[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.genblick des Zufalls zu benutzen, und die Jch war vor einigen Tagen in einer mein *) Es gehört immer noch viele Einsicht dazu,
den Zufall so wohl zu benutzen, und vielleicht mehr, als einen wohlausgedachten Entwurf zu machen. Aber das ist der große Haufe nicht fä- hig zu begreifen: und daher pflegt man ihn im- mer gerne glauben zu lassen, was, seinen Begrif- fen nach, denen die ihn regieren die meiste Ehre macht. Die Welt wird nur darum so viel betro- gen, weil sie betrogen seyn will. A. d. H. genblick des Zufalls zu benutzen, und die Jch war vor einigen Tagen in einer mein *) Es gehoͤrt immer noch viele Einſicht dazu,
den Zufall ſo wohl zu benutzen, und vielleicht mehr, als einen wohlausgedachten Entwurf zu machen. Aber das iſt der große Haufe nicht faͤ- hig zu begreifen: und daher pflegt man ihn im- mer gerne glauben zu laſſen, was, ſeinen Begrif- fen nach, denen die ihn regieren die meiſte Ehre macht. Die Welt wird nur darum ſo viel betro- gen, weil ſie betrogen ſeyn will. A. d. H. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0230" n="204"/> genblick des Zufalls zu benutzen, und die<lb/> uͤbrige Welt glauben zu machen, daß es<lb/> die Arbeit ſeiner tiefen Einſichten geweſen<lb/> ſey.<note place="foot" n="*)">Es gehoͤrt immer noch viele Einſicht dazu,<lb/> den Zufall ſo wohl zu benutzen, und vielleicht<lb/> mehr, als einen wohlausgedachten Entwurf zu<lb/> machen. Aber das iſt der große Haufe nicht faͤ-<lb/> hig zu begreifen: und daher pflegt man ihn im-<lb/> mer gerne glauben zu laſſen, was, ſeinen Begrif-<lb/> fen nach, denen die ihn regieren die meiſte Ehre<lb/> macht. Die Welt wird nur darum ſo viel betro-<lb/> gen, weil ſie betrogen ſeyn will. A. d. H.</note> Nun ſollſt du ſehen, wie ich dieſe<lb/> Aehnlichkeit gefunden, und wie ich mir<lb/> eine unvorgeſehene Gelegenheit durch die<lb/> Hiſtorie der Leidenſchaften und die Kennt-<lb/> niß des weiblichen Herzens zu bedienen<lb/> gewußt habe.</p><lb/> <p>Jch war vor einigen Tagen in einer<lb/> ungeduldigen Verlegenheit uͤber die Aus-<lb/> wahl der Mittel, die ich brauchen muͤßte,<lb/> um das Fraͤulein von Sternheim zu ge-<lb/> winnen. Haͤtte ſie nur gewoͤhnlichen<lb/> Witz und gewoͤhnliche Tugend, ſo waͤre<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mein</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0230]
genblick des Zufalls zu benutzen, und die
uͤbrige Welt glauben zu machen, daß es
die Arbeit ſeiner tiefen Einſichten geweſen
ſey. *) Nun ſollſt du ſehen, wie ich dieſe
Aehnlichkeit gefunden, und wie ich mir
eine unvorgeſehene Gelegenheit durch die
Hiſtorie der Leidenſchaften und die Kennt-
niß des weiblichen Herzens zu bedienen
gewußt habe.
Jch war vor einigen Tagen in einer
ungeduldigen Verlegenheit uͤber die Aus-
wahl der Mittel, die ich brauchen muͤßte,
um das Fraͤulein von Sternheim zu ge-
winnen. Haͤtte ſie nur gewoͤhnlichen
Witz und gewoͤhnliche Tugend, ſo waͤre
mein
*) Es gehoͤrt immer noch viele Einſicht dazu,
den Zufall ſo wohl zu benutzen, und vielleicht
mehr, als einen wohlausgedachten Entwurf zu
machen. Aber das iſt der große Haufe nicht faͤ-
hig zu begreifen: und daher pflegt man ihn im-
mer gerne glauben zu laſſen, was, ſeinen Begrif-
fen nach, denen die ihn regieren die meiſte Ehre
macht. Die Welt wird nur darum ſo viel betro-
gen, weil ſie betrogen ſeyn will. A. d. H.
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