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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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von Glück und Rang den Satz erdacht hat,
"man müsse dem gemeinen Mann weder
"aufgeklärte Religionsbegriffe geben, noch
"seinen Verstand erweitern;" so wünsche
ich, daß mein Pfarrer, aus wahrer Güte
gegen seinen Nächsten, und aus Empfin-
dung des ganzen Umfangs seiner Oblie-
genheiten, zuerst bedacht wäre, seiner an-
vertrauten Gemeine das Maaß von Er-
kenntniß
beyzubringen, welches ihnen zu
freudiger und eifriger Erfüllung ihrer
Pflichten gegen Gott, ihre Obrigkeit,
ihren Nächsten und sich selbst
nöthig
ist. Der geringe Mann ist mit der nehm-
lichen Begierde zu Glück und Vergnügen
gebohren, wie der größere, und wird,
wie dieser, von den Begierden oft auf Ab-
wege geführt. Daher möchte ich ihnen
auch richtige Begriffe von Glück und
Vergnügen
geben lassen. Den Weg
zu ihren Herzen,
glaube ich, könne man
am ehesten durch Betrachtungen über die
physicalische Welt finden, von der sie am
ersten gerührt werden, weil jeder Blick ihrer
Augen, jeder Schritt ihrer Füße sie dahin

leitet.
D

von Gluͤck und Rang den Satz erdacht hat,
„man muͤſſe dem gemeinen Mann weder
„aufgeklaͤrte Religionsbegriffe geben, noch
„ſeinen Verſtand erweitern;“ ſo wuͤnſche
ich, daß mein Pfarrer, aus wahrer Guͤte
gegen ſeinen Naͤchſten, und aus Empfin-
dung des ganzen Umfangs ſeiner Oblie-
genheiten, zuerſt bedacht waͤre, ſeiner an-
vertrauten Gemeine das Maaß von Er-
kenntniß
beyzubringen, welches ihnen zu
freudiger und eifriger Erfuͤllung ihrer
Pflichten gegen Gott, ihre Obrigkeit,
ihren Naͤchſten und ſich ſelbſt
noͤthig
iſt. Der geringe Mann iſt mit der nehm-
lichen Begierde zu Gluͤck und Vergnuͤgen
gebohren, wie der groͤßere, und wird,
wie dieſer, von den Begierden oft auf Ab-
wege gefuͤhrt. Daher moͤchte ich ihnen
auch richtige Begriffe von Gluͤck und
Vergnuͤgen
geben laſſen. Den Weg
zu ihren Herzen,
glaube ich, koͤnne man
am eheſten durch Betrachtungen uͤber die
phyſicaliſche Welt finden, von der ſie am
erſten geruͤhrt werden, weil jeder Blick ihrer
Augen, jeder Schritt ihrer Fuͤße ſie dahin

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[49/0075] von Gluͤck und Rang den Satz erdacht hat, „man muͤſſe dem gemeinen Mann weder „aufgeklaͤrte Religionsbegriffe geben, noch „ſeinen Verſtand erweitern;“ ſo wuͤnſche ich, daß mein Pfarrer, aus wahrer Guͤte gegen ſeinen Naͤchſten, und aus Empfin- dung des ganzen Umfangs ſeiner Oblie- genheiten, zuerſt bedacht waͤre, ſeiner an- vertrauten Gemeine das Maaß von Er- kenntniß beyzubringen, welches ihnen zu freudiger und eifriger Erfuͤllung ihrer Pflichten gegen Gott, ihre Obrigkeit, ihren Naͤchſten und ſich ſelbſt noͤthig iſt. Der geringe Mann iſt mit der nehm- lichen Begierde zu Gluͤck und Vergnuͤgen gebohren, wie der groͤßere, und wird, wie dieſer, von den Begierden oft auf Ab- wege gefuͤhrt. Daher moͤchte ich ihnen auch richtige Begriffe von Gluͤck und Vergnuͤgen geben laſſen. Den Weg zu ihren Herzen, glaube ich, koͤnne man am eheſten durch Betrachtungen uͤber die phyſicaliſche Welt finden, von der ſie am erſten geruͤhrt werden, weil jeder Blick ihrer Augen, jeder Schritt ihrer Fuͤße ſie dahin leitet. D

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/75>, abgerufen am 22.11.2024.