nung, mit welchem sie zurück kam; da der Fürst bald nach ihr heraus trat, der sein Vergnügen über sie nicht verbergen konn- te, und seine Leidenschaft in vollem Feuer zeigte. Mit wie viel niederträchtiger Ge- fälligkeit bot sie ihm Sorbet an, schwatzte mit ihm, tanzte ihm zu Liebe englisch mit einem Eifer, den sie sonst nur für die Tu- gend zeigte. Und wie reizend, o Gott, wie reizend war sie! Wie unnachahmlich ihr Tanz; alle Grazien in ihr vereinigt, so wie es die Furien in meinem Herzen waren! denn ich fühlte es von dem Ge- danken zerrissen, daß ich, der ihre Tu- gend angebetet hatte, der sie zu meiner Gemahlin gewünscht, ein Zeuge seyn mußte, wie sie Ehre und Unschuld aufgab, und im Angesichte des Himmels und der Menschen, ein triumphirendes Aussehen dabey hatte. Unbegreiflich ist mir eine Beobachtung über mein Herz in dieser Ge- legenheit. Sie wissen, wie heftig ich einst eine unserer Schauspielerinnen liebte; ich wußte, daß ihre Gunst zu erkaufen war, und daß sie für ihr Herz ganz keine Ach-
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nung, mit welchem ſie zuruͤck kam; da der Fuͤrſt bald nach ihr heraus trat, der ſein Vergnuͤgen uͤber ſie nicht verbergen konn- te, und ſeine Leidenſchaft in vollem Feuer zeigte. Mit wie viel niedertraͤchtiger Ge- faͤlligkeit bot ſie ihm Sorbet an, ſchwatzte mit ihm, tanzte ihm zu Liebe engliſch mit einem Eifer, den ſie ſonſt nur fuͤr die Tu- gend zeigte. Und wie reizend, o Gott, wie reizend war ſie! Wie unnachahmlich ihr Tanz; alle Grazien in ihr vereinigt, ſo wie es die Furien in meinem Herzen waren! denn ich fuͤhlte es von dem Ge- danken zerriſſen, daß ich, der ihre Tu- gend angebetet hatte, der ſie zu meiner Gemahlin gewuͤnſcht, ein Zeuge ſeyn mußte, wie ſie Ehre und Unſchuld aufgab, und im Angeſichte des Himmels und der Menſchen, ein triumphirendes Ausſehen dabey hatte. Unbegreiflich iſt mir eine Beobachtung uͤber mein Herz in dieſer Ge- legenheit. Sie wiſſen, wie heftig ich einſt eine unſerer Schauſpielerinnen liebte; ich wußte, daß ihre Gunſt zu erkaufen war, und daß ſie fuͤr ihr Herz ganz keine Ach-
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nung, mit welchem ſie zuruͤck kam; da der
Fuͤrſt bald nach ihr heraus trat, der ſein
Vergnuͤgen uͤber ſie nicht verbergen konn-
te, und ſeine Leidenſchaft in vollem Feuer
zeigte. Mit wie viel niedertraͤchtiger Ge-
faͤlligkeit bot ſie ihm Sorbet an, ſchwatzte
mit ihm, tanzte ihm zu Liebe engliſch mit
einem Eifer, den ſie ſonſt nur fuͤr die Tu-
gend zeigte. Und wie reizend, o Gott,
wie reizend war ſie! Wie unnachahmlich
ihr Tanz; alle Grazien in ihr vereinigt,
ſo wie es die Furien in meinem Herzen
waren! denn ich fuͤhlte es von dem Ge-
danken zerriſſen, daß ich, der ihre Tu-
gend angebetet hatte, der ſie zu meiner
Gemahlin gewuͤnſcht, ein Zeuge ſeyn
mußte, wie ſie Ehre und Unſchuld aufgab,
und im Angeſichte des Himmels und der
Menſchen, ein triumphirendes Ausſehen
dabey hatte. Unbegreiflich iſt mir eine
Beobachtung uͤber mein Herz in dieſer Ge-
legenheit. Sie wiſſen, wie heftig ich einſt
eine unſerer Schauſpielerinnen liebte; ich
wußte, daß ihre Gunſt zu erkaufen war,
und daß ſie fuͤr ihr Herz ganz keine Ach-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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