celain. Unter der Thüre dieses Hauses war die Gräfin F* als Wirthin gekleidet, und bewillkommte die Gäste mit einer rei- zenden Gefälligkeit. Alle Bedienten des Hauses waren als Kellerjungen oder Schenkknechte, und auch die Musicanten nach bäuerischer Art angezogen; auf ei- nem Platz waren Becker und Bilderkrä- mer, wo unsre Bauren uns hinführten und eine Bäuerin eine Prezel oder sonst ein Stück aus feiner Pastille gearbeitetes Brod bekam, welches der Bauer zerbrach und dann entweder ein Stück Spitzen, Bänder oder andre artige Sachen darinn fand. Bey dem Bilderkrämer bekamen wir niedliche Miniatur-Gemählde zu se- hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo- gen wurden. Jch bekam die vom Apollo verfolgte Daphne, ein feines niedliches Stück; es schien auch, daß mich andere darum beneideten, weil es für das schön- ste gehalten wurde. Es dünke mich vie- lerley Veränderungen und Ausdrücke auf den Gesichtern einiger Damen zu lesen, da sie es ansahen.
Wie
celain. Unter der Thuͤre dieſes Hauſes war die Graͤfin F* als Wirthin gekleidet, und bewillkommte die Gaͤſte mit einer rei- zenden Gefaͤlligkeit. Alle Bedienten des Hauſes waren als Kellerjungen oder Schenkknechte, und auch die Muſicanten nach baͤueriſcher Art angezogen; auf ei- nem Platz waren Becker und Bilderkraͤ- mer, wo unſre Bauren uns hinfuͤhrten und eine Baͤuerin eine Prezel oder ſonſt ein Stuͤck aus feiner Paſtille gearbeitetes Brod bekam, welches der Bauer zerbrach und dann entweder ein Stuͤck Spitzen, Baͤnder oder andre artige Sachen darinn fand. Bey dem Bilderkraͤmer bekamen wir niedliche Miniatur-Gemaͤhlde zu ſe- hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo- gen wurden. Jch bekam die vom Apollo verfolgte Daphne, ein feines niedliches Stuͤck; es ſchien auch, daß mich andere darum beneideten, weil es fuͤr das ſchoͤn- ſte gehalten wurde. Es duͤnke mich vie- lerley Veraͤnderungen und Ausdruͤcke auf den Geſichtern einiger Damen zu leſen, da ſie es anſahen.
Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0288"n="262"/>
celain. Unter der Thuͤre dieſes Hauſes<lb/>
war die Graͤfin F* als Wirthin gekleidet,<lb/>
und bewillkommte die Gaͤſte mit einer rei-<lb/>
zenden Gefaͤlligkeit. Alle Bedienten des<lb/>
Hauſes waren als Kellerjungen oder<lb/>
Schenkknechte, und auch die Muſicanten<lb/>
nach baͤueriſcher Art angezogen; auf ei-<lb/>
nem Platz waren Becker und Bilderkraͤ-<lb/>
mer, wo unſre Bauren uns hinfuͤhrten<lb/>
und eine Baͤuerin eine Prezel oder ſonſt<lb/>
ein Stuͤck aus feiner Paſtille gearbeitetes<lb/>
Brod bekam, welches der Bauer zerbrach<lb/>
und dann entweder ein Stuͤck Spitzen,<lb/>
Baͤnder oder andre artige Sachen darinn<lb/>
fand. Bey dem Bilderkraͤmer bekamen<lb/>
wir niedliche Miniatur-Gemaͤhlde zu ſe-<lb/>
hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo-<lb/>
gen wurden. Jch bekam die vom Apollo<lb/>
verfolgte Daphne, ein feines niedliches<lb/>
Stuͤck; es ſchien auch, daß mich andere<lb/>
darum beneideten, weil es fuͤr das ſchoͤn-<lb/>ſte gehalten wurde. Es duͤnke mich vie-<lb/>
lerley Veraͤnderungen und Ausdruͤcke auf<lb/>
den Geſichtern einiger Damen zu leſen,<lb/>
da ſie es anſahen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[262/0288]
celain. Unter der Thuͤre dieſes Hauſes
war die Graͤfin F* als Wirthin gekleidet,
und bewillkommte die Gaͤſte mit einer rei-
zenden Gefaͤlligkeit. Alle Bedienten des
Hauſes waren als Kellerjungen oder
Schenkknechte, und auch die Muſicanten
nach baͤueriſcher Art angezogen; auf ei-
nem Platz waren Becker und Bilderkraͤ-
mer, wo unſre Bauren uns hinfuͤhrten
und eine Baͤuerin eine Prezel oder ſonſt
ein Stuͤck aus feiner Paſtille gearbeitetes
Brod bekam, welches der Bauer zerbrach
und dann entweder ein Stuͤck Spitzen,
Baͤnder oder andre artige Sachen darinn
fand. Bey dem Bilderkraͤmer bekamen
wir niedliche Miniatur-Gemaͤhlde zu ſe-
hen, welche, wie aus einer Lotterie gezo-
gen wurden. Jch bekam die vom Apollo
verfolgte Daphne, ein feines niedliches
Stuͤck; es ſchien auch, daß mich andere
darum beneideten, weil es fuͤr das ſchoͤn-
ſte gehalten wurde. Es duͤnke mich vie-
lerley Veraͤnderungen und Ausdruͤcke auf
den Geſichtern einiger Damen zu leſen,
da ſie es anſahen.
Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/288>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.