aber, wie ich, Vergleichungen zwischen die- ser Welt, und der, woher sie kommen, und jammern über die Sorglosigkeit, womit die Zukunft behandelt wird; die Men- schen aber bemerken an ihnen, daß diese Geschöpfe, ob sie wohl ihre Form haben, dennoch ihrem innerlichen Wesen nach, nicht unter sie gehören.
Das Fräulein von C** ließ sich hier- auf in eine Unterredung mit ihr ein, an deren Ende sie mir viele Achtung bewies, und den höflichen Wunsch äußerte, öfters in meiner Gesellschaft zu seyn. Sie ist sehr liebenswürdig, etwas größer als ich, wohl gewachsen, ein großes Ansehen in ih- rem Gang und der Bewegung ihres Kopfs; ein länglicht Gesicht, nach allen Theilen schön gebildet, blonde Haare und die vor- trefflichste Gesichtsform; einnehmende Zü- ge von Sanftmuth: nur manchmal dünk- te mich, wären ihre freymüthige ganz liebreiche Augen, zu lang und zu bedeu- tend auf die Augen der Mannsleute ge- heftet gewesen. Jhr Verstand ist liebens- würdig, und alle ihre Ausdrücke sind mit
dem
aber, wie ich, Vergleichungen zwiſchen die- ſer Welt, und der, woher ſie kommen, und jammern uͤber die Sorgloſigkeit, womit die Zukunft behandelt wird; die Men- ſchen aber bemerken an ihnen, daß dieſe Geſchoͤpfe, ob ſie wohl ihre Form haben, dennoch ihrem innerlichen Weſen nach, nicht unter ſie gehoͤren.
Das Fraͤulein von C** ließ ſich hier- auf in eine Unterredung mit ihr ein, an deren Ende ſie mir viele Achtung bewies, und den hoͤflichen Wunſch aͤußerte, oͤfters in meiner Geſellſchaft zu ſeyn. Sie iſt ſehr liebenswuͤrdig, etwas groͤßer als ich, wohl gewachſen, ein großes Anſehen in ih- rem Gang und der Bewegung ihres Kopfs; ein laͤnglicht Geſicht, nach allen Theilen ſchoͤn gebildet, blonde Haare und die vor- trefflichſte Geſichtsform; einnehmende Zuͤ- ge von Sanftmuth: nur manchmal duͤnk- te mich, waͤren ihre freymuͤthige ganz liebreiche Augen, zu lang und zu bedeu- tend auf die Augen der Mannsleute ge- heftet geweſen. Jhr Verſtand iſt liebens- wuͤrdig, und alle ihre Ausdruͤcke ſind mit
dem
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aber, wie ich, Vergleichungen zwiſchen die-
ſer Welt, und der, woher ſie kommen, und
jammern uͤber die Sorgloſigkeit, womit
die Zukunft behandelt wird; die Men-
ſchen aber bemerken an ihnen, daß dieſe
Geſchoͤpfe, ob ſie wohl ihre Form haben,
dennoch ihrem innerlichen Weſen nach,
nicht unter ſie gehoͤren.
Das Fraͤulein von C** ließ ſich hier-
auf in eine Unterredung mit ihr ein, an
deren Ende ſie mir viele Achtung bewies,
und den hoͤflichen Wunſch aͤußerte, oͤfters
in meiner Geſellſchaft zu ſeyn. Sie iſt
ſehr liebenswuͤrdig, etwas groͤßer als ich,
wohl gewachſen, ein großes Anſehen in ih-
rem Gang und der Bewegung ihres Kopfs;
ein laͤnglicht Geſicht, nach allen Theilen
ſchoͤn gebildet, blonde Haare und die vor-
trefflichſte Geſichtsform; einnehmende Zuͤ-
ge von Sanftmuth: nur manchmal duͤnk-
te mich, waͤren ihre freymuͤthige ganz
liebreiche Augen, zu lang und zu bedeu-
tend auf die Augen der Mannsleute ge-
heftet geweſen. Jhr Verſtand iſt liebens-
wuͤrdig, und alle ihre Ausdruͤcke ſind mit
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/122>, abgerufen am 27.11.2024.
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