Sie haben recht, mein Oncle; eine entzückende Harmonie, die ich hörte, nahm mich ein, und ich dachte an keine Gefahr dabey. Während er diß sagte, waren seine Augen mit dem lebhaftesten Ausdruck von Zärtlichkeit auf mich gewendet, so daß ich die meine niederschlug, und den Kopf weg kehrte. Darauf sagte Milord auf Englisch: Seymour, nimm dich in Acht, diese Netze sind nicht vergeblich so schön und so ausgebreitet. Jch sah seine Hand, die auf meinem Kopf und meine Locken wies; da wurde ich über und über roth. Die Coketterie, die er mir zu- schrieb, ärgerte mich, und ich empfand auch den Unmuth, den er haben mußte, wenn er hörte, daß ich Englisch verstün- de. Jch war verlegen; doch um ihm und mir mehrere Verwirrung zu ersparen, sagte ich ganz kurz: Milord, ich verstehe die englische Sprache. Er stutzte ein we- nig, lobte meine Freymüthigkeit, und Sey- mour entfärbte sich; doch lächelte er dabey, und wandte sich gleich zum Fräulein C*. -- "Wollen Sie nicht auch Englisch lernen?"
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Sie haben recht, mein Oncle; eine entzuͤckende Harmonie, die ich hoͤrte, nahm mich ein, und ich dachte an keine Gefahr dabey. Waͤhrend er diß ſagte, waren ſeine Augen mit dem lebhafteſten Ausdruck von Zaͤrtlichkeit auf mich gewendet, ſo daß ich die meine niederſchlug, und den Kopf weg kehrte. Darauf ſagte Milord auf Engliſch: Seymour, nimm dich in Acht, dieſe Netze ſind nicht vergeblich ſo ſchoͤn und ſo ausgebreitet. Jch ſah ſeine Hand, die auf meinem Kopf und meine Locken wies; da wurde ich uͤber und uͤber roth. Die Coketterie, die er mir zu- ſchrieb, aͤrgerte mich, und ich empfand auch den Unmuth, den er haben mußte, wenn er hoͤrte, daß ich Engliſch verſtuͤn- de. Jch war verlegen; doch um ihm und mir mehrere Verwirrung zu erſparen, ſagte ich ganz kurz: Milord, ich verſtehe die engliſche Sprache. Er ſtutzte ein we- nig, lobte meine Freymuͤthigkeit, und Sey- mour entfaͤrbte ſich; doch laͤchelte er dabey, und wandte ſich gleich zum Fraͤulein C*. — „Wollen Sie nicht auch Engliſch lernen?“
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Sie haben recht, mein Oncle; eine
entzuͤckende Harmonie, die ich hoͤrte, nahm
mich ein, und ich dachte an keine Gefahr
dabey. Waͤhrend er diß ſagte, waren
ſeine Augen mit dem lebhafteſten Ausdruck
von Zaͤrtlichkeit auf mich gewendet, ſo
daß ich die meine niederſchlug, und den
Kopf weg kehrte. Darauf ſagte Milord
auf Engliſch: Seymour, nimm dich in
Acht, dieſe Netze ſind nicht vergeblich ſo
ſchoͤn und ſo ausgebreitet. Jch ſah ſeine
Hand, die auf meinem Kopf und meine
Locken wies; da wurde ich uͤber und uͤber
roth. Die Coketterie, die er mir zu-
ſchrieb, aͤrgerte mich, und ich empfand
auch den Unmuth, den er haben mußte,
wenn er hoͤrte, daß ich Engliſch verſtuͤn-
de. Jch war verlegen; doch um ihm
und mir mehrere Verwirrung zu erſparen,
ſagte ich ganz kurz: Milord, ich verſtehe
die engliſche Sprache. Er ſtutzte ein we-
nig, lobte meine Freymuͤthigkeit, und Sey-
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und wandte ſich gleich zum Fraͤulein C*. —
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/138>, abgerufen am 27.11.2024.
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