"ihre Hand, sie aber, weil sie die Liebe "nicht für mich gefühlt habe, welcher "sie mich versichert, hätte mein Herz "betrogen; und nun schenke ich ihr ihre "volle Freyheit wieder.
Jch schickte den Kerl ab, und gieng nach B. bey meiner Tänzerinn ein ohn- fehlbares Mittel gegen alle Gattungen von unruhigen Gedanken zu suchen; auch gab sie mir einen guten Theil meiner Munterkeit wieder.
Mein Bruder könnte zu keiner geleg- nern Zeit gestorben seyn, als itzt. Mei- ne Gelder wurden seltner geschickt, und dieser närrische Roman war ein wenig kostbar; doch, sie verdiente alles. Hätte sie mich nur geliebt, und ihre Schwärme- rey abgeschworen! -- Jch war närrisch genug, mich meinen Brief gereun zu las- sen, und ließ vor zween Tagen nach ihr fragen; aber weg war sie; und alles wohl erwogen, hat sie recht daran ge- than; wir können und sollen uns nicht mehr sehen. Jhre Briefe, ihr Bildniß hab ich zerrissen, wie sie meinen Wechsel;
aber
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„ihre Hand, ſie aber, weil ſie die Liebe „nicht fuͤr mich gefuͤhlt habe, welcher „ſie mich verſichert, haͤtte mein Herz „betrogen; und nun ſchenke ich ihr ihre „volle Freyheit wieder.
Jch ſchickte den Kerl ab, und gieng nach B. bey meiner Taͤnzerinn ein ohn- fehlbares Mittel gegen alle Gattungen von unruhigen Gedanken zu ſuchen; auch gab ſie mir einen guten Theil meiner Munterkeit wieder.
Mein Bruder koͤnnte zu keiner geleg- nern Zeit geſtorben ſeyn, als itzt. Mei- ne Gelder wurden ſeltner geſchickt, und dieſer naͤrriſche Roman war ein wenig koſtbar; doch, ſie verdiente alles. Haͤtte ſie mich nur geliebt, und ihre Schwaͤrme- rey abgeſchworen! — Jch war naͤrriſch genug, mich meinen Brief gereun zu laſ- ſen, und ließ vor zween Tagen nach ihr fragen; aber weg war ſie; und alles wohl erwogen, hat ſie recht daran ge- than; wir koͤnnen und ſollen uns nicht mehr ſehen. Jhre Briefe, ihr Bildniß hab ich zerriſſen, wie ſie meinen Wechſel;
aber
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„ihre Hand, ſie aber, weil ſie die Liebe
„nicht fuͤr mich gefuͤhlt habe, welcher
„ſie mich verſichert, haͤtte mein Herz
„betrogen; und nun ſchenke ich ihr ihre
„volle Freyheit wieder.
Jch ſchickte den Kerl ab, und gieng
nach B. bey meiner Taͤnzerinn ein ohn-
fehlbares Mittel gegen alle Gattungen
von unruhigen Gedanken zu ſuchen; auch
gab ſie mir einen guten Theil meiner
Munterkeit wieder.
Mein Bruder koͤnnte zu keiner geleg-
nern Zeit geſtorben ſeyn, als itzt. Mei-
ne Gelder wurden ſeltner geſchickt, und
dieſer naͤrriſche Roman war ein wenig
koſtbar; doch, ſie verdiente alles. Haͤtte
ſie mich nur geliebt, und ihre Schwaͤrme-
rey abgeſchworen! — Jch war naͤrriſch
genug, mich meinen Brief gereun zu laſ-
ſen, und ließ vor zween Tagen nach ihr
fragen; aber weg war ſie; und alles
wohl erwogen, hat ſie recht daran ge-
than; wir koͤnnen und ſollen uns nicht
mehr ſehen. Jhre Briefe, ihr Bildniß
hab ich zerriſſen, wie ſie meinen Wechſel;
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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