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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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waren, durch welche ich hier und da einzel-
ne Theile von Vergnügen erreichte, sollen
dem Dienst der Menschenliebe geweyhet
seyn, sie zum Glück derer, die um mich leben
und zu Ausspähung jedes kleinen, jedes
verborgenen Jammers meiner Nebenmen-
schen zu verwenden, um bald große, bald
kleine liebreiche Hülfe ausfindig zu machen.
Kenntnisse des Geistes, Güte des Her-
zens
-- die Erfahrung hat mir bis an
dem Rande meines Grabes bewiesen, daß
ihr allein unsere wahre irrdische Glückse-
lichkeit ausmachet! An euch stützte meine
Seele sich, als der Kummer sie der Ver-
zweiflung zuführen wollte; Jhr sollt die
Pfeiler meines Glücks werden; auf euch
will ich in der Ruhe des Wohlseyns mich
lehnen, und die ewige Güte bitten, mich
fähig zu machen, an der Seite meines
edelmüthigen menschenfreundlichen Ge-
mahls ein Beyspiel wohlverwendeter Ge-
walt und Reichthümer zu werden! --

Sie sehen, meine Freundinn, daß alle
meine Bedenklichkeiten meinen Empfin-
dungen weichen mußten. Jch sah das

Ver-

waren, durch welche ich hier und da einzel-
ne Theile von Vergnuͤgen erreichte, ſollen
dem Dienſt der Menſchenliebe geweyhet
ſeyn, ſie zum Gluͤck derer, die um mich leben
und zu Ausſpaͤhung jedes kleinen, jedes
verborgenen Jammers meiner Nebenmen-
ſchen zu verwenden, um bald große, bald
kleine liebreiche Huͤlfe ausfindig zu machen.
Kenntniſſe des Geiſtes, Guͤte des Her-
zens
— die Erfahrung hat mir bis an
dem Rande meines Grabes bewieſen, daß
ihr allein unſere wahre irrdiſche Gluͤckſe-
lichkeit ausmachet! An euch ſtuͤtzte meine
Seele ſich, als der Kummer ſie der Ver-
zweiflung zufuͤhren wollte; Jhr ſollt die
Pfeiler meines Gluͤcks werden; auf euch
will ich in der Ruhe des Wohlſeyns mich
lehnen, und die ewige Guͤte bitten, mich
faͤhig zu machen, an der Seite meines
edelmuͤthigen menſchenfreundlichen Ge-
mahls ein Beyſpiel wohlverwendeter Ge-
walt und Reichthuͤmer zu werden! —

Sie ſehen, meine Freundinn, daß alle
meine Bedenklichkeiten meinen Empfin-
dungen weichen mußten. Jch ſah das

Ver-
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[294/0300] waren, durch welche ich hier und da einzel- ne Theile von Vergnuͤgen erreichte, ſollen dem Dienſt der Menſchenliebe geweyhet ſeyn, ſie zum Gluͤck derer, die um mich leben und zu Ausſpaͤhung jedes kleinen, jedes verborgenen Jammers meiner Nebenmen- ſchen zu verwenden, um bald große, bald kleine liebreiche Huͤlfe ausfindig zu machen. Kenntniſſe des Geiſtes, Guͤte des Her- zens — die Erfahrung hat mir bis an dem Rande meines Grabes bewieſen, daß ihr allein unſere wahre irrdiſche Gluͤckſe- lichkeit ausmachet! An euch ſtuͤtzte meine Seele ſich, als der Kummer ſie der Ver- zweiflung zufuͤhren wollte; Jhr ſollt die Pfeiler meines Gluͤcks werden; auf euch will ich in der Ruhe des Wohlſeyns mich lehnen, und die ewige Guͤte bitten, mich faͤhig zu machen, an der Seite meines edelmuͤthigen menſchenfreundlichen Ge- mahls ein Beyſpiel wohlverwendeter Ge- walt und Reichthuͤmer zu werden! — Sie ſehen, meine Freundinn, daß alle meine Bedenklichkeiten meinen Empfin- dungen weichen mußten. Jch ſah das Ver-

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/300>, abgerufen am 22.11.2024.