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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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gung ihres Ehrgeizes bedacht war! denn
sie vergiftete alle Tage ihres Besitzes durch
diese Erinnerung, welcher sie alle mögli-
che Wendungen gab, so gar, daß sie mich
versicherte, sie würde mich erst in Florenz
lieben können. Sie vergiftete, sagt' ich,
dir mein Glück, aber auch zugleich mein
Herz, welches närrisch genug war, sich
zuweilen meine falsche Heurath gereuen
zu lassen, und sehr oft ihre Partie wider
mich ergriff. Jn der dritten Woche fraß
das Uebel um sich. Jch hatte ihr engli-
sche Schriften gegeben, die mit dem feu-
rigsten und lebendigsten Gemählden der
Wollust angefüllt waren. Jch hoffte,
daß einige Funken davon, die entzündbare
Seite ihrer Einbildungskraft treffen soll-
ten: aber ihre widersinnige Tugend ver-
brannte meine Bücher, ohne ihr mehr zu
erlauben, als sie durchzublättern, und zu
verdammen. Der Verlust der Bücher,
und meiner Hoffnung brachte einen klei-
nen Ausfall von Unmuth hervor, den sie
mit gelassener Tapferkeit aushielt. Zween
Tage hernach, kam ich an ihren Nacht-

tisch


gung ihres Ehrgeizes bedacht war! denn
ſie vergiftete alle Tage ihres Beſitzes durch
dieſe Erinnerung, welcher ſie alle moͤgli-
che Wendungen gab, ſo gar, daß ſie mich
verſicherte, ſie wuͤrde mich erſt in Florenz
lieben koͤnnen. Sie vergiftete, ſagt’ ich,
dir mein Gluͤck, aber auch zugleich mein
Herz, welches naͤrriſch genug war, ſich
zuweilen meine falſche Heurath gereuen
zu laſſen, und ſehr oft ihre Partie wider
mich ergriff. Jn der dritten Woche fraß
das Uebel um ſich. Jch hatte ihr engli-
ſche Schriften gegeben, die mit dem feu-
rigſten und lebendigſten Gemaͤhlden der
Wolluſt angefuͤllt waren. Jch hoffte,
daß einige Funken davon, die entzuͤndbare
Seite ihrer Einbildungskraft treffen ſoll-
ten: aber ihre widerſinnige Tugend ver-
brannte meine Buͤcher, ohne ihr mehr zu
erlauben, als ſie durchzublaͤttern, und zu
verdammen. Der Verluſt der Buͤcher,
und meiner Hoffnung brachte einen klei-
nen Ausfall von Unmuth hervor, den ſie
mit gelaſſener Tapferkeit aushielt. Zween
Tage hernach, kam ich an ihren Nacht-

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[40/0046] gung ihres Ehrgeizes bedacht war! denn ſie vergiftete alle Tage ihres Beſitzes durch dieſe Erinnerung, welcher ſie alle moͤgli- che Wendungen gab, ſo gar, daß ſie mich verſicherte, ſie wuͤrde mich erſt in Florenz lieben koͤnnen. Sie vergiftete, ſagt’ ich, dir mein Gluͤck, aber auch zugleich mein Herz, welches naͤrriſch genug war, ſich zuweilen meine falſche Heurath gereuen zu laſſen, und ſehr oft ihre Partie wider mich ergriff. Jn der dritten Woche fraß das Uebel um ſich. Jch hatte ihr engli- ſche Schriften gegeben, die mit dem feu- rigſten und lebendigſten Gemaͤhlden der Wolluſt angefuͤllt waren. Jch hoffte, daß einige Funken davon, die entzuͤndbare Seite ihrer Einbildungskraft treffen ſoll- ten: aber ihre widerſinnige Tugend ver- brannte meine Buͤcher, ohne ihr mehr zu erlauben, als ſie durchzublaͤttern, und zu verdammen. Der Verluſt der Buͤcher, und meiner Hoffnung brachte einen klei- nen Ausfall von Unmuth hervor, den ſie mit gelaſſener Tapferkeit aushielt. Zween Tage hernach, kam ich an ihren Nacht- tiſch

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/46>, abgerufen am 24.11.2024.