weit von dem liebenswürdigen Deutschen weg, dessen feines und mit unendlichen Kenntnissen bereichertes Genie in unserer aus so verschiednen Charaktern zusammen gesetzten Gesellschaft, moralische Schat- tierfarben zu seinen reizenden Ge- mählden der Menschen sammelte. Er sagte mir dieses, als ich seine Herab- lassung zu manchen nichtsbedeutenden Ge- sprächen lobte.
Mit Entzückung lernte ich in ihm das Bild der ächten Freundschaft kennen, da er mir von einem hochachtungswürdigen Manne erzählte, "der von dem ehemali- "gen Besitzer dieses Hauses erzogen wor- "den, und als ein lebender Beweis der "unzähligen Fähigkeiten unsers Geistes "anzuführen sey, weil er die Wissenschaft "des feinsten Staatsmannes mit aller Ge- "lehrsamkeit des Philosophen, des Physi- "kers und des schönen Geistes verbände, "alle Werke der Kunst gründlich beurthei- "len könnte, die Staatsökonomie und "Landwirthschaft in allen ihren Theilen "verstehe, verschiedene Sprachen gut rede
"und
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weit von dem liebenswuͤrdigen Deutſchen weg, deſſen feines und mit unendlichen Kenntniſſen bereichertes Genie in unſerer aus ſo verſchiednen Charaktern zuſammen geſetzten Geſellſchaft, moraliſche Schat- tierfarben zu ſeinen reizenden Ge- maͤhlden der Menſchen ſammelte. Er ſagte mir dieſes, als ich ſeine Herab- laſſung zu manchen nichtsbedeutenden Ge- ſpraͤchen lobte.
Mit Entzuͤckung lernte ich in ihm das Bild der aͤchten Freundſchaft kennen, da er mir von einem hochachtungswuͤrdigen Manne erzaͤhlte, „der von dem ehemali- „gen Beſitzer dieſes Hauſes erzogen wor- „den, und als ein lebender Beweis der „unzaͤhligen Faͤhigkeiten unſers Geiſtes „anzufuͤhren ſey, weil er die Wiſſenſchaft „des feinſten Staatsmannes mit aller Ge- „lehrſamkeit des Philoſophen, des Phyſi- „kers und des ſchoͤnen Geiſtes verbaͤnde, „alle Werke der Kunſt gruͤndlich beurthei- „len koͤnnte, die Staatsoͤkonomie und „Landwirthſchaft in allen ihren Theilen „verſtehe, verſchiedene Sprachen gut rede
„und
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weit von dem liebenswuͤrdigen Deutſchen
weg, deſſen feines und mit unendlichen
Kenntniſſen bereichertes Genie in unſerer
aus ſo verſchiednen Charaktern zuſammen
geſetzten Geſellſchaft, moraliſche Schat-
tierfarben zu ſeinen reizenden Ge-
maͤhlden der Menſchen ſammelte.
Er ſagte mir dieſes, als ich ſeine Herab-
laſſung zu manchen nichtsbedeutenden Ge-
ſpraͤchen lobte.
Mit Entzuͤckung lernte ich in ihm das
Bild der aͤchten Freundſchaft kennen, da
er mir von einem hochachtungswuͤrdigen
Manne erzaͤhlte, „der von dem ehemali-
„gen Beſitzer dieſes Hauſes erzogen wor-
„den, und als ein lebender Beweis der
„unzaͤhligen Faͤhigkeiten unſers Geiſtes
„anzufuͤhren ſey, weil er die Wiſſenſchaft
„des feinſten Staatsmannes mit aller Ge-
„lehrſamkeit des Philoſophen, des Phyſi-
„kers und des ſchoͤnen Geiſtes verbaͤnde,
„alle Werke der Kunſt gruͤndlich beurthei-
„len koͤnnte, die Staatsoͤkonomie und
„Landwirthſchaft in allen ihren Theilen
„verſtehe, verſchiedene Sprachen gut rede
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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