerwähnten Denkſchrift — nämlich
der von 1847, heißt es weiter — iſt dieſer Punkt beſonders
geltend gemacht. Es ſei hier geſtattet, des Beiſpiels wegen
hervorzuheben, wie hoch ſich dieſe Ueberlaſtung der ärmeren
Bevölkerung
— Ueberlaſtung der ärmeren Bevölkerung!
die Königliche Botſchaft ſagt, wie ich es ſage! — in Berlin
geſtaltet.“

Die Staatsregierung zeigt nun, daß im Durchſchnitt eine
Berliner Arbeiterfamilie von Mann, Frau und drei Kindern
1100 Pfd. oder 10 Ctr. Roggen im Jahre verzehre, wovon die
Mahlſteuer 2 Thlr. 15 Sgr. betrage.

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[106/0112] des ganzen beſtehenden Finanz-Syſtems allein das Heil auf dieſem Gebiete des Staatslebens finden zu können glauben, ſo wird ihm wenigſtens die Anerkennung nicht verſagt werden dür- fen, daß er einen Fortſchritt zum Beſſern im Steuerweſen ent- halte, namentlich mit Rückſicht auf die ſocialen Verhältniſſe eine richtigere Vertheilung der Staatslaſten, als bis jetzt ſtattfand, zu erreichen ſich bemühe, zugleich aber einen Maßſtab ſchaffe, nach welchem in Zukunft die politiſchen Rechte der Staatsbürger, gegenüber dem Staat und der Gemeinde in einer der Gerechtigkeit und den Jntereſſen des Ganzen ent- ſprechenden Weiſe geordnet werden können.“ Nach und nach werde ſich hoffentlich die Möglichkeit er- geben durch eine erweiterte Anwendung der directen Steuer — ich citire wörtlich — „mit der Ermäßigung und Aufhebung noch mehrerer und zwar ſolcher Abgaben vorzuſchreiten, welche den Anforderungen an eine gleichmäßige, gerechte Ver- theilung der öffentlichen Laſten unter möglichſter Erleichterung der ärmeren Volksklaſſen für weniger entſprechend gehal- ten werden müſſen.“ Die Staatsregierung begründet nun, warum vor allen Dingen die Mahl- und Schlachtſteuer durch eine directe Steuer zu erſetzen ſei, und ich nehme Jhre beſondere Aufmerkſamkeit für die jetzt folgenden Sätze in Anſpruch. „Es iſt hierbei hauptſächlich hervorzuheben — heißt es in den Motiven der Königlichen Botſchaft p. 8 — wie ſehr durch die Mahl- und Schlachtſteuer in ihrer jetzigen Geſtalt, ins- beſondere durch die erſtere, der gemeine Mann gegen den Wohlhabenden überbürdet wird.“ — Ueberbürdet wird, meine Herren! die Königliche Botſchaft ſagt es, wie ich es ſage. „Schon in der mehrerwähnten Denkſchrift — nämlich der von 1847, heißt es weiter — iſt dieſer Punkt beſonders geltend gemacht. Es ſei hier geſtattet, des Beiſpiels wegen hervorzuheben, wie hoch ſich dieſe Ueberlaſtung der ärmeren Bevölkerung — Ueberlaſtung der ärmeren Bevölkerung! die Königliche Botſchaft ſagt, wie ich es ſage! — in Berlin geſtaltet.“ Die Staatsregierung zeigt nun, daß im Durchſchnitt eine Berliner Arbeiterfamilie von Mann, Frau und drei Kindern 1100 Pfd. oder 10 Ctr. Roggen im Jahre verzehre, wovon die Mahlſteuer 2 Thlr. 15 Sgr. betrage.

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Zitationshilfe: Lassalle, Ferdinand: Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen. Zürich, 1863, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lassalle_steuer_1863/112>, abgerufen am 04.12.2024.