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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Sie ernährt und kleidet sie, schafft Bü-
cher und Arbeitsvorrath an; nicht eine
Stunde versäumt sie, und hört meinen
Unterricht mit vieler Zufriedenheit; manch-
mal vergießt sie Thränen, oder drückt mir
die Hände, und wohl zwanzigmal nickt
sie mir den freundlichsten Beyfall zu. So
oft es geschieht, fällt ein Strahl von
Freude in mein Herz. Es ist angenehm
um sein selbst Willen geliebt zu werden!
Und nun hab' ich einen Gedanken, Emi-
lia; aber ihr Mann muß mir ihn ausar-
beiten helfen.

Madam Hills hat eine Art von Stolz,
aber er ist edel und wohlthätig. Sie
möchte ihr großes Vermögen zu einer
ewig daurenden Stiftung verwenden;
aber sie sagt, es müßte eine Stiftung seyn,
die ganz neu wäre, und die ihr Ehre und
Segen brächte; und sie will, daß ich auf
etwas sinne. -- -- Könnte itzt nicht
meine kleine Mädchenschule der Anlaß dazu
werden, ein Gesindhaus zu stiften, wor-
inn arme Mädchen zu guten und geschick-
ten Dienstmädchen gezogen würden? Jch

wollte
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Sie ernaͤhrt und kleidet ſie, ſchafft Buͤ-
cher und Arbeitsvorrath an; nicht eine
Stunde verſaͤumt ſie, und hoͤrt meinen
Unterricht mit vieler Zufriedenheit; manch-
mal vergießt ſie Thraͤnen, oder druͤckt mir
die Haͤnde, und wohl zwanzigmal nickt
ſie mir den freundlichſten Beyfall zu. So
oft es geſchieht, faͤllt ein Strahl von
Freude in mein Herz. Es iſt angenehm
um ſein ſelbſt Willen geliebt zu werden!
Und nun hab’ ich einen Gedanken, Emi-
lia; aber ihr Mann muß mir ihn ausar-
beiten helfen.

Madam Hills hat eine Art von Stolz,
aber er iſt edel und wohlthaͤtig. Sie
moͤchte ihr großes Vermoͤgen zu einer
ewig daurenden Stiftung verwenden;
aber ſie ſagt, es muͤßte eine Stiftung ſeyn,
die ganz neu waͤre, und die ihr Ehre und
Segen braͤchte; und ſie will, daß ich auf
etwas ſinne. — — Koͤnnte itzt nicht
meine kleine Maͤdchenſchule der Anlaß dazu
werden, ein Geſindhaus zu ſtiften, wor-
inn arme Maͤdchen zu guten und geſchick-
ten Dienſtmaͤdchen gezogen wuͤrden? Jch

wollte
E 5
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[57[73]/0079] Sie ernaͤhrt und kleidet ſie, ſchafft Buͤ- cher und Arbeitsvorrath an; nicht eine Stunde verſaͤumt ſie, und hoͤrt meinen Unterricht mit vieler Zufriedenheit; manch- mal vergießt ſie Thraͤnen, oder druͤckt mir die Haͤnde, und wohl zwanzigmal nickt ſie mir den freundlichſten Beyfall zu. So oft es geſchieht, faͤllt ein Strahl von Freude in mein Herz. Es iſt angenehm um ſein ſelbſt Willen geliebt zu werden! Und nun hab’ ich einen Gedanken, Emi- lia; aber ihr Mann muß mir ihn ausar- beiten helfen. Madam Hills hat eine Art von Stolz, aber er iſt edel und wohlthaͤtig. Sie moͤchte ihr großes Vermoͤgen zu einer ewig daurenden Stiftung verwenden; aber ſie ſagt, es muͤßte eine Stiftung ſeyn, die ganz neu waͤre, und die ihr Ehre und Segen braͤchte; und ſie will, daß ich auf etwas ſinne. — — Koͤnnte itzt nicht meine kleine Maͤdchenſchule der Anlaß dazu werden, ein Geſindhaus zu ſtiften, wor- inn arme Maͤdchen zu guten und geſchick- ten Dienſtmaͤdchen gezogen wuͤrden? Jch wollte E 5

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 57[73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/79>, abgerufen am 22.11.2024.