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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Schritts erfodert, daß es manchen Per-
sonen sehr schwer fiel, diesen Gesetzen
Genüge zu leisten. Der außerordentliche
Beyfall, den ich erhielt, führte mein Herz
auf ein zärtliches Andenken meiner theuren
Aeltern zurück, die unter andern liebrei-
chen Bemühungen für meine Erziehung,
auch das frühzeitige und öftere Tanzen
betrieben, weil mein schnelles Wachsen
eine große Figur versprach, und mein Va-
ter sagte: daß der frühe Unterricht im
Tanzen einer großen Person am nöthig-
sten sey, um durch die Musik ihre Bewe-
gungen harmonisch und angenehm zu ma-
chen, indem es immer bemerkt worden
sey, daß die Grazien sich leichter mit ei-
ner Person von mittlerer Größe verbin-
den, als mit einer von mehr als gewöhn-
licher Länge. Dieses war die Ursache,
warum ich alle Tage tanzen, und bey mei-
nen Handarbeiten, wenn wir alleine wa-
ren, eine Menuet-Arie fingen mußte,
denn mein Vater behauptete, daß durch
diese Uebung unvermerkt alle meine Wen-
dungen natürliche Grazien erhalten wür-

den.

Schritts erfodert, daß es manchen Per-
ſonen ſehr ſchwer fiel, dieſen Geſetzen
Genuͤge zu leiſten. Der außerordentliche
Beyfall, den ich erhielt, fuͤhrte mein Herz
auf ein zaͤrtliches Andenken meiner theuren
Aeltern zuruͤck, die unter andern liebrei-
chen Bemuͤhungen fuͤr meine Erziehung,
auch das fruͤhzeitige und oͤftere Tanzen
betrieben, weil mein ſchnelles Wachſen
eine große Figur verſprach, und mein Va-
ter ſagte: daß der fruͤhe Unterricht im
Tanzen einer großen Perſon am noͤthig-
ſten ſey, um durch die Muſik ihre Bewe-
gungen harmoniſch und angenehm zu ma-
chen, indem es immer bemerkt worden
ſey, daß die Grazien ſich leichter mit ei-
ner Perſon von mittlerer Groͤße verbin-
den, als mit einer von mehr als gewoͤhn-
licher Laͤnge. Dieſes war die Urſache,
warum ich alle Tage tanzen, und bey mei-
nen Handarbeiten, wenn wir alleine wa-
ren, eine Menuet-Arie fingen mußte,
denn mein Vater behauptete, daß durch
dieſe Uebung unvermerkt alle meine Wen-
dungen natuͤrliche Grazien erhalten wuͤr-

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[269/0295] Schritts erfodert, daß es manchen Per- ſonen ſehr ſchwer fiel, dieſen Geſetzen Genuͤge zu leiſten. Der außerordentliche Beyfall, den ich erhielt, fuͤhrte mein Herz auf ein zaͤrtliches Andenken meiner theuren Aeltern zuruͤck, die unter andern liebrei- chen Bemuͤhungen fuͤr meine Erziehung, auch das fruͤhzeitige und oͤftere Tanzen betrieben, weil mein ſchnelles Wachſen eine große Figur verſprach, und mein Va- ter ſagte: daß der fruͤhe Unterricht im Tanzen einer großen Perſon am noͤthig- ſten ſey, um durch die Muſik ihre Bewe- gungen harmoniſch und angenehm zu ma- chen, indem es immer bemerkt worden ſey, daß die Grazien ſich leichter mit ei- ner Perſon von mittlerer Groͤße verbin- den, als mit einer von mehr als gewoͤhn- licher Laͤnge. Dieſes war die Urſache, warum ich alle Tage tanzen, und bey mei- nen Handarbeiten, wenn wir alleine wa- ren, eine Menuet-Arie fingen mußte, denn mein Vater behauptete, daß durch dieſe Uebung unvermerkt alle meine Wen- dungen natuͤrliche Grazien erhalten wuͤr- den.

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/295>, abgerufen am 25.11.2024.