Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

Bild:
<< vorherige Seite

an der Reihe sind. Die Lehrer, die im Felde stehen,
können sich nicht dagegen auflehnen, die anderen schweigen
um des Burgfriedens willen - und so werden die Frauen
jetzt schnell das Ziel erreichen, das im Frieden noch in
der Ferne lag. Daß aber die Lehrer durchaus nicht da-
mit einverstanden sind, mag aus der Tatsache bewiesen
werden, daß es in Philologenvereinen Sitte ist, Kollegen
nicht aufzunehmen, die unter einer Direktorin freiwillig
weiterarbeiten (d. h. die sich bei der Einrichtung der
weiblichen Leitung nicht fortgemeldet haben). Auch hier ist
es wieder vor allen Dingen das Streben nach Macht,
nach Gleichstellung mit dem Manne; denn ob die Schulen
unter weiblicher Leitung sich besser entwickeln werden, soll
dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich aber würde die ge-
ringere Objektivität der Frau, ihre Eigenschaft, am Klein-
lichen hängen zu bleiben, manche Unzuträglichkeit her-
vorrufen. Auch Lehrerinnen sind nicht immer mit einer
Rektorin einverstanden, so haben mir Lehrerinnen gesagt,
daß sie sich sofort wegmelden würden, wenn sie unter
weibliche Leitung gestellt würden. Schlechterdings un-
möglich aber sollte es in unserem Vaterlande, bei unserem
männlichen Volke sein, daß Staatsbeamte höheren oder
niederen Grades, mögen es nun Oberlehrer oder Brief-
träger sein, einer Frau gehorchen müssen. Man würde
immer den unangenehmen Beigeschmack des "Pantoffel-
helden" im Zusammensein mit solchen Männern haben,
und die sind im deutschen Volksbewußtsein nicht mal be-
mitleidenswert, sondern nur lächerlich. Wenn dann noch
die Aufhebung des Beamtinnenzölibats durchgeht, kann
es kommen, daß die Frau Rektorin einen "ihrer Lehrer"

9*

an der Reihe sind. Die Lehrer, die im Felde stehen,
können sich nicht dagegen auflehnen, die anderen schweigen
um des Burgfriedens willen – und so werden die Frauen
jetzt schnell das Ziel erreichen, das im Frieden noch in
der Ferne lag. Daß aber die Lehrer durchaus nicht da-
mit einverstanden sind, mag aus der Tatsache bewiesen
werden, daß es in Philologenvereinen Sitte ist, Kollegen
nicht aufzunehmen, die unter einer Direktorin freiwillig
weiterarbeiten (d. h. die sich bei der Einrichtung der
weiblichen Leitung nicht fortgemeldet haben). Auch hier ist
es wieder vor allen Dingen das Streben nach Macht,
nach Gleichstellung mit dem Manne; denn ob die Schulen
unter weiblicher Leitung sich besser entwickeln werden, soll
dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich aber würde die ge-
ringere Objektivität der Frau, ihre Eigenschaft, am Klein-
lichen hängen zu bleiben, manche Unzuträglichkeit her-
vorrufen. Auch Lehrerinnen sind nicht immer mit einer
Rektorin einverstanden, so haben mir Lehrerinnen gesagt,
daß sie sich sofort wegmelden würden, wenn sie unter
weibliche Leitung gestellt würden. Schlechterdings un-
möglich aber sollte es in unserem Vaterlande, bei unserem
männlichen Volke sein, daß Staatsbeamte höheren oder
niederen Grades, mögen es nun Oberlehrer oder Brief-
träger sein, einer Frau gehorchen müssen. Man würde
immer den unangenehmen Beigeschmack des „Pantoffel-
helden“ im Zusammensein mit solchen Männern haben,
und die sind im deutschen Volksbewußtsein nicht mal be-
mitleidenswert, sondern nur lächerlich. Wenn dann noch
die Aufhebung des Beamtinnenzölibats durchgeht, kann
es kommen, daß die Frau Rektorin einen „ihrer Lehrer“

