Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Madam Leidens
an
Emilien.

Emilia! fragen Sie den metaphysischen
Kopf ihres Mannes, woher der Wider-
spruch käme, der sich, zwischen meinen
stärksten immerwährenden Empfindungen
und meinen Jdeen zeigte, als ich von
Frau Hills gebeten wurde: ihre liebste
Freundinn, die schöne anmuthsvolle Wit-
we von C. -- zu einem gütigen Ent-
schluß, für einen ihrer Verehrer, bereden
zu helfen? Woher kam es, daß ich der
Liebe und dem aus ihr kommenden Glück
irgend eines Mannes das Wort reden
konnte, da die Fortdauer meiner durch
die Liebe erfahrnen Leiden mich eher zur
Unterstützung der Kaltsinnigkeit der schö-
nen Witwe hätte bringen sollen? Jch
kann nicht denken; daß allein der Geist
des Widerspruchs, durch welchen es uns
natürlich ist anders zu denken als andre
Leute, daran Ursache sey. Oder wäre es
möglich, daß in einem Stücke meines,

durch
G 5

Madam Leidens
an
Emilien.

Emilia! fragen Sie den metaphyſiſchen
Kopf ihres Mannes, woher der Wider-
ſpruch kaͤme, der ſich, zwiſchen meinen
ſtaͤrkſten immerwaͤhrenden Empfindungen
und meinen Jdeen zeigte, als ich von
Frau Hills gebeten wurde: ihre liebſte
Freundinn, die ſchoͤne anmuthsvolle Wit-
we von C. — zu einem guͤtigen Ent-
ſchluß, fuͤr einen ihrer Verehrer, bereden
zu helfen? Woher kam es, daß ich der
Liebe und dem aus ihr kommenden Gluͤck
irgend eines Mannes das Wort reden
konnte, da die Fortdauer meiner durch
die Liebe erfahrnen Leiden mich eher zur
Unterſtuͤtzung der Kaltſinnigkeit der ſchoͤ-
nen Witwe haͤtte bringen ſollen? Jch
kann nicht denken; daß allein der Geiſt
des Widerſpruchs, durch welchen es uns
natuͤrlich iſt anders zu denken als andre
Leute, daran Urſache ſey. Oder waͤre es
moͤglich, daß in einem Stuͤcke meines,

durch
G 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0111" n="105"/>
        <fw place="top" type="header"><lb/>
        </fw>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Madam Leidens</hi></hi><lb/>
an<lb/><hi rendition="#fr">Emilien.</hi></head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>milia! fragen Sie den metaphy&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Kopf ihres Mannes, woher der Wider-<lb/>
&#x017F;pruch ka&#x0364;me, der &#x017F;ich, zwi&#x017F;chen meinen<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten immerwa&#x0364;hrenden Empfindungen<lb/>
und meinen Jdeen zeigte, als ich von<lb/>
Frau Hills gebeten wurde: ihre lieb&#x017F;te<lb/>
Freundinn, die &#x017F;cho&#x0364;ne anmuthsvolle Wit-<lb/>
we von C. &#x2014; zu einem gu&#x0364;tigen Ent-<lb/>
&#x017F;chluß, fu&#x0364;r einen ihrer Verehrer, bereden<lb/>
zu helfen? Woher kam es, daß ich der<lb/>
Liebe und dem aus ihr kommenden Glu&#x0364;ck<lb/>
irgend eines Mannes das Wort reden<lb/>
konnte, da die Fortdauer meiner durch<lb/>
die Liebe erfahrnen Leiden mich eher zur<lb/>
Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung der Kalt&#x017F;innigkeit der &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Witwe ha&#x0364;tte bringen &#x017F;ollen? Jch<lb/>
kann nicht denken; daß allein der Gei&#x017F;t<lb/>
des Wider&#x017F;pruchs, durch welchen es uns<lb/>
natu&#x0364;rlich i&#x017F;t anders zu denken als andre<lb/>
Leute, daran Ur&#x017F;ache &#x017F;ey. Oder wa&#x0364;re es<lb/>
mo&#x0364;glich, daß in einem Stu&#x0364;cke meines,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 5</fw><fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0111] Madam Leidens an Emilien. Emilia! fragen Sie den metaphyſiſchen Kopf ihres Mannes, woher der Wider- ſpruch kaͤme, der ſich, zwiſchen meinen ſtaͤrkſten immerwaͤhrenden Empfindungen und meinen Jdeen zeigte, als ich von Frau Hills gebeten wurde: ihre liebſte Freundinn, die ſchoͤne anmuthsvolle Wit- we von C. — zu einem guͤtigen Ent- ſchluß, fuͤr einen ihrer Verehrer, bereden zu helfen? Woher kam es, daß ich der Liebe und dem aus ihr kommenden Gluͤck irgend eines Mannes das Wort reden konnte, da die Fortdauer meiner durch die Liebe erfahrnen Leiden mich eher zur Unterſtuͤtzung der Kaltſinnigkeit der ſchoͤ- nen Witwe haͤtte bringen ſollen? Jch kann nicht denken; daß allein der Geiſt des Widerſpruchs, durch welchen es uns natuͤrlich iſt anders zu denken als andre Leute, daran Urſache ſey. Oder waͤre es moͤglich, daß in einem Stuͤcke meines, durch G 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/111
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/111>, abgerufen am 24.11.2024.