Zeitlang mit Fasten und Beten zubringen; muß ich dieser enthusiastischen Seele zu ge- fallen, mich aller meiner bisherigen Ver- gnügungen entwöhnen. Schon hat mir meine, von ungefehr entdeckte Wohlthä- tigkeit an der Familie T* große Dienste bey ihr gethan; nun muß ich sie einmal in diesem Hause überraschen. Sie geht manchmal hin, den Kindern Unterricht, und den Aeltern Trost zu geben. Den- noch hat alle ihre Moral den Einfluß mei- ner Guineen nicht verhindern können, durch die ich bey diesen Leuten Gelegenheit finden werde, sie zu sehen, und einen Schritt zu ihrem Herzen zu machen; wäh- rend, daß ich auf der andern Seite die magische Sympathie der Schwärme- rey zu schwächen suche, die in einem ein- zigen Augenblick zwischen ihr und Sey- mourn entstehen könnte, wenn sie jemals einander im Umgang nahe genug kämen, den sogleich gestimmten Ton ihrer Seelen zu hören. Doch dem bin ich ziemlich zu- vor kommen, indem sich Seymour just des Secretairs seines Oncles, der mein
Sclave
Zeitlang mit Faſten und Beten zubringen; muß ich dieſer enthuſiaſtiſchen Seele zu ge- fallen, mich aller meiner bisherigen Ver- gnuͤgungen entwoͤhnen. Schon hat mir meine, von ungefehr entdeckte Wohlthaͤ- tigkeit an der Familie T* große Dienſte bey ihr gethan; nun muß ich ſie einmal in dieſem Hauſe uͤberraſchen. Sie geht manchmal hin, den Kindern Unterricht, und den Aeltern Troſt zu geben. Den- noch hat alle ihre Moral den Einfluß mei- ner Guineen nicht verhindern koͤnnen, durch die ich bey dieſen Leuten Gelegenheit finden werde, ſie zu ſehen, und einen Schritt zu ihrem Herzen zu machen; waͤh- rend, daß ich auf der andern Seite die magiſche Sympathie der Schwaͤrme- rey zu ſchwaͤchen ſuche, die in einem ein- zigen Augenblick zwiſchen ihr und Sey- mourn entſtehen koͤnnte, wenn ſie jemals einander im Umgang nahe genug kaͤmen, den ſogleich geſtimmten Ton ihrer Seelen zu hoͤren. Doch dem bin ich ziemlich zu- vor kommen, indem ſich Seymour juſt des Secretairs ſeines Oncles, der mein
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Zeitlang mit Faſten und Beten zubringen;
muß ich dieſer enthuſiaſtiſchen Seele zu ge-
fallen, mich aller meiner bisherigen Ver-
gnuͤgungen entwoͤhnen. Schon hat mir
meine, von ungefehr entdeckte Wohlthaͤ-
tigkeit an der Familie T* große Dienſte
bey ihr gethan; nun muß ich ſie einmal
in dieſem Hauſe uͤberraſchen. Sie geht
manchmal hin, den Kindern Unterricht,
und den Aeltern Troſt zu geben. Den-
noch hat alle ihre Moral den Einfluß mei-
ner Guineen nicht verhindern koͤnnen,
durch die ich bey dieſen Leuten Gelegenheit
finden werde, ſie zu ſehen, und einen
Schritt zu ihrem Herzen zu machen; waͤh-
rend, daß ich auf der andern Seite die
magiſche Sympathie der Schwaͤrme-
rey zu ſchwaͤchen ſuche, die in einem ein-
zigen Augenblick zwiſchen ihr und Sey-
mourn entſtehen koͤnnte, wenn ſie jemals
einander im Umgang nahe genug kaͤmen,
den ſogleich geſtimmten Ton ihrer Seelen
zu hoͤren. Doch dem bin ich ziemlich zu-
vor kommen, indem ſich Seymour juſt
des Secretairs ſeines Oncles, der mein
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/276>, abgerufen am 22.11.2024.
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