gene Höflichkeit genießen zu lassen. Jch hatte das Glück ihr zu gefallen, und er- hielt dadurch den Vortheil den liebens- würdigen Charakter ihres Geistes und Herzens ganz kennen zu lernen. Nie- mals habe ich die Fähigkeiten des einen und die Empfindungen des andern in ei- nem so gleichen Maaß Fein, Edel und Stark gefunden, als in dieser Dame. Jhr Geist und die angenehme Laune, die ihren Witz charakterisirt, machen sie zu der angenehmsten Gesellschafterin, die ich iemals gesehen habe; [und beynahe möch- te ich glauben, daß einer unsrer Dichter an sie gedacht habe, da er von einer lie- benswürdigen Griechin sagte:
-- Es hätt' ihr Witz auch Wangen ohne Rosen Beliebt gemacht, ein Witz, dem's nie an Reiz gebrach, Zu stechen oder liebzukosen Gleich aufgelegt, doch lächelnd wenn er stach, Und ohne Gift -- --] *)
Sie
*) Um die vortreffliche Schreiberin für nichts responsabel zu machen, was nicht würklich von
ihr
gene Hoͤflichkeit genießen zu laſſen. Jch hatte das Gluͤck ihr zu gefallen, und er- hielt dadurch den Vortheil den liebens- wuͤrdigen Charakter ihres Geiſtes und Herzens ganz kennen zu lernen. Nie- mals habe ich die Faͤhigkeiten des einen und die Empfindungen des andern in ei- nem ſo gleichen Maaß Fein, Edel und Stark gefunden, als in dieſer Dame. Jhr Geiſt und die angenehme Laune, die ihren Witz charakteriſirt, machen ſie zu der angenehmſten Geſellſchafterin, die ich iemals geſehen habe; [und beynahe moͤch- te ich glauben, daß einer unſrer Dichter an ſie gedacht habe, da er von einer lie- benswuͤrdigen Griechin ſagte:
— Es haͤtt’ ihr Witz auch Wangen ohne Roſen Beliebt gemacht, ein Witz, dem’s nie an Reiz gebrach, Zu ſtechen oder liebzukoſen Gleich aufgelegt, doch laͤchelnd wenn er ſtach, Und ohne Gift — —] *)
Sie
*) Um die vortreffliche Schreiberin fuͤr nichts reſponſabel zu machen, was nicht wuͤrklich von
ihr
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gene Hoͤflichkeit genießen zu laſſen. Jch
hatte das Gluͤck ihr zu gefallen, und er-
hielt dadurch den Vortheil den liebens-
wuͤrdigen Charakter ihres Geiſtes und
Herzens ganz kennen zu lernen. Nie-
mals habe ich die Faͤhigkeiten des einen
und die Empfindungen des andern in ei-
nem ſo gleichen Maaß Fein, Edel und
Stark gefunden, als in dieſer Dame.
Jhr Geiſt und die angenehme Laune, die
ihren Witz charakteriſirt, machen ſie zu
der angenehmſten Geſellſchafterin, die ich
iemals geſehen habe; [und beynahe moͤch-
te ich glauben, daß einer unſrer Dichter
an ſie gedacht habe, da er von einer lie-
benswuͤrdigen Griechin ſagte:
— Es haͤtt’ ihr Witz auch Wangen ohne
Roſen
Beliebt gemacht, ein Witz, dem’s nie an
Reiz gebrach,
Zu ſtechen oder liebzukoſen
Gleich aufgelegt, doch laͤchelnd wenn er ſtach,
Und ohne Gift — —] *)
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*) Um die vortreffliche Schreiberin fuͤr nichts
reſponſabel zu machen, was nicht wuͤrklich von
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/166>, abgerufen am 16.02.2025.
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