9*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0137" n="135"/>
an der Reihe sind. Die Lehrer, die im Felde stehen,<lb/>
können sich nicht dagegen auflehnen, die anderen schweigen<lb/>
um des Burgfriedens willen &#x2013; und so werden die Frauen<lb/>
jetzt schnell das Ziel erreichen, das im Frieden noch in<lb/>
der Ferne lag. Daß aber die Lehrer durchaus nicht da-<lb/>
mit einverstanden sind, mag aus der Tatsache bewiesen<lb/>
werden, daß es in Philologenvereinen Sitte ist, Kollegen<lb/>
nicht aufzunehmen, die unter einer Direktorin freiwillig<lb/>
weiterarbeiten (d. h. die sich bei der Einrichtung der<lb/>
weiblichen Leitung nicht fortgemeldet haben). Auch hier ist<lb/>
es wieder vor allen Dingen das Streben nach Macht,<lb/>
nach Gleichstellung mit dem Manne; denn ob die Schulen<lb/>
unter weiblicher Leitung sich besser entwickeln werden, soll<lb/>
dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich aber würde die ge-<lb/>
ringere Objektivität der Frau, ihre Eigenschaft, am Klein-<lb/>
lichen hängen zu bleiben, manche Unzuträglichkeit her-<lb/>
vorrufen. Auch Lehrerinnen sind nicht immer mit einer<lb/>
Rektorin einverstanden, so haben mir Lehrerinnen gesagt,<lb/>
daß sie sich sofort wegmelden würden, wenn sie unter<lb/>
weibliche Leitung gestellt würden. Schlechterdings un-<lb/>
möglich aber sollte es in unserem Vaterlande, bei unserem<lb/>
männlichen Volke sein, daß Staatsbeamte höheren oder<lb/>
niederen Grades, mögen es nun Oberlehrer oder Brief-<lb/>
träger sein, einer Frau gehorchen müssen. Man würde<lb/>
immer den unangenehmen Beigeschmack des &#x201E;Pantoffel-<lb/>
helden&#x201C; im Zusammensein mit solchen Männern haben,<lb/>
und die sind im deutschen Volksbewußtsein nicht mal be-<lb/>
mitleidenswert, sondern nur lächerlich. Wenn dann noch<lb/>
die Aufhebung des Beamtinnenzölibats durchgeht, kann<lb/>
es kommen, daß die Frau Rektorin einen &#x201E;ihrer Lehrer&#x201C;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">9*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0137] an der Reihe sind. Die Lehrer, die im Felde stehen, können sich nicht dagegen auflehnen, die anderen schweigen um des Burgfriedens willen – und so werden die Frauen jetzt schnell das Ziel erreichen, das im Frieden noch in der Ferne lag. Daß aber die Lehrer durchaus nicht da- mit einverstanden sind, mag aus der Tatsache bewiesen werden, daß es in Philologenvereinen Sitte ist, Kollegen nicht aufzunehmen, die unter einer Direktorin freiwillig weiterarbeiten (d. h. die sich bei der Einrichtung der weiblichen Leitung nicht fortgemeldet haben). Auch hier ist es wieder vor allen Dingen das Streben nach Macht, nach Gleichstellung mit dem Manne; denn ob die Schulen unter weiblicher Leitung sich besser entwickeln werden, soll dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich aber würde die ge- ringere Objektivität der Frau, ihre Eigenschaft, am Klein- lichen hängen zu bleiben, manche Unzuträglichkeit her- vorrufen. Auch Lehrerinnen sind nicht immer mit einer Rektorin einverstanden, so haben mir Lehrerinnen gesagt, daß sie sich sofort wegmelden würden, wenn sie unter weibliche Leitung gestellt würden. Schlechterdings un- möglich aber sollte es in unserem Vaterlande, bei unserem männlichen Volke sein, daß Staatsbeamte höheren oder niederen Grades, mögen es nun Oberlehrer oder Brief- träger sein, einer Frau gehorchen müssen. Man würde immer den unangenehmen Beigeschmack des „Pantoffel- helden“ im Zusammensein mit solchen Männern haben, und die sind im deutschen Volksbewußtsein nicht mal be- mitleidenswert, sondern nur lächerlich. Wenn dann noch die Aufhebung des Beamtinnenzölibats durchgeht, kann es kommen, daß die Frau Rektorin einen „ihrer Lehrer“ 9*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-13T13:51:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-13T13:51:38Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/137
Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/137>, abgerufen am 23.11.2024.