Was ich von meinem geliebten Vater habe, davon soll die Hälfte zu Erziehung armer Kinder gewidmet seyn. Einen Theil der andern Hälfte gebe ich Jhren Kindern und meiner Freundinn Rosina. Von dem andern Theil soll meinen armen hiesigen Hauswirthen tausend Thaler, und der unglücklichen Lidy auch so viel gegeben, von dem Ueberrest aber, mir zu den Füssen der Grabmäler meiner Aeltern, ein Grabstein errichtet werden, mit der simplen Aufschrift:
Zum Andenken ihrer nicht unwürdigen Tochter, Sophia von Sternheim --
Jch will hier unter dem Baume begra- ben werden, an dessen Fuß ich dieses Frühjahr oft gekniet, und Gott um Ge- duld angeflehet habe. Hier, wo mein Geist gemartert wurde, soll mein Leib verwesen. Es ist auch mütterliche Erde, die mich decken wird; bis ich einst in verklärter Gestalt unter den Reihen der Tugendhaften treten, und auch Sie, meine Emilia, wiedersehen werde. Rette
indes-
Was ich von meinem geliebten Vater habe, davon ſoll die Haͤlfte zu Erziehung armer Kinder gewidmet ſeyn. Einen Theil der andern Haͤlfte gebe ich Jhren Kindern und meiner Freundinn Roſina. Von dem andern Theil ſoll meinen armen hieſigen Hauswirthen tauſend Thaler, und der ungluͤcklichen Lidy auch ſo viel gegeben, von dem Ueberreſt aber, mir zu den Fuͤſſen der Grabmaͤler meiner Aeltern, ein Grabſtein errichtet werden, mit der ſimplen Aufſchrift:
Zum Andenken ihrer nicht unwuͤrdigen Tochter, Sophia von Sternheim —
Jch will hier unter dem Baume begra- ben werden, an deſſen Fuß ich dieſes Fruͤhjahr oft gekniet, und Gott um Ge- duld angeflehet habe. Hier, wo mein Geiſt gemartert wurde, ſoll mein Leib verweſen. Es iſt auch muͤtterliche Erde, die mich decken wird; bis ich einſt in verklaͤrter Geſtalt unter den Reihen der Tugendhaften treten, und auch Sie, meine Emilia, wiederſehen werde. Rette
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[244/0250]
Was ich von meinem geliebten Vater
habe, davon ſoll die Haͤlfte zu Erziehung
armer Kinder gewidmet ſeyn. Einen
Theil der andern Haͤlfte gebe ich Jhren
Kindern und meiner Freundinn Roſina.
Von dem andern Theil ſoll meinen armen
hieſigen Hauswirthen tauſend Thaler,
und der ungluͤcklichen Lidy auch ſo viel
gegeben, von dem Ueberreſt aber, mir zu
den Fuͤſſen der Grabmaͤler meiner Aeltern,
ein Grabſtein errichtet werden, mit der
ſimplen Aufſchrift:
Zum Andenken ihrer nicht unwuͤrdigen
Tochter, Sophia von Sternheim —
Jch will hier unter dem Baume begra-
ben werden, an deſſen Fuß ich dieſes
Fruͤhjahr oft gekniet, und Gott um Ge-
duld angeflehet habe. Hier, wo mein
Geiſt gemartert wurde, ſoll mein Leib
verweſen. Es iſt auch muͤtterliche Erde,
die mich decken wird; bis ich einſt in
verklaͤrter Geſtalt unter den Reihen der
Tugendhaften treten, und auch Sie,
meine Emilia, wiederſehen werde. Rette
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/250>, abgerufen am 22.11.2024.
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