meine Freundinn, Jhre Hände arbeiten zitternd; eine gewisse Hastigkeit ist in ih- ren Bewegungen, welche durch die ange- nommene Munterkeit wider ihren Willen hervorbricht; Jhr Lächeln kommt nicht aus dem Herzen; was bedeutet dieses?" Lord Rich, Sie machen mir bange mit Jhrer Scharfsicht, antwortete ich. -- "Jch sehe also doch gut?" Fragen Sie mich nicht weiter, Mylord; meine Seele hat den äußersten Kampf erlitten, aber ich will itzt dem Vergnügen der Lady Summers alles, was mich angeht, auf- opfern. -- "Jch besorge nur, Sie opfern sich selbst dabey auf, sagte der Lord. Fürchten Sie nichts, antwortete ich, das Schicksal hat mich zum Leiden bestimmt; es wird mich dazu erhalten. Jch sagte dieß, wie mich dünkte, ruhig und lä- chelnd; aber Lord Rich sah mich mit Be- stürzung an. Wissen Sie, Madam Lei- dens, daß dieß, was Sie sagen, den größten Grad von Verzweiflung anzeigt, und mich in die tödlichste Unruhe wirft? -- Reden Sie -- reden Sie --
mit
meine Freundinn, Jhre Haͤnde arbeiten zitternd; eine gewiſſe Haſtigkeit iſt in ih- ren Bewegungen, welche durch die ange- nommene Munterkeit wider ihren Willen hervorbricht; Jhr Laͤcheln kommt nicht aus dem Herzen; was bedeutet dieſes?“ Lord Rich, Sie machen mir bange mit Jhrer Scharfſicht, antwortete ich. — „Jch ſehe alſo doch gut?“ Fragen Sie mich nicht weiter, Mylord; meine Seele hat den aͤußerſten Kampf erlitten, aber ich will itzt dem Vergnuͤgen der Lady Summers alles, was mich angeht, auf- opfern. — „Jch beſorge nur, Sie opfern ſich ſelbſt dabey auf, ſagte der Lord. Fuͤrchten Sie nichts, antwortete ich, das Schickſal hat mich zum Leiden beſtimmt; es wird mich dazu erhalten. Jch ſagte dieß, wie mich duͤnkte, ruhig und laͤ- chelnd; aber Lord Rich ſah mich mit Be- ſtuͤrzung an. Wiſſen Sie, Madam Lei- dens, daß dieß, was Sie ſagen, den groͤßten Grad von Verzweiflung anzeigt, und mich in die toͤdlichſte Unruhe wirft? — Reden Sie — reden Sie —
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meine Freundinn, Jhre Haͤnde arbeiten
zitternd; eine gewiſſe Haſtigkeit iſt in ih-
ren Bewegungen, welche durch die ange-
nommene Munterkeit wider ihren Willen
hervorbricht; Jhr Laͤcheln kommt nicht
aus dem Herzen; was bedeutet dieſes?“
Lord Rich, Sie machen mir bange mit
Jhrer Scharfſicht, antwortete ich. —
„Jch ſehe alſo doch gut?“ Fragen Sie
mich nicht weiter, Mylord; meine Seele
hat den aͤußerſten Kampf erlitten, aber
ich will itzt dem Vergnuͤgen der Lady
Summers alles, was mich angeht, auf-
opfern. — „Jch beſorge nur, Sie opfern
ſich ſelbſt dabey auf, ſagte der Lord.
Fuͤrchten Sie nichts, antwortete ich, das
Schickſal hat mich zum Leiden beſtimmt;
es wird mich dazu erhalten. Jch ſagte
dieß, wie mich duͤnkte, ruhig und laͤ-
chelnd; aber Lord Rich ſah mich mit Be-
ſtuͤrzung an. Wiſſen Sie, Madam Lei-
dens, daß dieß, was Sie ſagen, den
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und mich in die toͤdlichſte Unruhe
wirft? — Reden Sie — reden Sie —
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/202>, abgerufen am 27.11.2024.
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