dem Entwurf einer Vereinigung der Pflich- ten einer Hofdame, zu denen sie von ih- rem Schicksal angewiesen worden, mit den Pflichten der vollkommenen Tugend, welche zu dem Grundbau unserer ewigen Glückseligkeit erfodert wird. Es läßt sich eine Verbindung denken; allein es ist so schwer sie immer in einer gleichen Stär- ke zu erhalten, daß mich nicht wundert, so wenig Personen zu sehen, die darum bekümmert sind. -- Wie oft denke ich; wenn ein Mann, wie mein Vater war, den Platz des ersten Ministers hätte, die- ser Mann wäre der verehrungswürdigste und glücklichste der Menschen.
Es ist wahr, viele Mühseligkeit würde seine Tage begleiten; doch die Betrach- tung des großen Kreises, in welchem er seine Talente und sein Herz zum Besten vieler tausend Lebenden und Nachkommen- den verwenden könnte; diese Aussicht, die schönste für eine wahrhafterhabne und gütige Seele, müßte ihm alles leicht und angenehm machen. Die Kenntniß des menschlichen Herzens würde seinem feinem
Geiste
dem Entwurf einer Vereinigung der Pflich- ten einer Hofdame, zu denen ſie von ih- rem Schickſal angewieſen worden, mit den Pflichten der vollkommenen Tugend, welche zu dem Grundbau unſerer ewigen Gluͤckſeligkeit erfodert wird. Es laͤßt ſich eine Verbindung denken; allein es iſt ſo ſchwer ſie immer in einer gleichen Staͤr- ke zu erhalten, daß mich nicht wundert, ſo wenig Perſonen zu ſehen, die darum bekuͤmmert ſind. — Wie oft denke ich; wenn ein Mann, wie mein Vater war, den Platz des erſten Miniſters haͤtte, die- ſer Mann waͤre der verehrungswuͤrdigſte und gluͤcklichſte der Menſchen.
Es iſt wahr, viele Muͤhſeligkeit wuͤrde ſeine Tage begleiten; doch die Betrach- tung des großen Kreiſes, in welchem er ſeine Talente und ſein Herz zum Beſten vieler tauſend Lebenden und Nachkommen- den verwenden koͤnnte; dieſe Ausſicht, die ſchoͤnſte fuͤr eine wahrhafterhabne und guͤtige Seele, muͤßte ihm alles leicht und angenehm machen. Die Kenntniß des menſchlichen Herzens wuͤrde ſeinem feinem
Geiſte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0212"n="186"/>
dem Entwurf einer Vereinigung der Pflich-<lb/>
ten einer Hofdame, zu denen ſie von ih-<lb/>
rem Schickſal angewieſen worden, mit<lb/>
den Pflichten der vollkommenen Tugend,<lb/>
welche zu dem Grundbau unſerer ewigen<lb/>
Gluͤckſeligkeit erfodert wird. Es laͤßt<lb/>ſich eine Verbindung denken; allein es iſt<lb/>ſo ſchwer ſie immer in einer gleichen Staͤr-<lb/>
ke zu erhalten, daß mich nicht wundert,<lb/>ſo wenig Perſonen zu ſehen, die darum<lb/>
bekuͤmmert ſind. — Wie oft denke ich;<lb/>
wenn ein Mann, wie mein Vater war,<lb/>
den Platz des erſten Miniſters haͤtte, die-<lb/>ſer Mann waͤre der verehrungswuͤrdigſte<lb/>
und gluͤcklichſte der Menſchen.</p><lb/><p>Es iſt wahr, viele Muͤhſeligkeit wuͤrde<lb/>ſeine Tage begleiten; doch die Betrach-<lb/>
tung des großen Kreiſes, in welchem er<lb/>ſeine Talente und ſein Herz zum Beſten<lb/>
vieler tauſend Lebenden und Nachkommen-<lb/>
den verwenden koͤnnte; dieſe Ausſicht, die<lb/>ſchoͤnſte fuͤr eine wahrhafterhabne und<lb/>
guͤtige Seele, muͤßte ihm alles leicht und<lb/>
angenehm machen. Die Kenntniß des<lb/>
menſchlichen Herzens wuͤrde ſeinem feinem<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Geiſte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[186/0212]
dem Entwurf einer Vereinigung der Pflich-
ten einer Hofdame, zu denen ſie von ih-
rem Schickſal angewieſen worden, mit
den Pflichten der vollkommenen Tugend,
welche zu dem Grundbau unſerer ewigen
Gluͤckſeligkeit erfodert wird. Es laͤßt
ſich eine Verbindung denken; allein es iſt
ſo ſchwer ſie immer in einer gleichen Staͤr-
ke zu erhalten, daß mich nicht wundert,
ſo wenig Perſonen zu ſehen, die darum
bekuͤmmert ſind. — Wie oft denke ich;
wenn ein Mann, wie mein Vater war,
den Platz des erſten Miniſters haͤtte, die-
ſer Mann waͤre der verehrungswuͤrdigſte
und gluͤcklichſte der Menſchen.
Es iſt wahr, viele Muͤhſeligkeit wuͤrde
ſeine Tage begleiten; doch die Betrach-
tung des großen Kreiſes, in welchem er
ſeine Talente und ſein Herz zum Beſten
vieler tauſend Lebenden und Nachkommen-
den verwenden koͤnnte; dieſe Ausſicht, die
ſchoͤnſte fuͤr eine wahrhafterhabne und
guͤtige Seele, muͤßte ihm alles leicht und
angenehm machen. Die Kenntniß des
menſchlichen Herzens wuͤrde ſeinem feinem
Geiſte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/212>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.