mehr um die Ausführung eines gewis- sen lehrreichen und interessanten Haupt- charakters, als um Verwicklungen und Entwicklungen zu thun ist, und wobey überhaupt die moralische Nützlichkeit der erste Zweck, die Ergötzung des Le- sers hingegen nur eine Nebenabsicht ist, einer künstlichen Form um so eher entbehren könne, wenn sie innerliche und eigenthümliche Schönheiten für den Geist und das Herz hat, welche uns wegen des Mangels eines nach den Regeln der Kunst ausgelegten Plans und überhaupt alles dessen, was unter der Benennung Autors-Kün- ste begriffen werden kann, schadlos halten. Eben diese Kenner werden, (oder ich müßte mich sehr betrügen) in der Schreibart des Fräuleins von Sternheim eine gewisse Originalität der Bilder und des Ausdrucks und eine so glückliche Richtigkeit und Ener- gie des letztern, oft gerade in Stellen,
mit
mehr um die Ausfuͤhrung eines gewiſ- ſen lehrreichen und intereſſanten Haupt- charakters, als um Verwicklungen und Entwicklungen zu thun iſt, und wobey uͤberhaupt die moraliſche Nuͤtzlichkeit der erſte Zweck, die Ergoͤtzung des Le- ſers hingegen nur eine Nebenabſicht iſt, einer kuͤnſtlichen Form um ſo eher entbehren koͤnne, wenn ſie innerliche und eigenthuͤmliche Schoͤnheiten fuͤr den Geiſt und das Herz hat, welche uns wegen des Mangels eines nach den Regeln der Kunſt ausgelegten Plans und uͤberhaupt alles deſſen, was unter der Benennung Autors-Kuͤn- ſte begriffen werden kann, ſchadlos halten. Eben dieſe Kenner werden, (oder ich muͤßte mich ſehr betruͤgen) in der Schreibart des Fraͤuleins von Sternheim eine gewiſſe Originalitaͤt der Bilder und des Ausdrucks und eine ſo gluͤckliche Richtigkeit und Ener- gie des letztern, oft gerade in Stellen,
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[XVI/0020]
mehr um die Ausfuͤhrung eines gewiſ-
ſen lehrreichen und intereſſanten Haupt-
charakters, als um Verwicklungen und
Entwicklungen zu thun iſt, und wobey
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der erſte Zweck, die Ergoͤtzung des Le-
ſers hingegen nur eine Nebenabſicht
iſt, einer kuͤnſtlichen Form um ſo eher
entbehren koͤnne, wenn ſie innerliche
und eigenthuͤmliche Schoͤnheiten fuͤr
den Geiſt und das Herz hat, welche
uns wegen des Mangels eines nach
den Regeln der Kunſt ausgelegten
Plans und uͤberhaupt alles deſſen, was
unter der Benennung Autors-Kuͤn-
ſte begriffen werden kann, ſchadlos
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(oder ich muͤßte mich ſehr betruͤgen) in
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/20>, abgerufen am 27.11.2024.
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