Vortrefflich, vortrefflich; Graf F**. Wie weiter? rief der Oberste von Sch***.
Jch habe doch mehr errathen, als Sie alle, antwortete der Graf; denn wenn gleich das Fräulein kein Geist ist, so sehe ich doch, daß sie unendlich viel Geist ha- ben müsse.
Das mögen Sie errathen haben, und das war vermuthlich auch der Grund, warum Sie in dieses Schrecken geriethen, sagte das Fräulein von C**, Hofdame bey der Prinzessin von W***, die bisher sehr stille gewesen war.
Sie mißhandeln mich immer, meine ungnädige C**. Denn Sie wollen doch damit sagen, der kleine Geist hätte sich vor dem größern zu fürchten angefangen.
Ja, dachte ich, in diesem Scherz ist in Wahrheit viel Ernst. Jch bin würk- lich eine Gattung von Gespenstern, nicht nur in diesem Hause, sondern auch für die Stadt und den Hof. Jene kommen, wie ich, mit der Kenntniß der Menschen unter sie, und verwundern sich über nichts was sie sehen und hören, machen
aber,
Vortrefflich, vortrefflich; Graf F**. Wie weiter? rief der Oberſte von Sch***.
Jch habe doch mehr errathen, als Sie alle, antwortete der Graf; denn wenn gleich das Fraͤulein kein Geiſt iſt, ſo ſehe ich doch, daß ſie unendlich viel Geiſt ha- ben muͤſſe.
Das moͤgen Sie errathen haben, und das war vermuthlich auch der Grund, warum Sie in dieſes Schrecken geriethen, ſagte das Fraͤulein von C**, Hofdame bey der Prinzeſſin von W***, die bisher ſehr ſtille geweſen war.
Sie mißhandeln mich immer, meine ungnaͤdige C**. Denn Sie wollen doch damit ſagen, der kleine Geiſt haͤtte ſich vor dem groͤßern zu fuͤrchten angefangen.
Ja, dachte ich, in dieſem Scherz iſt in Wahrheit viel Ernſt. Jch bin wuͤrk- lich eine Gattung von Geſpenſtern, nicht nur in dieſem Hauſe, ſondern auch fuͤr die Stadt und den Hof. Jene kommen, wie ich, mit der Kenntniß der Menſchen unter ſie, und verwundern ſich uͤber nichts was ſie ſehen und hoͤren, machen
aber,
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Vortrefflich, vortrefflich; Graf F**.
Wie weiter? rief der Oberſte von Sch***.
Jch habe doch mehr errathen, als Sie
alle, antwortete der Graf; denn wenn
gleich das Fraͤulein kein Geiſt iſt, ſo ſehe
ich doch, daß ſie unendlich viel Geiſt ha-
ben muͤſſe.
Das moͤgen Sie errathen haben, und
das war vermuthlich auch der Grund,
warum Sie in dieſes Schrecken geriethen,
ſagte das Fraͤulein von C**, Hofdame
bey der Prinzeſſin von W***, die bisher
ſehr ſtille geweſen war.
Sie mißhandeln mich immer, meine
ungnaͤdige C**. Denn Sie wollen doch
damit ſagen, der kleine Geiſt haͤtte ſich
vor dem groͤßern zu fuͤrchten angefangen.
Ja, dachte ich, in dieſem Scherz iſt
in Wahrheit viel Ernſt. Jch bin wuͤrk-
lich eine Gattung von Geſpenſtern, nicht
nur in dieſem Hauſe, ſondern auch fuͤr
die Stadt und den Hof. Jene kommen,
wie ich, mit der Kenntniß der Menſchen
unter ſie, und verwundern ſich uͤber
nichts was ſie ſehen und hoͤren, machen
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/121>, abgerufen am 27.11.2024.
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