Das Gelerme, Muthmaßen und Nachschicken des zweyten Tages, will ich dir in einem andern Briefe be- schreiben. Jch reise itzt auf acht Ta- ge zu meiner Lady, die, wie mir John schreibt, sehr tiefsinnig ist und viel weint.
Sie sehen, meine Freundin, aus den Briefen des ruchlosen Lords Derby, was für abscheuliche Ränke gebraucht wurden, um die beste junge Dame, an den Rand des größten Elendes zu füh- ren. Sie können sich auch vorstel- len, wie traurig ich die Zeit zuge- bracht habe, von dem Augenblick an, da sie vom Bal kam, krank war und dabey immer aus einer bekümmernden Unruhe des Gemüths in die andre ge- stürzt wurde. Da sie von keinem Menschen mehr Briefe bekam, vermu- theten wir, der Fürst und der Graf Löbau ließen sie auffangen. Die Art, mit welcher ihr abgeschlagen wurde auf
ihre
Das Gelerme, Muthmaßen und Nachſchicken des zweyten Tages, will ich dir in einem andern Briefe be- ſchreiben. Jch reiſe itzt auf acht Ta- ge zu meiner Lady, die, wie mir John ſchreibt, ſehr tiefſinnig iſt und viel weint.
Sie ſehen, meine Freundin, aus den Briefen des ruchloſen Lords Derby, was fuͤr abſcheuliche Raͤnke gebraucht wurden, um die beſte junge Dame, an den Rand des groͤßten Elendes zu fuͤh- ren. Sie koͤnnen ſich auch vorſtel- len, wie traurig ich die Zeit zuge- bracht habe, von dem Augenblick an, da ſie vom Bal kam, krank war und dabey immer aus einer bekuͤmmernden Unruhe des Gemuͤths in die andre ge- ſtuͤrzt wurde. Da ſie von keinem Menſchen mehr Briefe bekam, vermu- theten wir, der Fuͤrſt und der Graf Loͤbau ließen ſie auffangen. Die Art, mit welcher ihr abgeſchlagen wurde auf
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Das Gelerme, Muthmaßen und
Nachſchicken des zweyten Tages, will
ich dir in einem andern Briefe be-
ſchreiben. Jch reiſe itzt auf acht Ta-
ge zu meiner Lady, die, wie mir John
ſchreibt, ſehr tiefſinnig iſt und viel
weint.
Sie ſehen, meine Freundin, aus den
Briefen des ruchloſen Lords Derby,
was fuͤr abſcheuliche Raͤnke gebraucht
wurden, um die beſte junge Dame, an
den Rand des groͤßten Elendes zu fuͤh-
ren. Sie koͤnnen ſich auch vorſtel-
len, wie traurig ich die Zeit zuge-
bracht habe, von dem Augenblick an,
da ſie vom Bal kam, krank war und
dabey immer aus einer bekuͤmmernden
Unruhe des Gemuͤths in die andre ge-
ſtuͤrzt wurde. Da ſie von keinem
Menſchen mehr Briefe bekam, vermu-
theten wir, der Fuͤrſt und der Graf
Loͤbau ließen ſie auffangen. Die Art,
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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