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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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von seiner würdigen Mutter als die Be-
lohnung ihrer geübten Tugenden ange-
sehen. Meine schwesterliche Freundschaft
gießt Zufriedenheit in das große aber sehr
empfindliche Herz meines geliebten Lords
Rich. Lord Seymour hat weitläuftige
Güther; er ist reich, und hat mir eine
unumschränkte Gewalt zum Wohlthun
gegeben. O mein Kind, es war gut,
daß alle meine Empfindungen durch wi-
drige Begebenheiten aufgeweckt und ge-
prüft wurden; ich bin um so viel fähiger
geworden, jeden Tropfen meines Maaßes
von Glückseligkeit zu schmecken. Sie
wissen, daß ich Gott dankte, daß er in
meinem Elende mir den Gebrauch meiner
Talente zu Verminderung desselben gelas-
sen hatte, und meinem Herzen die Freude
nicht entzog, wohlthätig zu seyn. Jch
fühle nun mit aller Stärke die verdoppel-
ten Pflichten des Glücklichen; Nun muß
meine Gelassenheit, Demuth, und meine
Unterwerfung zur Dankbegierde werden.
Meine Kenntnisse, die die Stütze meiner
leidenden Eigenliebe und die Hülfsmittel

waren,
T 3

von ſeiner wuͤrdigen Mutter als die Be-
lohnung ihrer geuͤbten Tugenden ange-
ſehen. Meine ſchweſterliche Freundſchaft
gießt Zufriedenheit in das große aber ſehr
empfindliche Herz meines geliebten Lords
Rich. Lord Seymour hat weitlaͤuftige
Guͤther; er iſt reich, und hat mir eine
unumſchraͤnkte Gewalt zum Wohlthun
gegeben. O mein Kind, es war gut,
daß alle meine Empfindungen durch wi-
drige Begebenheiten aufgeweckt und ge-
pruͤft wurden; ich bin um ſo viel faͤhiger
geworden, jeden Tropfen meines Maaßes
von Gluͤckſeligkeit zu ſchmecken. Sie
wiſſen, daß ich Gott dankte, daß er in
meinem Elende mir den Gebrauch meiner
Talente zu Verminderung deſſelben gelaſ-
ſen hatte, und meinem Herzen die Freude
nicht entzog, wohlthaͤtig zu ſeyn. Jch
fuͤhle nun mit aller Staͤrke die verdoppel-
ten Pflichten des Gluͤcklichen; Nun muß
meine Gelaſſenheit, Demuth, und meine
Unterwerfung zur Dankbegierde werden.
Meine Kenntniſſe, die die Stuͤtze meiner
leidenden Eigenliebe und die Huͤlfsmittel

waren,
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[293/0299] von ſeiner wuͤrdigen Mutter als die Be- lohnung ihrer geuͤbten Tugenden ange- ſehen. Meine ſchweſterliche Freundſchaft gießt Zufriedenheit in das große aber ſehr empfindliche Herz meines geliebten Lords Rich. Lord Seymour hat weitlaͤuftige Guͤther; er iſt reich, und hat mir eine unumſchraͤnkte Gewalt zum Wohlthun gegeben. O mein Kind, es war gut, daß alle meine Empfindungen durch wi- drige Begebenheiten aufgeweckt und ge- pruͤft wurden; ich bin um ſo viel faͤhiger geworden, jeden Tropfen meines Maaßes von Gluͤckſeligkeit zu ſchmecken. Sie wiſſen, daß ich Gott dankte, daß er in meinem Elende mir den Gebrauch meiner Talente zu Verminderung deſſelben gelaſ- ſen hatte, und meinem Herzen die Freude nicht entzog, wohlthaͤtig zu ſeyn. Jch fuͤhle nun mit aller Staͤrke die verdoppel- ten Pflichten des Gluͤcklichen; Nun muß meine Gelaſſenheit, Demuth, und meine Unterwerfung zur Dankbegierde werden. Meine Kenntniſſe, die die Stuͤtze meiner leidenden Eigenliebe und die Huͤlfsmittel waren, T 3

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/299>, abgerufen am 25.11.2024.