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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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will, ein feiner, durch Belesenheit und
Kenntnisse ausgeschmückter Geist, verbun-
den mit ungefärbter Aufrichtigkeit und
Güte des Herzens, macht dieser Dame der
Hochachtung und der Freundschaft jeder
edlen Seele werth. Selbst der dichte
Schleyer, den ihre, beynahe allzugroße,
wiewohl unaffectirte Bescheidenheit über
ihre Vorzüge wirft, erhöht in meinen
Augen den Werth derselben. Selten legt
sie diesen anderswo als in dem Zimmer
der Gräfin S. von sich; deren Beyfall
ihr eine Art von Gleichgültigkeit gegen
alles andere Lob zu geben scheint; so wie
sie auch der seltenen Geschicklichkeit, wo-
mit sie das Clavier spielt, und welche ge-
nug wäre, hundert andere stolz zu ma-
chen, nur darum, weil sie ihrer Freun-
din dadurch Vergnügen machen kann, ei-
nigen Werth beyzulegen scheint. Jch
kann nicht vergessen, unter den übrigen
würdigen Damen dieses Stifts, der Grä-
fin T. W. welche alle ihre Tage mit üben-
den Tugenden bezeichnet, und einen Theil
ihrer besondern Geschicklichkeit, zum Un-

terricht

will, ein feiner, durch Beleſenheit und
Kenntniſſe ausgeſchmuͤckter Geiſt, verbun-
den mit ungefaͤrbter Aufrichtigkeit und
Guͤte des Herzens, macht dieſer Dame der
Hochachtung und der Freundſchaft jeder
edlen Seele werth. Selbſt der dichte
Schleyer, den ihre, beynahe allzugroße,
wiewohl unaffectirte Beſcheidenheit uͤber
ihre Vorzuͤge wirft, erhoͤht in meinen
Augen den Werth derſelben. Selten legt
ſie dieſen anderswo als in dem Zimmer
der Graͤfin S. von ſich; deren Beyfall
ihr eine Art von Gleichguͤltigkeit gegen
alles andere Lob zu geben ſcheint; ſo wie
ſie auch der ſeltenen Geſchicklichkeit, wo-
mit ſie das Clavier ſpielt, und welche ge-
nug waͤre, hundert andere ſtolz zu ma-
chen, nur darum, weil ſie ihrer Freun-
din dadurch Vergnuͤgen machen kann, ei-
nigen Werth beyzulegen ſcheint. Jch
kann nicht vergeſſen, unter den uͤbrigen
wuͤrdigen Damen dieſes Stifts, der Graͤ-
fin T. W. welche alle ihre Tage mit uͤben-
den Tugenden bezeichnet, und einen Theil
ihrer beſondern Geſchicklichkeit, zum Un-

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[143/0169] will, ein feiner, durch Beleſenheit und Kenntniſſe ausgeſchmuͤckter Geiſt, verbun- den mit ungefaͤrbter Aufrichtigkeit und Guͤte des Herzens, macht dieſer Dame der Hochachtung und der Freundſchaft jeder edlen Seele werth. Selbſt der dichte Schleyer, den ihre, beynahe allzugroße, wiewohl unaffectirte Beſcheidenheit uͤber ihre Vorzuͤge wirft, erhoͤht in meinen Augen den Werth derſelben. Selten legt ſie dieſen anderswo als in dem Zimmer der Graͤfin S. von ſich; deren Beyfall ihr eine Art von Gleichguͤltigkeit gegen alles andere Lob zu geben ſcheint; ſo wie ſie auch der ſeltenen Geſchicklichkeit, wo- mit ſie das Clavier ſpielt, und welche ge- nug waͤre, hundert andere ſtolz zu ma- chen, nur darum, weil ſie ihrer Freun- din dadurch Vergnuͤgen machen kann, ei- nigen Werth beyzulegen ſcheint. Jch kann nicht vergeſſen, unter den uͤbrigen wuͤrdigen Damen dieſes Stifts, der Graͤ- fin T. W. welche alle ihre Tage mit uͤben- den Tugenden bezeichnet, und einen Theil ihrer beſondern Geſchicklichkeit, zum Un- terricht

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/169>, abgerufen am 27.11.2024.