abhängig war, und besorgte daher bey der geringsten Bewegung gar in einen Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver- zweiflung meinen Geist aufgegeben hätte. Mein Jammer und die Empfindungen, die ich davon hatte, ist nicht zu beschreiben; die ganze Nacht lag ich da; es regnete stark; das Wasser floß unter der Thüre herein auf mich zu, so daß ich ganz naß und starr wurde, und von meinem Un- glück gänzlich darnieder geschlagen, mir den Tod wünschte. Jch bekam, wie mich däucht, innerliche Zückungen. So viel weiß ich noch; als ich mich wieder besinnen konnte, war ich auf meinem Bette, um welches meine armen furcht- samen Wirthe stunden, und wehklagten. Meine Waise hatte meine Hand und ächzte ängstlich; ich fühlte mich sehr übel, und bat die Leute, mir den Geistlichen des Grafen von Hopton zu holen, weil ich sterben würde. Mit aufgehobenen Händen bat ich sie; der Sohn gieng fort, und die Aeltern erzählten mir, daß sie mir nicht hätten helfen dürfen, bis Sir
John
abhaͤngig war, und beſorgte daher bey der geringſten Bewegung gar in einen Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver- zweiflung meinen Geiſt aufgegeben haͤtte. Mein Jammer und die Empfindungen, die ich davon hatte, iſt nicht zu beſchreiben; die ganze Nacht lag ich da; es regnete ſtark; das Waſſer floß unter der Thuͤre herein auf mich zu, ſo daß ich ganz naß und ſtarr wurde, und von meinem Un- gluͤck gaͤnzlich darnieder geſchlagen, mir den Tod wuͤnſchte. Jch bekam, wie mich daͤucht, innerliche Zuͤckungen. So viel weiß ich noch; als ich mich wieder beſinnen konnte, war ich auf meinem Bette, um welches meine armen furcht- ſamen Wirthe ſtunden, und wehklagten. Meine Waiſe hatte meine Hand und aͤchzte aͤngſtlich; ich fuͤhlte mich ſehr uͤbel, und bat die Leute, mir den Geiſtlichen des Grafen von Hopton zu holen, weil ich ſterben wuͤrde. Mit aufgehobenen Haͤnden bat ich ſie; der Sohn gieng fort, und die Aeltern erzaͤhlten mir, daß ſie mir nicht haͤtten helfen duͤrfen, bis Sir
John
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0245"n="239"/>
abhaͤngig war, und beſorgte daher bey<lb/>
der geringſten Bewegung gar in einen<lb/>
Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver-<lb/>
zweiflung meinen Geiſt aufgegeben haͤtte.<lb/>
Mein Jammer und die Empfindungen, die<lb/>
ich davon hatte, iſt nicht zu beſchreiben;<lb/>
die ganze Nacht lag ich da; es regnete<lb/>ſtark; das Waſſer floß unter der Thuͤre<lb/>
herein auf mich zu, ſo daß ich ganz naß<lb/>
und ſtarr wurde, und von meinem Un-<lb/>
gluͤck gaͤnzlich darnieder geſchlagen, mir<lb/>
den Tod wuͤnſchte. Jch bekam, wie<lb/>
mich daͤucht, innerliche Zuͤckungen. So<lb/>
viel weiß ich noch; als ich mich wieder<lb/>
beſinnen konnte, war ich auf meinem<lb/>
Bette, um welches meine armen furcht-<lb/>ſamen Wirthe ſtunden, und wehklagten.<lb/>
Meine Waiſe hatte meine Hand und<lb/>
aͤchzte aͤngſtlich; ich fuͤhlte mich ſehr uͤbel,<lb/>
und bat die Leute, mir den Geiſtlichen<lb/>
des Grafen von Hopton zu holen, weil<lb/>
ich ſterben wuͤrde. Mit aufgehobenen<lb/>
Haͤnden bat ich ſie; der Sohn gieng fort,<lb/>
und die Aeltern erzaͤhlten mir, daß ſie<lb/>
mir nicht haͤtten helfen duͤrfen, bis Sir<lb/><fwplace="bottom"type="catch">John</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[239/0245]
abhaͤngig war, und beſorgte daher bey
der geringſten Bewegung gar in einen
Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver-
zweiflung meinen Geiſt aufgegeben haͤtte.
Mein Jammer und die Empfindungen, die
ich davon hatte, iſt nicht zu beſchreiben;
die ganze Nacht lag ich da; es regnete
ſtark; das Waſſer floß unter der Thuͤre
herein auf mich zu, ſo daß ich ganz naß
und ſtarr wurde, und von meinem Un-
gluͤck gaͤnzlich darnieder geſchlagen, mir
den Tod wuͤnſchte. Jch bekam, wie
mich daͤucht, innerliche Zuͤckungen. So
viel weiß ich noch; als ich mich wieder
beſinnen konnte, war ich auf meinem
Bette, um welches meine armen furcht-
ſamen Wirthe ſtunden, und wehklagten.
Meine Waiſe hatte meine Hand und
aͤchzte aͤngſtlich; ich fuͤhlte mich ſehr uͤbel,
und bat die Leute, mir den Geiſtlichen
des Grafen von Hopton zu holen, weil
ich ſterben wuͤrde. Mit aufgehobenen
Haͤnden bat ich ſie; der Sohn gieng fort,
und die Aeltern erzaͤhlten mir, daß ſie
mir nicht haͤtten helfen duͤrfen, bis Sir
John
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/245>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.