hängniß giebt, und meinem Herzen soll es nicht umsonst die Probe angebothen haben, in welcher die Tugend ihre wahren Ergebe- nen erkennt, den Feinden wohlzuthun. Laß mich, o Vorsicht, laß mich dieses Ge- präge der wahren Größe der Seele erhal- ten! viele, aber milde Thränen über- strömton nach diesem Gebet meine Lager- stätte. Die Wohlthätigkeit, die ich mei- nem größten Feind gelobte, wurde durch die seligste Empfindung belohnt; mein Herz fühlte den Werth der Tugend, es fühlte, daß es durch sie edel und erhaben war. Nun falteten sich meine Hände mit der reinen Bewegung des Danks, da sie wenige Stunden vorher der Schmerz der Verzweiflung in einander gewunden hatte. -- Sanft schlief ich ein, ruhig wachte ich auf, ruhig hab ich schon ei- nen Plan des Landfestes aufgesetzt, das die Lady geben will. -- Aber bemerken Sie, meine Emilia, wie leicht sich Böses mit Gutem mischt. -- Einige Minuten lang war der Gedanke in mir, das Fest in kleinem so zu veranstalten, wie das
vom
haͤngniß giebt, und meinem Herzen ſoll es nicht umſonſt die Probe angebothen haben, in welcher die Tugend ihre wahren Ergebe- nen erkennt, den Feinden wohlzuthun. Laß mich, o Vorſicht, laß mich dieſes Ge- praͤge der wahren Groͤße der Seele erhal- ten! viele, aber milde Thraͤnen uͤber- ſtroͤmton nach dieſem Gebet meine Lager- ſtaͤtte. Die Wohlthaͤtigkeit, die ich mei- nem groͤßten Feind gelobte, wurde durch die ſeligſte Empfindung belohnt; mein Herz fuͤhlte den Werth der Tugend, es fuͤhlte, daß es durch ſie edel und erhaben war. Nun falteten ſich meine Haͤnde mit der reinen Bewegung des Danks, da ſie wenige Stunden vorher der Schmerz der Verzweiflung in einander gewunden hatte. — Sanft ſchlief ich ein, ruhig wachte ich auf, ruhig hab ich ſchon ei- nen Plan des Landfeſtes aufgeſetzt, das die Lady geben will. — Aber bemerken Sie, meine Emilia, wie leicht ſich Boͤſes mit Gutem miſcht. — Einige Minuten lang war der Gedanke in mir, das Feſt in kleinem ſo zu veranſtalten, wie das
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[194/0200]
haͤngniß giebt, und meinem Herzen ſoll es
nicht umſonſt die Probe angebothen haben,
in welcher die Tugend ihre wahren Ergebe-
nen erkennt, den Feinden wohlzuthun.
Laß mich, o Vorſicht, laß mich dieſes Ge-
praͤge der wahren Groͤße der Seele erhal-
ten! viele, aber milde Thraͤnen uͤber-
ſtroͤmton nach dieſem Gebet meine Lager-
ſtaͤtte. Die Wohlthaͤtigkeit, die ich mei-
nem groͤßten Feind gelobte, wurde durch
die ſeligſte Empfindung belohnt; mein
Herz fuͤhlte den Werth der Tugend, es
fuͤhlte, daß es durch ſie edel und erhaben
war. Nun falteten ſich meine Haͤnde
mit der reinen Bewegung des Danks, da
ſie wenige Stunden vorher der Schmerz
der Verzweiflung in einander gewunden
hatte. — Sanft ſchlief ich ein, ruhig
wachte ich auf, ruhig hab ich ſchon ei-
nen Plan des Landfeſtes aufgeſetzt, das
die Lady geben will. — Aber bemerken
Sie, meine Emilia, wie leicht ſich Boͤſes
mit Gutem miſcht. — Einige Minuten
lang war der Gedanke in mir, das Feſt
in kleinem ſo zu veranſtalten, wie das
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/200>, abgerufen am 24.11.2024.
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