quält hätte. Lieber Baron, setzte er hin- zu, Ehre und Edelmuth binden meine Zunge! Zweifeln Sie nicht an meinem Herzen, und lieben Sie mich!
Er blieb den ganzen Tag in P., -- Fräulein Sophie und Fräulein Charlotte wurden von ihrem Bruder gebeten, alles zu Ermunterung seines Freundes beyzu- tragen. Der Oberste hielt sich aber mei- stens um die alte Dame und die Gemah- lin des Barons auf. Abends spielte Fräulein Charlotte die Laute, der Baron und zween Bediente accompagnirten sie, und Fräulein Sophie wurde so inständig gebeten, zu singen, daß sie endlich nach- gab.
Der Oberste stellte sich in ein Fenster, wo er bey halb zugezogenem Vorhang das kleine Familien-Concert anhörte, und so eingenommen wurde, nicht wahrzuneh- men, daß die Gemahlin seines Freundes nahe genug bey ihm stund, um ihn sagen zu hören: "O Sophie, warum bist du die Schwester meines Freundes? warum bestreiten die Vorzüge deiner Geburt die
edle
quaͤlt haͤtte. Lieber Baron, ſetzte er hin- zu, Ehre und Edelmuth binden meine Zunge! Zweifeln Sie nicht an meinem Herzen, und lieben Sie mich!
Er blieb den ganzen Tag in P., — Fraͤulein Sophie und Fraͤulein Charlotte wurden von ihrem Bruder gebeten, alles zu Ermunterung ſeines Freundes beyzu- tragen. Der Oberſte hielt ſich aber mei- ſtens um die alte Dame und die Gemah- lin des Barons auf. Abends ſpielte Fraͤulein Charlotte die Laute, der Baron und zween Bediente accompagnirten ſie, und Fraͤulein Sophie wurde ſo inſtaͤndig gebeten, zu ſingen, daß ſie endlich nach- gab.
Der Oberſte ſtellte ſich in ein Fenſter, wo er bey halb zugezogenem Vorhang das kleine Familien-Concert anhoͤrte, und ſo eingenommen wurde, nicht wahrzuneh- men, daß die Gemahlin ſeines Freundes nahe genug bey ihm ſtund, um ihn ſagen zu hoͤren: „O Sophie, warum biſt du die Schweſter meines Freundes? warum beſtreiten die Vorzuͤge deiner Geburt die
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quaͤlt haͤtte. Lieber Baron, ſetzte er hin-
zu, Ehre und Edelmuth binden meine
Zunge! Zweifeln Sie nicht an meinem
Herzen, und lieben Sie mich!
Er blieb den ganzen Tag in P., —
Fraͤulein Sophie und Fraͤulein Charlotte
wurden von ihrem Bruder gebeten, alles
zu Ermunterung ſeines Freundes beyzu-
tragen. Der Oberſte hielt ſich aber mei-
ſtens um die alte Dame und die Gemah-
lin des Barons auf. Abends ſpielte
Fraͤulein Charlotte die Laute, der Baron
und zween Bediente accompagnirten ſie,
und Fraͤulein Sophie wurde ſo inſtaͤndig
gebeten, zu ſingen, daß ſie endlich nach-
gab.
Der Oberſte ſtellte ſich in ein Fenſter,
wo er bey halb zugezogenem Vorhang das
kleine Familien-Concert anhoͤrte, und ſo
eingenommen wurde, nicht wahrzuneh-
men, daß die Gemahlin ſeines Freundes
nahe genug bey ihm ſtund, um ihn ſagen
zu hoͤren: „O Sophie, warum biſt du
die Schweſter meines Freundes? warum
beſtreiten die Vorzuͤge deiner Geburt die
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/41>, abgerufen am 25.11.2024.
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