auch die Besten von der Begierde zu ge- fallen eingenommen sind, hängt sie der Uebung der Wohlthätigkeit nach. Andre werden durch die Versammlung vieler Leu- te und den Lermen eines Festes, durch die Pracht der Kleider und Verzierungen betäubt, durch die Musik weichlich ge- macht, und durch alles zusammen den Ver- führungen der Sinnlichkeit bloß gegeben, Sie wird auch gerührt, aber zum Mit- leiden für die Armen; und diese Bewe- gung ist so stark, daß sie Gesellschaft und Freuden verläßt, um ein Werk der Wohl- thätigkeit auszuüben. Ha! wenn diese starke und geschäfftigte Empfindlichkeit ih- rer Seele zum Genuß des Vergnügens umgestimmt seyn wird, und die ersten Tö- ne für mich klingen werden! -- dann, B., dann werde ich dir aus Erfahrung von der feinen Wollust erzählen können, die Venus in Gesellschaft der Musen und Grazien ausgießt. Aber ich werde mich dazu vorbereiten müssen. Wie Schwärmer, die in den persönlichen Um- gang mit Geistern kommen wollen, eine
Zeit-
Q 5
auch die Beſten von der Begierde zu ge- fallen eingenommen ſind, haͤngt ſie der Uebung der Wohlthaͤtigkeit nach. Andre werden durch die Verſammlung vieler Leu- te und den Lermen eines Feſtes, durch die Pracht der Kleider und Verzierungen betaͤubt, durch die Muſik weichlich ge- macht, und durch alles zuſammen den Ver- fuͤhrungen der Sinnlichkeit bloß gegeben, Sie wird auch geruͤhrt, aber zum Mit- leiden fuͤr die Armen; und dieſe Bewe- gung iſt ſo ſtark, daß ſie Geſellſchaft und Freuden verlaͤßt, um ein Werk der Wohl- thaͤtigkeit auszuuͤben. Ha! wenn dieſe ſtarke und geſchaͤfftigte Empfindlichkeit ih- rer Seele zum Genuß des Vergnuͤgens umgeſtimmt ſeyn wird, und die erſten Toͤ- ne fuͤr mich klingen werden! — dann, B., dann werde ich dir aus Erfahrung von der feinen Wolluſt erzaͤhlen koͤnnen, die Venus in Geſellſchaft der Muſen und Grazien ausgießt. Aber ich werde mich dazu vorbereiten muͤſſen. Wie Schwaͤrmer, die in den perſoͤnlichen Um- gang mit Geiſtern kommen wollen, eine
Zeit-
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auch die Beſten von der Begierde zu ge-
fallen eingenommen ſind, haͤngt ſie der
Uebung der Wohlthaͤtigkeit nach. Andre
werden durch die Verſammlung vieler Leu-
te und den Lermen eines Feſtes, durch
die Pracht der Kleider und Verzierungen
betaͤubt, durch die Muſik weichlich ge-
macht, und durch alles zuſammen den Ver-
fuͤhrungen der Sinnlichkeit bloß gegeben,
Sie wird auch geruͤhrt, aber zum Mit-
leiden fuͤr die Armen; und dieſe Bewe-
gung iſt ſo ſtark, daß ſie Geſellſchaft und
Freuden verlaͤßt, um ein Werk der Wohl-
thaͤtigkeit auszuuͤben. Ha! wenn dieſe
ſtarke und geſchaͤfftigte Empfindlichkeit ih-
rer Seele zum Genuß des Vergnuͤgens
umgeſtimmt ſeyn wird, und die erſten Toͤ-
ne fuͤr mich klingen werden! — dann,
B., dann werde ich dir aus Erfahrung
von der feinen Wolluſt erzaͤhlen koͤnnen,
die Venus in Geſellſchaft der Muſen
und Grazien ausgießt. Aber ich werde
mich dazu vorbereiten muͤſſen. Wie
Schwaͤrmer, die in den perſoͤnlichen Um-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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