Eigenliebe! angenehmes Band, welches die liebreiche Hand unsers gütigen Schöp- fers dem freyen Willen anlegte, um uns damit zu unsrer wahren Glückseligkeit zu ziehen; wie sehr hat dich Unwissenheit und Härte verunstaltet, und die Menschen zu ei- nem unseligen Misbrauch der besten Wohl- that gebracht! Lassen Sie mich zurück- kommen.
Am zweyten Tage stellte ich die Frau G. vor, und in ihrer Person sprach ich mit Jungfer Lehne von unsrer alten Liebe, und wie gern ich ihr die Stelle gönnte, die sie in meinem Hause zu vertreten hät- te, da ich glaubte: sie würde den Ge- brauch eines guten Herzens davon machen. Jch sagte, was ich (nach dem Willen der Frau G, mit der ich allein vorher ge- sprochen hatte) von ihr wünschte, wieß die Töchter an sie an, und setzte hinzu: daß wir allezeit alles gemeinschaftlich überlegen und vornehmen wollten. So- dann war ich zween Tage Jungfer Lehne, -- und die folgenden drey in der Stelle der drey Töchter.
Unter
G 3
Eigenliebe! angenehmes Band, welches die liebreiche Hand unſers guͤtigen Schoͤp- fers dem freyen Willen anlegte, um uns damit zu unſrer wahren Gluͤckſeligkeit zu ziehen; wie ſehr hat dich Unwiſſenheit und Haͤrte verunſtaltet, und die Menſchen zu ei- nem unſeligen Misbrauch der beſten Wohl- that gebracht! Laſſen Sie mich zuruͤck- kommen.
Am zweyten Tage ſtellte ich die Frau G. vor, und in ihrer Perſon ſprach ich mit Jungfer Lehne von unſrer alten Liebe, und wie gern ich ihr die Stelle goͤnnte, die ſie in meinem Hauſe zu vertreten haͤt- te, da ich glaubte: ſie wuͤrde den Ge- brauch eines guten Herzens davon machen. Jch ſagte, was ich (nach dem Willen der Frau G, mit der ich allein vorher ge- ſprochen hatte) von ihr wuͤnſchte, wieß die Toͤchter an ſie an, und ſetzte hinzu: daß wir allezeit alles gemeinſchaftlich uͤberlegen und vornehmen wollten. So- dann war ich zween Tage Jungfer Lehne, — und die folgenden drey in der Stelle der drey Toͤchter.
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G 3
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Eigenliebe! angenehmes Band, welches
die liebreiche Hand unſers guͤtigen Schoͤp-
fers dem freyen Willen anlegte, um uns
damit zu unſrer wahren Gluͤckſeligkeit zu
ziehen; wie ſehr hat dich Unwiſſenheit und
Haͤrte verunſtaltet, und die Menſchen zu ei-
nem unſeligen Misbrauch der beſten Wohl-
that gebracht! Laſſen Sie mich zuruͤck-
kommen.
Am zweyten Tage ſtellte ich die Frau
G. vor, und in ihrer Perſon ſprach ich
mit Jungfer Lehne von unſrer alten Liebe,
und wie gern ich ihr die Stelle goͤnnte,
die ſie in meinem Hauſe zu vertreten haͤt-
te, da ich glaubte: ſie wuͤrde den Ge-
brauch eines guten Herzens davon machen.
Jch ſagte, was ich (nach dem Willen der
Frau G, mit der ich allein vorher ge-
ſprochen hatte) von ihr wuͤnſchte, wieß
die Toͤchter an ſie an, und ſetzte hinzu:
daß wir allezeit alles gemeinſchaftlich
uͤberlegen und vornehmen wollten. So-
dann war ich zween Tage Jungfer
Lehne, — und die folgenden drey in der
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/107>, abgerufen am 24.11.2024.
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