Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

schauern; ich konnte noch weniger die
Sprache wieder finden als vorher. Er
war so gütig mir zu sagen: "heute nichts
mehr! beruhigen Sie sich; lassen Sie
mich nur ihr Vertrauen erwerben." --
Jch erhob meine Augen, und drückte aus
einer unwillkührlichen Bewegung seine
Hände. O Lord Rich -- war alles
was ich aussprechen konnte. "Bestes
weibliches Herz! was für ein Unmensch
konnte dich miskennen, und elend ma-
chen?" -- Lieber Lord, Sie sollen al-
les, alles wissen, Sie verdienen mein
Vertrauen. -- Dieß sagte ich, als ein
Bedienter der Lady Summers kam, mich
zu rufen, weil wichtige Briefe von London
angekommen wären. -- Jch suchte mich
so viel als möglich zu fassen, und eilte zur
Lady, die mir gleich die angesehene Heu-
rath ihrer einzigen Nichte mit Mylord N**
anzeigte, und sich auf den Besuch freute,
den ihr Bruder und die Neuvermählten
in vierzehn Tagen bey ihr ablegen wür-
den. Wir müssen auf ein artiges Landfest
sinnen, sagte sie, um den jungen Leuten

Freude

ſchauern; ich konnte noch weniger die
Sprache wieder finden als vorher. Er
war ſo guͤtig mir zu ſagen: „heute nichts
mehr! beruhigen Sie ſich; laſſen Sie
mich nur ihr Vertrauen erwerben.“ —
Jch erhob meine Augen, und druͤckte aus
einer unwillkuͤhrlichen Bewegung ſeine
Haͤnde. O Lord Rich — war alles
was ich ausſprechen konnte. „Beſtes
weibliches Herz! was fuͤr ein Unmenſch
konnte dich miskennen, und elend ma-
chen?“ — Lieber Lord, Sie ſollen al-
les, alles wiſſen, Sie verdienen mein
Vertrauen. — Dieß ſagte ich, als ein
Bedienter der Lady Summers kam, mich
zu rufen, weil wichtige Briefe von London
angekommen waͤren. — Jch ſuchte mich
ſo viel als moͤglich zu faſſen, und eilte zur
Lady, die mir gleich die angeſehene Heu-
rath ihrer einzigen Nichte mit Mylord N**
anzeigte, und ſich auf den Beſuch freute,
den ihr Bruder und die Neuvermaͤhlten
in vierzehn Tagen bey ihr ablegen wuͤr-
den. Wir muͤſſen auf ein artiges Landfeſt
ſinnen, ſagte ſie, um den jungen Leuten

Freude
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0196" n="190"/>
&#x017F;chauern; ich konnte noch weniger die<lb/>
Sprache wieder finden als vorher. Er<lb/>
war &#x017F;o gu&#x0364;tig mir zu &#x017F;agen: &#x201E;heute nichts<lb/>
mehr! beruhigen Sie &#x017F;ich; la&#x017F;&#x017F;en Sie<lb/>
mich nur ihr Vertrauen erwerben.&#x201C; &#x2014;<lb/>
Jch erhob meine Augen, und dru&#x0364;ckte aus<lb/>
einer unwillku&#x0364;hrlichen Bewegung &#x017F;eine<lb/>
Ha&#x0364;nde. O Lord Rich &#x2014; war alles<lb/>
was ich aus&#x017F;prechen konnte. &#x201E;Be&#x017F;tes<lb/>
weibliches Herz! was fu&#x0364;r ein Unmen&#x017F;ch<lb/>
konnte dich miskennen, und elend ma-<lb/>
chen?&#x201C; &#x2014; Lieber Lord, Sie &#x017F;ollen al-<lb/>
les, alles wi&#x017F;&#x017F;en, Sie verdienen mein<lb/>
Vertrauen. &#x2014; Dieß &#x017F;agte ich, als ein<lb/>
Bedienter der Lady Summers kam, mich<lb/>
zu rufen, weil wichtige Briefe von London<lb/>
angekommen wa&#x0364;ren. &#x2014; Jch &#x017F;uchte mich<lb/>
&#x017F;o viel als mo&#x0364;glich zu fa&#x017F;&#x017F;en, und eilte zur<lb/>
Lady, die mir gleich die ange&#x017F;ehene Heu-<lb/>
rath ihrer einzigen Nichte mit Mylord N**<lb/>
anzeigte, und &#x017F;ich auf den Be&#x017F;uch freute,<lb/>
den ihr Bruder und die Neuverma&#x0364;hlten<lb/>
in vierzehn Tagen bey ihr ablegen wu&#x0364;r-<lb/>
den. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auf ein artiges Landfe&#x017F;t<lb/>
&#x017F;innen, &#x017F;agte &#x017F;ie, um den jungen Leuten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Freude</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0196] ſchauern; ich konnte noch weniger die Sprache wieder finden als vorher. Er war ſo guͤtig mir zu ſagen: „heute nichts mehr! beruhigen Sie ſich; laſſen Sie mich nur ihr Vertrauen erwerben.“ — Jch erhob meine Augen, und druͤckte aus einer unwillkuͤhrlichen Bewegung ſeine Haͤnde. O Lord Rich — war alles was ich ausſprechen konnte. „Beſtes weibliches Herz! was fuͤr ein Unmenſch konnte dich miskennen, und elend ma- chen?“ — Lieber Lord, Sie ſollen al- les, alles wiſſen, Sie verdienen mein Vertrauen. — Dieß ſagte ich, als ein Bedienter der Lady Summers kam, mich zu rufen, weil wichtige Briefe von London angekommen waͤren. — Jch ſuchte mich ſo viel als moͤglich zu faſſen, und eilte zur Lady, die mir gleich die angeſehene Heu- rath ihrer einzigen Nichte mit Mylord N** anzeigte, und ſich auf den Beſuch freute, den ihr Bruder und die Neuvermaͤhlten in vierzehn Tagen bey ihr ablegen wuͤr- den. Wir muͤſſen auf ein artiges Landfeſt ſinnen, ſagte ſie, um den jungen Leuten Freude

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/196
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/196>, abgerufen am 22.11.2024.