ihren angewiesenen Kreis haben, darinn sie alles antreffen, was zu ihrer Vollkom- menheit beytragen kann: so möge auch in der moralischen Welt das Hofleben der Kreis seyn, in welchem allein gewisse Fä- higkeiten unsers Geistes und Körpers ihre vollkommene Ausbildung erlangen kön- nen; als z. E. die höchste Stufe des fei- nen Geschmacks in allem was die Sinnen rührt, und von der Einbildungskraft ab- hängt; dahin nicht allein die unendliche Menge Sachen aller Künste und beynahe aller Nothdürftigkeiten von Nahrung, Kleidung, Geräthschaft, nebst allen Ar- ten von Verzierungen gehören, deren alle Gattungen von äußerlichen Gegenständen fähig sind, sich beziehen. Der Hof ist auch der schicklichste Schauplatz die außer- ordentliche Biegsamkeit unsers Geistes und Körpers zu beweisen; eine Fähigkeit die sich daselbst in einer unendlichen Menge feiner Wendungen in Gedanken, Aus- druck und Gebehrden, ja selbst in mora- lischen Handlungen äußert, je nach dem Politik, Glück oder Ehrgeiz von einer oder
andern
ihren angewieſenen Kreis haben, darinn ſie alles antreffen, was zu ihrer Vollkom- menheit beytragen kann: ſo moͤge auch in der moraliſchen Welt das Hofleben der Kreis ſeyn, in welchem allein gewiſſe Faͤ- higkeiten unſers Geiſtes und Koͤrpers ihre vollkommene Ausbildung erlangen koͤn- nen; als z. E. die hoͤchſte Stufe des fei- nen Geſchmacks in allem was die Sinnen ruͤhrt, und von der Einbildungskraft ab- haͤngt; dahin nicht allein die unendliche Menge Sachen aller Kuͤnſte und beynahe aller Nothduͤrftigkeiten von Nahrung, Kleidung, Geraͤthſchaft, nebſt allen Ar- ten von Verzierungen gehoͤren, deren alle Gattungen von aͤußerlichen Gegenſtaͤnden faͤhig ſind, ſich beziehen. Der Hof iſt auch der ſchicklichſte Schauplatz die außer- ordentliche Biegſamkeit unſers Geiſtes und Koͤrpers zu beweiſen; eine Faͤhigkeit die ſich daſelbſt in einer unendlichen Menge feiner Wendungen in Gedanken, Aus- druck und Gebehrden, ja ſelbſt in mora- liſchen Handlungen aͤußert, je nach dem Politik, Gluͤck oder Ehrgeiz von einer oder
andern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0217"n="191"/>
ihren angewieſenen Kreis haben, darinn<lb/>ſie alles antreffen, was zu ihrer Vollkom-<lb/>
menheit beytragen kann: ſo moͤge auch in<lb/>
der moraliſchen Welt das Hofleben der<lb/>
Kreis ſeyn, in welchem allein gewiſſe Faͤ-<lb/>
higkeiten unſers Geiſtes und Koͤrpers ihre<lb/>
vollkommene Ausbildung erlangen koͤn-<lb/>
nen; als z. E. die hoͤchſte Stufe des fei-<lb/>
nen Geſchmacks in allem was die Sinnen<lb/>
ruͤhrt, und von der Einbildungskraft ab-<lb/>
haͤngt; dahin nicht allein die unendliche<lb/>
Menge Sachen aller Kuͤnſte und beynahe<lb/>
aller Nothduͤrftigkeiten von Nahrung,<lb/>
Kleidung, Geraͤthſchaft, nebſt allen Ar-<lb/>
ten von Verzierungen gehoͤren, deren alle<lb/>
Gattungen von aͤußerlichen Gegenſtaͤnden<lb/>
faͤhig ſind, ſich beziehen. Der Hof iſt<lb/>
auch der ſchicklichſte Schauplatz die außer-<lb/>
ordentliche Biegſamkeit unſers Geiſtes und<lb/>
Koͤrpers zu beweiſen; eine Faͤhigkeit die<lb/>ſich daſelbſt in einer unendlichen Menge<lb/>
feiner Wendungen in Gedanken, Aus-<lb/>
druck und Gebehrden, ja ſelbſt in mora-<lb/>
liſchen Handlungen aͤußert, je nach dem<lb/>
Politik, Gluͤck oder Ehrgeiz von einer oder<lb/><fwplace="bottom"type="catch">andern</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[191/0217]
ihren angewieſenen Kreis haben, darinn
ſie alles antreffen, was zu ihrer Vollkom-
menheit beytragen kann: ſo moͤge auch in
der moraliſchen Welt das Hofleben der
Kreis ſeyn, in welchem allein gewiſſe Faͤ-
higkeiten unſers Geiſtes und Koͤrpers ihre
vollkommene Ausbildung erlangen koͤn-
nen; als z. E. die hoͤchſte Stufe des fei-
nen Geſchmacks in allem was die Sinnen
ruͤhrt, und von der Einbildungskraft ab-
haͤngt; dahin nicht allein die unendliche
Menge Sachen aller Kuͤnſte und beynahe
aller Nothduͤrftigkeiten von Nahrung,
Kleidung, Geraͤthſchaft, nebſt allen Ar-
ten von Verzierungen gehoͤren, deren alle
Gattungen von aͤußerlichen Gegenſtaͤnden
faͤhig ſind, ſich beziehen. Der Hof iſt
auch der ſchicklichſte Schauplatz die außer-
ordentliche Biegſamkeit unſers Geiſtes und
Koͤrpers zu beweiſen; eine Faͤhigkeit die
ſich daſelbſt in einer unendlichen Menge
feiner Wendungen in Gedanken, Aus-
druck und Gebehrden, ja ſelbſt in mora-
liſchen Handlungen aͤußert, je nach dem
Politik, Gluͤck oder Ehrgeiz von einer oder
andern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/217>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.