gang so wohl zufrieden, daß wir Abrede nahmen, den andern Tag nach dem Früh- stück auf das freye Feld und in dem Dor- fe herumzugehen.
Es waren zween glückliche Tage für mich. Landluft, freye Aussicht, Ruhe, schöne Natur, der Segen des Schöpfers auf Wiesen und Kornfeldern, die Aemsig- keit des Landmanns. -- Mit wie viel Zärtlichkeit und Bewegung heftete ich mei- ne Blicke auf dieß alles! Wie viel Erin- nerungen brachte es in mein Herz von verflossenen Zeiten, von genossener Zufrie- denheit! Wie eifrig machte ich Wünsche für meine Unterthanen; für Segen zu ihrer Arbeit, und für die Zurückkunft meiner Tante R.! Sie wissen, meine Emilia, daß mein Gesicht allezeit die Em- pfindungen meiner Seele ausdrückt. Jch mag zärtlich und gerührt ausgesehen ha- ben; der Ton meiner Stimme stimmte zu diesen Zügen. Aber Lord Derby erschreck- te mich beynahe durch das Feuer, mit dem er mich betrachtete, durch den Eifer und die Hastigkeit, womit er mich bey der
Hand
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gang ſo wohl zufrieden, daß wir Abrede nahmen, den andern Tag nach dem Fruͤh- ſtuͤck auf das freye Feld und in dem Dor- fe herumzugehen.
Es waren zween gluͤckliche Tage fuͤr mich. Landluft, freye Ausſicht, Ruhe, ſchoͤne Natur, der Segen des Schoͤpfers auf Wieſen und Kornfeldern, die Aemſig- keit des Landmanns. — Mit wie viel Zaͤrtlichkeit und Bewegung heftete ich mei- ne Blicke auf dieß alles! Wie viel Erin- nerungen brachte es in mein Herz von verfloſſenen Zeiten, von genoſſener Zufrie- denheit! Wie eifrig machte ich Wuͤnſche fuͤr meine Unterthanen; fuͤr Segen zu ihrer Arbeit, und fuͤr die Zuruͤckkunft meiner Tante R.! Sie wiſſen, meine Emilia, daß mein Geſicht allezeit die Em- pfindungen meiner Seele ausdruͤckt. Jch mag zaͤrtlich und geruͤhrt ausgeſehen ha- ben; der Ton meiner Stimme ſtimmte zu dieſen Zuͤgen. Aber Lord Derby erſchreck- te mich beynahe durch das Feuer, mit dem er mich betrachtete, durch den Eifer und die Haſtigkeit, womit er mich bey der
Hand
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gang ſo wohl zufrieden, daß wir Abrede
nahmen, den andern Tag nach dem Fruͤh-
ſtuͤck auf das freye Feld und in dem Dor-
fe herumzugehen.
Es waren zween gluͤckliche Tage fuͤr
mich. Landluft, freye Ausſicht, Ruhe,
ſchoͤne Natur, der Segen des Schoͤpfers
auf Wieſen und Kornfeldern, die Aemſig-
keit des Landmanns. — Mit wie viel
Zaͤrtlichkeit und Bewegung heftete ich mei-
ne Blicke auf dieß alles! Wie viel Erin-
nerungen brachte es in mein Herz von
verfloſſenen Zeiten, von genoſſener Zufrie-
denheit! Wie eifrig machte ich Wuͤnſche
fuͤr meine Unterthanen; fuͤr Segen zu
ihrer Arbeit, und fuͤr die Zuruͤckkunft
meiner Tante R.! Sie wiſſen, meine
Emilia, daß mein Geſicht allezeit die Em-
pfindungen meiner Seele ausdruͤckt. Jch
mag zaͤrtlich und geruͤhrt ausgeſehen ha-
ben; der Ton meiner Stimme ſtimmte zu
dieſen Zuͤgen. Aber Lord Derby erſchreck-
te mich beynahe durch das Feuer, mit dem
er mich betrachtete, durch den Eifer und
die Haſtigkeit, womit er mich bey der
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/221>, abgerufen am 24.11.2024.
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