Niemals war mir meine Tante lieber als diesen Augenblick, da sie meinen Wunsch erfüllte, daß alle wissen möchten, was der Jnnhalt meines Gesprächs mit dem Fürsten gewesen sey. Jch sagte auch ganz munter: er hätte meine Bitte in Gnaden angehört und zugesagt. Die Düsternheit des Milords Derby verlohr sich und blieb nur nachdenkend, aber ganz heiter, und die übrigen zeigten mir ihren Beyfall über meine Fürbitte mit Worten und Gebehrden. Aber was denken Sie, meine Emilia, wie mir war, als ich nach der Gesellschaft mich nur auszog und ei- nen Augenblick mit meiner Rosine in ei- nem Tragsessel mich zum Rath T* bringen ließ, der gar nicht weit von uns wohnt; ich wollte den guten Leuten eine vergnügte Ruhe verschaffen, indem ich ihnen die Gnade des Fürsten versicherte. Jch hatte mich nahe an das Fenster, welches in ei- ne kleine Gasse gegen einen Garten geht, gesetzt. Aeltern und Kinder waren um mich versammelt; der Rath T* hatte auf mein Zureden neben mir auf der Bank
Platz
Niemals war mir meine Tante lieber als dieſen Augenblick, da ſie meinen Wunſch erfuͤllte, daß alle wiſſen moͤchten, was der Jnnhalt meines Geſpraͤchs mit dem Fuͤrſten geweſen ſey. Jch ſagte auch ganz munter: er haͤtte meine Bitte in Gnaden angehoͤrt und zugeſagt. Die Duͤſternheit des Milords Derby verlohr ſich und blieb nur nachdenkend, aber ganz heiter, und die uͤbrigen zeigten mir ihren Beyfall uͤber meine Fuͤrbitte mit Worten und Gebehrden. Aber was denken Sie, meine Emilia, wie mir war, als ich nach der Geſellſchaft mich nur auszog und ei- nen Augenblick mit meiner Roſine in ei- nem Tragſeſſel mich zum Rath T* bringen ließ, der gar nicht weit von uns wohnt; ich wollte den guten Leuten eine vergnuͤgte Ruhe verſchaffen, indem ich ihnen die Gnade des Fuͤrſten verſicherte. Jch hatte mich nahe an das Fenſter, welches in ei- ne kleine Gaſſe gegen einen Garten geht, geſetzt. Aeltern und Kinder waren um mich verſammelt; der Rath T* hatte auf mein Zureden neben mir auf der Bank
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Niemals war mir meine Tante lieber
als dieſen Augenblick, da ſie meinen
Wunſch erfuͤllte, daß alle wiſſen moͤchten,
was der Jnnhalt meines Geſpraͤchs mit
dem Fuͤrſten geweſen ſey. Jch ſagte auch
ganz munter: er haͤtte meine Bitte in
Gnaden angehoͤrt und zugeſagt. Die
Duͤſternheit des Milords Derby verlohr
ſich und blieb nur nachdenkend, aber ganz
heiter, und die uͤbrigen zeigten mir ihren
Beyfall uͤber meine Fuͤrbitte mit Worten
und Gebehrden. Aber was denken Sie,
meine Emilia, wie mir war, als ich nach
der Geſellſchaft mich nur auszog und ei-
nen Augenblick mit meiner Roſine in ei-
nem Tragſeſſel mich zum Rath T* bringen
ließ, der gar nicht weit von uns wohnt;
ich wollte den guten Leuten eine vergnuͤgte
Ruhe verſchaffen, indem ich ihnen die
Gnade des Fuͤrſten verſicherte. Jch hatte
mich nahe an das Fenſter, welches in ei-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/312>, abgerufen am 18.12.2024.
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