derwillen schützen, den mir meine Nachläs- sigkeit zuzog! -- o Sternheim, Stern- heim! was soll aus mir werden, wenn ich in dem Augenblicke der Freude, sie wieder gefunden zu haben, Jhren Un- muth auf mir liegen sehe? Gönnen Sie mir, o, gönnen Sie mir nur Einen güti- gen Blick. -- Mit dem Anblick eines Engels und der ganzen Würde der sich fühlenden Tugend, richtete Lady Stern- heim sich auf, reichte erröthend meinem Bruder die Hand, und mit gedämpfter Stimme sagte Sie: stehen Sie auf, Lord Seymour, ich versichere Sie, daß ich nicht den geringsten Unmuth über Sie habe; und, seufzend setzte sie hinzu, wo wäre mein Recht dazu gewesen? -- Feurig zärtlich küßte er ihre Hand; meine Augen sanken zur Erde; aber sie näherte sich mir mit freundschaftlichen Blicken, nahm meine Hand: -- Theurer Lord! was für Freundschaft! wie haben Sie mich finden können? Hat Lady Summers es Jhnen gesagt? -- was macht sie, meine liebreiche Mutter? -- Jch küßte die Hand auch, die sie mir gegeben hatte;
Lady
derwillen ſchuͤtzen, den mir meine Nachlaͤſ- ſigkeit zuzog! — o Sternheim, Stern- heim! was ſoll aus mir werden, wenn ich in dem Augenblicke der Freude, ſie wieder gefunden zu haben, Jhren Un- muth auf mir liegen ſehe? Goͤnnen Sie mir, o, goͤnnen Sie mir nur Einen guͤti- gen Blick. — Mit dem Anblick eines Engels und der ganzen Wuͤrde der ſich fuͤhlenden Tugend, richtete Lady Stern- heim ſich auf, reichte erroͤthend meinem Bruder die Hand, und mit gedaͤmpfter Stimme ſagte Sie: ſtehen Sie auf, Lord Seymour, ich verſichere Sie, daß ich nicht den geringſten Unmuth uͤber Sie habe; und, ſeufzend ſetzte ſie hinzu, wo waͤre mein Recht dazu geweſen? — Feurig zaͤrtlich kuͤßte er ihre Hand; meine Augen ſanken zur Erde; aber ſie naͤherte ſich mir mit freundſchaftlichen Blicken, nahm meine Hand: — Theurer Lord! was fuͤr Freundſchaft! wie haben Sie mich finden koͤnnen? Hat Lady Summers es Jhnen geſagt? — was macht ſie, meine liebreiche Mutter? — Jch kuͤßte die Hand auch, die ſie mir gegeben hatte;
Lady
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derwillen ſchuͤtzen, den mir meine Nachlaͤſ-
ſigkeit zuzog! — o Sternheim, Stern-
heim! was ſoll aus mir werden, wenn
ich in dem Augenblicke der Freude, ſie
wieder gefunden zu haben, Jhren Un-
muth auf mir liegen ſehe? Goͤnnen Sie
mir, o, goͤnnen Sie mir nur Einen guͤti-
gen Blick. — Mit dem Anblick eines
Engels und der ganzen Wuͤrde der ſich
fuͤhlenden Tugend, richtete Lady Stern-
heim ſich auf, reichte erroͤthend meinem
Bruder die Hand, und mit gedaͤmpfter
Stimme ſagte Sie: ſtehen Sie auf,
Lord Seymour, ich verſichere Sie, daß
ich nicht den geringſten Unmuth uͤber
Sie habe; und, ſeufzend ſetzte ſie hinzu,
wo waͤre mein Recht dazu geweſen? —
Feurig zaͤrtlich kuͤßte er ihre Hand; meine
Augen ſanken zur Erde; aber ſie naͤherte
ſich mir mit freundſchaftlichen Blicken,
nahm meine Hand: — Theurer Lord!
was fuͤr Freundſchaft! wie haben Sie
mich finden koͤnnen? Hat Lady Summers
es Jhnen geſagt? — was macht ſie,
meine liebreiche Mutter? — Jch kuͤßte
die Hand auch, die ſie mir gegeben hatte;
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/282>, abgerufen am 25.11.2024.
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