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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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gnügen an sich hatte; und ich habe sehr
wohl bemerkt, daß wenn mir, wie tausend
andern Kindern, ungefehr eine feine und
schickliche Anmerkung oder ein Gedanke
beygefallen, worüber oft die ganze Gesell-
schaft in Bewunderung und Lob ausge-
brochen, sie nur einen Augenblick gelä-
chelt, und so fort die Achtung, welche mir
ihre Freude zeigen wollten, auf die Sei-
te des thätigen Lebens zu lenken gesucht,
indem sie entweder etwas von meinem
Fleiß in Erlernung einer Sprache, des
Zeichnens, der Musik oder anderer Kennt-
nisse lobte, oder von einer erbetenen Be-
lohnung oder Wohlthat für jemand
redte, und mir also dadurch zu erken-
nen gab, daß gute Handlungen viel
ruhmwürdiger seyn, als die feinsten
Gedanken.
Wie einnehmend bewies
mein Papa mir diesen Grundsatz, da er
mich in dem Naturreiche auf die Betrach-
tung führte, daß die Gattungen der
Blumen, welche nur zu Ergötzung des
Auges dienten, viel weniger zahlreich
und ihre Fruchtbarkeit weit schwächer

wäre,

gnuͤgen an ſich hatte; und ich habe ſehr
wohl bemerkt, daß wenn mir, wie tauſend
andern Kindern, ungefehr eine feine und
ſchickliche Anmerkung oder ein Gedanke
beygefallen, woruͤber oft die ganze Geſell-
ſchaft in Bewunderung und Lob ausge-
brochen, ſie nur einen Augenblick gelaͤ-
chelt, und ſo fort die Achtung, welche mir
ihre Freude zeigen wollten, auf die Sei-
te des thaͤtigen Lebens zu lenken geſucht,
indem ſie entweder etwas von meinem
Fleiß in Erlernung einer Sprache, des
Zeichnens, der Muſik oder anderer Kennt-
niſſe lobte, oder von einer erbetenen Be-
lohnung oder Wohlthat fuͤr jemand
redte, und mir alſo dadurch zu erken-
nen gab, daß gute Handlungen viel
ruhmwuͤrdiger ſeyn, als die feinſten
Gedanken.
Wie einnehmend bewies
mein Papa mir dieſen Grundſatz, da er
mich in dem Naturreiche auf die Betrach-
tung fuͤhrte, daß die Gattungen der
Blumen, welche nur zu Ergoͤtzung des
Auges dienten, viel weniger zahlreich
und ihre Fruchtbarkeit weit ſchwaͤcher

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[180/0206] gnuͤgen an ſich hatte; und ich habe ſehr wohl bemerkt, daß wenn mir, wie tauſend andern Kindern, ungefehr eine feine und ſchickliche Anmerkung oder ein Gedanke beygefallen, woruͤber oft die ganze Geſell- ſchaft in Bewunderung und Lob ausge- brochen, ſie nur einen Augenblick gelaͤ- chelt, und ſo fort die Achtung, welche mir ihre Freude zeigen wollten, auf die Sei- te des thaͤtigen Lebens zu lenken geſucht, indem ſie entweder etwas von meinem Fleiß in Erlernung einer Sprache, des Zeichnens, der Muſik oder anderer Kennt- niſſe lobte, oder von einer erbetenen Be- lohnung oder Wohlthat fuͤr jemand redte, und mir alſo dadurch zu erken- nen gab, daß gute Handlungen viel ruhmwuͤrdiger ſeyn, als die feinſten Gedanken. Wie einnehmend bewies mein Papa mir dieſen Grundſatz, da er mich in dem Naturreiche auf die Betrach- tung fuͤhrte, daß die Gattungen der Blumen, welche nur zu Ergoͤtzung des Auges dienten, viel weniger zahlreich und ihre Fruchtbarkeit weit ſchwaͤcher waͤre,

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/206>, abgerufen am 24.11.2024.