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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Mein Vergnügen über diese kleine freund-
schaftliche Unterredung wurde durch die
Wahrnehmung des sichtbaren Verdrusses,
den Seymour darüber hatte, unendlich
vergrößert. Der Fürst, dem es auch nicht
gefiel, näherte sich uns, und ich entfern-
te mich, um dem Grafen F* zu sagen,
daß das Fräulein gerne englisch tanze.
Gleich wurde die Musik dazu angefangen,
und jeder suchte seine Bäuerin auf. Der
junge F* als Compagnon des Fräuleins
von Sternheim, stellte sich in der halben
Reyhe an; aber sein Vater machte alle
Paare zurücktreten, um dem Fräulein den
ersten Platz zu geben; die ihn mit Erstau-
nen annahm, und die Reihe mit der sel-
tensten Geschwindigkeit und vollkommen-
sten Anmuth durchtanzte Jch blieb bey
der ersten Partie mit Fleiß zurück, und
gieng an der Reyhe mit Milord G. und
dem Fürsten auf und ab. Dieser hatte
kein Auge, als für Fräulein Sternheim
und sagte immer: tanzt sie nicht wie ein
Engel? Da nun Lord G. versicherte, daß
eine gebohrne Engländerin, Schritt und

Wen-
Q 3

Mein Vergnuͤgen uͤber dieſe kleine freund-
ſchaftliche Unterredung wurde durch die
Wahrnehmung des ſichtbaren Verdruſſes,
den Seymour daruͤber hatte, unendlich
vergroͤßert. Der Fuͤrſt, dem es auch nicht
gefiel, naͤherte ſich uns, und ich entfern-
te mich, um dem Grafen F* zu ſagen,
daß das Fraͤulein gerne engliſch tanze.
Gleich wurde die Muſik dazu angefangen,
und jeder ſuchte ſeine Baͤuerin auf. Der
junge F* als Compagnon des Fraͤuleins
von Sternheim, ſtellte ſich in der halben
Reyhe an; aber ſein Vater machte alle
Paare zuruͤcktreten, um dem Fraͤulein den
erſten Platz zu geben; die ihn mit Erſtau-
nen annahm, und die Reihe mit der ſel-
tenſten Geſchwindigkeit und vollkommen-
ſten Anmuth durchtanzte Jch blieb bey
der erſten Partie mit Fleiß zuruͤck, und
gieng an der Reyhe mit Milord G. und
dem Fuͤrſten auf und ab. Dieſer hatte
kein Auge, als fuͤr Fraͤulein Sternheim
und ſagte immer: tanzt ſie nicht wie ein
Engel? Da nun Lord G. verſicherte, daß
eine gebohrne Englaͤnderin, Schritt und

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Q 3
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[245/0271] Mein Vergnuͤgen uͤber dieſe kleine freund- ſchaftliche Unterredung wurde durch die Wahrnehmung des ſichtbaren Verdruſſes, den Seymour daruͤber hatte, unendlich vergroͤßert. Der Fuͤrſt, dem es auch nicht gefiel, naͤherte ſich uns, und ich entfern- te mich, um dem Grafen F* zu ſagen, daß das Fraͤulein gerne engliſch tanze. Gleich wurde die Muſik dazu angefangen, und jeder ſuchte ſeine Baͤuerin auf. Der junge F* als Compagnon des Fraͤuleins von Sternheim, ſtellte ſich in der halben Reyhe an; aber ſein Vater machte alle Paare zuruͤcktreten, um dem Fraͤulein den erſten Platz zu geben; die ihn mit Erſtau- nen annahm, und die Reihe mit der ſel- tenſten Geſchwindigkeit und vollkommen- ſten Anmuth durchtanzte Jch blieb bey der erſten Partie mit Fleiß zuruͤck, und gieng an der Reyhe mit Milord G. und dem Fuͤrſten auf und ab. Dieſer hatte kein Auge, als fuͤr Fraͤulein Sternheim und ſagte immer: tanzt ſie nicht wie ein Engel? Da nun Lord G. verſicherte, daß eine gebohrne Englaͤnderin, Schritt und Wen- Q 3

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/271>, abgerufen am 25.11.2024.