auf seine Hände, die noch immer die mei- nigen hielten. Mein Herz war beklemm- ter als jemals in meinem Leben. Das Bild meines Unglücks, die Verdienste die- ses edelmüthigliebenden Mannes, die schwere Kette meiner wiewohl falschen Verbindung, mein auf ewig verlornes Vergnügen bedrängten auf einmal mei- ne Seele. Reden konnte ich nicht; schluchzen und seufen mußte ich. Er schwieg tiefinnig, und mit einer zittern- den Bewegung seiner Hände, sagte er, in dem traurigsten aber sanftesten Ton, in- dem er seinen Kopf sachte gegen den mei- nigen neigte: O dieser Sie quälende Kummer giebt mir ein trauriges Licht -- Jhr Gemahl ist nicht todt -- Eine Seele wie die Jhrige würde durch einen Zufall, den die Gesetze der Natur herbeybringen, nicht zerrissen, sondern nur niedergeschla- gen. Aber der Mann ist Jhrer unwür- dig, und das Andenken dieser Fesseln ver- wundet Jhre Seele. -- Hab' ich Recht, o, sagen Sie, ob ich nicht Recht ha- be?" -- Seine Rede machte mich
schau-
auf ſeine Haͤnde, die noch immer die mei- nigen hielten. Mein Herz war beklemm- ter als jemals in meinem Leben. Das Bild meines Ungluͤcks, die Verdienſte die- ſes edelmuͤthigliebenden Mannes, die ſchwere Kette meiner wiewohl falſchen Verbindung, mein auf ewig verlornes Vergnuͤgen bedraͤngten auf einmal mei- ne Seele. Reden konnte ich nicht; ſchluchzen und ſeufen mußte ich. Er ſchwieg tiefinnig, und mit einer zittern- den Bewegung ſeiner Haͤnde, ſagte er, in dem traurigſten aber ſanfteſten Ton, in- dem er ſeinen Kopf ſachte gegen den mei- nigen neigte: O dieſer Sie quaͤlende Kummer giebt mir ein trauriges Licht — Jhr Gemahl iſt nicht todt — Eine Seele wie die Jhrige wuͤrde durch einen Zufall, den die Geſetze der Natur herbeybringen, nicht zerriſſen, ſondern nur niedergeſchla- gen. Aber der Mann iſt Jhrer unwuͤr- dig, und das Andenken dieſer Feſſeln ver- wundet Jhre Seele. — Hab’ ich Recht, o, ſagen Sie, ob ich nicht Recht ha- be?“ — Seine Rede machte mich
ſchau-
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auf ſeine Haͤnde, die noch immer die mei-
nigen hielten. Mein Herz war beklemm-
ter als jemals in meinem Leben. Das
Bild meines Ungluͤcks, die Verdienſte die-
ſes edelmuͤthigliebenden Mannes, die
ſchwere Kette meiner wiewohl falſchen
Verbindung, mein auf ewig verlornes
Vergnuͤgen bedraͤngten auf einmal mei-
ne Seele. Reden konnte ich nicht;
ſchluchzen und ſeufen mußte ich. Er
ſchwieg tiefinnig, und mit einer zittern-
den Bewegung ſeiner Haͤnde, ſagte er, in
dem traurigſten aber ſanfteſten Ton, in-
dem er ſeinen Kopf ſachte gegen den mei-
nigen neigte: O dieſer Sie quaͤlende
Kummer giebt mir ein trauriges Licht —
Jhr Gemahl iſt nicht todt — Eine Seele
wie die Jhrige wuͤrde durch einen Zufall,
den die Geſetze der Natur herbeybringen,
nicht zerriſſen, ſondern nur niedergeſchla-
gen. Aber der Mann iſt Jhrer unwuͤr-
dig, und das Andenken dieſer Feſſeln ver-
wundet Jhre Seele. — Hab’ ich Recht,
o, ſagen Sie, ob ich nicht Recht ha-
be?“ — Seine Rede machte mich
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/195>, abgerufen am 22.11.2024.
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